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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
es auch für Sie kein Fehler. Und wäre es ja ein
Fehler, so würde die Schuld auf diejenigen fallen,
welche Sie in dieses Amt gesetzt, da Sie ihnen
nicht haben unbekannt seyn können. Mit einem
Worte, es ist hier etwas zu verdienen. Mein
Advocat, ein Mann, welcher wohl verdiente, Jhr
Nachfolger zu seyn, ist überzeugt, daß ich eine un-
gerechte Sache habe, und dennoch getraut er sich,
durch Deren gütige Vermittelung den Proceß we-
nigstens zwölf Jahre aufzuhalten, wenn ich tau-
send Thaler Gebühren dran wagen wollte. Die-
ser Vorschlag scheint mir, unter uns gesprochen,
etwas eigennützig zu seyn. Jch habe es anders
ausgerechnet. Von diesen tausend Thalern wür-
den ungefähr dreyhundert Thaler an Sie, als
Richter, kommen; Sie sollen aber fünf hundert
davon haben. Zweyhundert sende ich Jhnen hier-
mit auf Abschlag, die übrigen dreyhundert bekom-
men Sie sofort, wenn ich den Proceß ohne Weit-
läuftigkeit gewonnen habe. Jch rede mit einem
Manne von Erfahrung; es wird mir also nicht
schwer, Jhnen die Billigkeit meines Suchens ver-
ständlich zu machen. Nehmen Sie es immer ohne
Bedenken an. Sie, mein Herr, können an Jh-
rem ehrlichen Namen nichts weiter verlieren; ich
aber kann einen Proceß dadurch gewinnen. Jch
verlasse mich auf Jhre billige Einsicht, und bin,

Mein Herr,
Jhr Diener.
Hoch-

Satyriſche Briefe.
es auch fuͤr Sie kein Fehler. Und waͤre es ja ein
Fehler, ſo wuͤrde die Schuld auf diejenigen fallen,
welche Sie in dieſes Amt geſetzt, da Sie ihnen
nicht haben unbekannt ſeyn koͤnnen. Mit einem
Worte, es iſt hier etwas zu verdienen. Mein
Advocat, ein Mann, welcher wohl verdiente, Jhr
Nachfolger zu ſeyn, iſt uͤberzeugt, daß ich eine un-
gerechte Sache habe, und dennoch getraut er ſich,
durch Deren guͤtige Vermittelung den Proceß we-
nigſtens zwoͤlf Jahre aufzuhalten, wenn ich tau-
ſend Thaler Gebuͤhren dran wagen wollte. Die-
ſer Vorſchlag ſcheint mir, unter uns geſprochen,
etwas eigennuͤtzig zu ſeyn. Jch habe es anders
ausgerechnet. Von dieſen tauſend Thalern wuͤr-
den ungefaͤhr dreyhundert Thaler an Sie, als
Richter, kommen; Sie ſollen aber fuͤnf hundert
davon haben. Zweyhundert ſende ich Jhnen hier-
mit auf Abſchlag, die uͤbrigen dreyhundert bekom-
men Sie ſofort, wenn ich den Proceß ohne Weit-
laͤuftigkeit gewonnen habe. Jch rede mit einem
Manne von Erfahrung; es wird mir alſo nicht
ſchwer, Jhnen die Billigkeit meines Suchens ver-
ſtaͤndlich zu machen. Nehmen Sie es immer ohne
Bedenken an. Sie, mein Herr, koͤnnen an Jh-
rem ehrlichen Namen nichts weiter verlieren; ich
aber kann einen Proceß dadurch gewinnen. Jch
verlaſſe mich auf Jhre billige Einſicht, und bin,

Mein Herr,
Jhr Diener.
Hoch-
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[63/0091] Satyriſche Briefe. es auch fuͤr Sie kein Fehler. Und waͤre es ja ein Fehler, ſo wuͤrde die Schuld auf diejenigen fallen, welche Sie in dieſes Amt geſetzt, da Sie ihnen nicht haben unbekannt ſeyn koͤnnen. Mit einem Worte, es iſt hier etwas zu verdienen. Mein Advocat, ein Mann, welcher wohl verdiente, Jhr Nachfolger zu ſeyn, iſt uͤberzeugt, daß ich eine un- gerechte Sache habe, und dennoch getraut er ſich, durch Deren guͤtige Vermittelung den Proceß we- nigſtens zwoͤlf Jahre aufzuhalten, wenn ich tau- ſend Thaler Gebuͤhren dran wagen wollte. Die- ſer Vorſchlag ſcheint mir, unter uns geſprochen, etwas eigennuͤtzig zu ſeyn. Jch habe es anders ausgerechnet. Von dieſen tauſend Thalern wuͤr- den ungefaͤhr dreyhundert Thaler an Sie, als Richter, kommen; Sie ſollen aber fuͤnf hundert davon haben. Zweyhundert ſende ich Jhnen hier- mit auf Abſchlag, die uͤbrigen dreyhundert bekom- men Sie ſofort, wenn ich den Proceß ohne Weit- laͤuftigkeit gewonnen habe. Jch rede mit einem Manne von Erfahrung; es wird mir alſo nicht ſchwer, Jhnen die Billigkeit meines Suchens ver- ſtaͤndlich zu machen. Nehmen Sie es immer ohne Bedenken an. Sie, mein Herr, koͤnnen an Jh- rem ehrlichen Namen nichts weiter verlieren; ich aber kann einen Proceß dadurch gewinnen. Jch verlaſſe mich auf Jhre billige Einſicht, und bin, Mein Herr, Jhr Diener. Hoch-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/91>, abgerufen am 24.11.2024.