gut, Gnädige Frau Amtmanninn, befehlt euerm Herrn, daß er mich ungeschoren läßt. Er mag immer einmal durch die Finger sehn; er hat es ja beym Schulzen auch gethan. Lebt wohl, Frau Amtmanninn. An die Panse will ich gedenken. Seht immer, wie ihr mir dasmal raus helft. Braucht eure Tochter etwan einen Stein Flachs? Wie gesagt, lebt wohl. Jch bin,
Gnädige Frau Amtmannin, Euer Hanns.
"Jch will meine Leser nicht fragen, was sie in "dem Falle thun würden, wenn sie an des Rich- "ters Stelle wären, und dergleichen Briefe er- "hielten, wie diejenigen sind, die ich hier ange- "führt habe. Jch wenigstens würde mich sehr "leicht entschließen; und wenn ich einen noch so "starken Trieb empfände, mich bestechen zu lassen:
so
Satyriſche Briefe.
gut, Gnaͤdige Frau Amtmanninn, befehlt euerm Herrn, daß er mich ungeſchoren laͤßt. Er mag immer einmal durch die Finger ſehn; er hat es ja beym Schulzen auch gethan. Lebt wohl, Frau Amtmanninn. An die Panſe will ich gedenken. Seht immer, wie ihr mir dasmal raus helft. Braucht eure Tochter etwan einen Stein Flachs? Wie geſagt, lebt wohl. Jch bin,
Gnaͤdige Frau Amtmannin, Euer Hanns.
„Jch will meine Leſer nicht fragen, was ſie in „dem Falle thun wuͤrden, wenn ſie an des Rich- „ters Stelle waͤren, und dergleichen Briefe er- „hielten, wie diejenigen ſind, die ich hier ange- „fuͤhrt habe. Jch wenigſtens wuͤrde mich ſehr „leicht entſchließen; und wenn ich einen noch ſo „ſtarken Trieb empfaͤnde, mich beſtechen zu laſſen:
ſo
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Satyriſche Briefe.
gut, Gnaͤdige Frau Amtmanninn, befehlt euerm
Herrn, daß er mich ungeſchoren laͤßt. Er mag
immer einmal durch die Finger ſehn; er hat es ja
beym Schulzen auch gethan. Lebt wohl, Frau
Amtmanninn. An die Panſe will ich gedenken.
Seht immer, wie ihr mir dasmal raus helft.
Braucht eure Tochter etwan einen Stein Flachs?
Wie geſagt, lebt wohl. Jch bin,
Gnaͤdige Frau Amtmannin,
Euer Hanns.
„Jch will meine Leſer nicht fragen, was ſie in
„dem Falle thun wuͤrden, wenn ſie an des Rich-
„ters Stelle waͤren, und dergleichen Briefe er-
„hielten, wie diejenigen ſind, die ich hier ange-
„fuͤhrt habe. Jch wenigſtens wuͤrde mich ſehr
„leicht entſchließen; und wenn ich einen noch ſo
„ſtarken Trieb empfaͤnde, mich beſtechen zu laſſen:
ſo
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 68. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/96>, abgerufen am 27.11.2024.
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