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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
gelebt hat; aber die Schuld war seine. Jch ge-
traue mir besser mit ihm auszukommen. Jch ken-
ne die Herren schon. Wenn er mir giebt, was mir
gehört, so mag er leben, wie er will. Mit Schmä-
len und Predigen, halten Sie mirs zur Gnade,
macht man euch Herren nicht frömmer. Sie sind
zu vornehm, als daß Sie uns zu Gefallen fromm
und christlich leben sollten. Und, unter uns gespro-
chen, aus dem beständigen Poltern kömmt auch
nicht viel heraus. Mit den Jahren ändert sichs
so wohl. Es ist schlimm gnug, wenn die Herren
einmal bey Hofe sind, und ein paar Wochen er-
bar thun müssen: sollen wir ihnen auch das Leben
noch sauer machen, wenn sie sich beym Regimente
oder auf ihren Gütern aufhalten? Jch kenne die
Welt besser. Saufen und Huren ist bey Herren
von Jhrer Art und Erziehung außer den Ahnen
immer noch das einzige, womit sie sich von uns
bürgerlichem Pöbel unterscheiden. Halten Sie mir
diesen Scherz zur Gnade; ich rede, wie ichs meyne.
Sie kennen mich schon. Mit einem Worte, gnädi-
ger Herr Obrister, schaffen Sie mir die Pfarre, oder
ich trinke nicht ein Glas Wein mehr mit Jhnen. Jn
dieser Hoffnung verharre ich mit aller Hochachtung,

Gnädiger Herr Obrister,
Dero

zum Gebethe und unterthänig zu dienen
stets willigster
N. Feldprediger.
Jch
C 5

Satyriſche Briefe.
gelebt hat; aber die Schuld war ſeine. Jch ge-
traue mir beſſer mit ihm auszukommen. Jch ken-
ne die Herren ſchon. Wenn er mir giebt, was mir
gehoͤrt, ſo mag er leben, wie er will. Mit Schmaͤ-
len und Predigen, halten Sie mirs zur Gnade,
macht man euch Herren nicht froͤmmer. Sie ſind
zu vornehm, als daß Sie uns zu Gefallen fromm
und chriſtlich leben ſollten. Und, unter uns geſpro-
chen, aus dem beſtaͤndigen Poltern koͤmmt auch
nicht viel heraus. Mit den Jahren aͤndert ſichs
ſo wohl. Es iſt ſchlimm gnug, wenn die Herren
einmal bey Hofe ſind, und ein paar Wochen er-
bar thun muͤſſen: ſollen wir ihnen auch das Leben
noch ſauer machen, wenn ſie ſich beym Regimente
oder auf ihren Guͤtern aufhalten? Jch kenne die
Welt beſſer. Saufen und Huren iſt bey Herren
von Jhrer Art und Erziehung außer den Ahnen
immer noch das einzige, womit ſie ſich von uns
buͤrgerlichem Poͤbel unterſcheiden. Halten Sie mir
dieſen Scherz zur Gnade; ich rede, wie ichs meyne.
Sie kennen mich ſchon. Mit einem Worte, gnaͤdi-
ger Herr Obriſter, ſchaffen Sie mir die Pfarre, oder
ich trinke nicht ein Glas Wein mehr mit Jhnen. Jn
dieſer Hoffnung verharre ich mit aller Hochachtung,

Gnaͤdiger Herr Obriſter,
Dero

zum Gebethe und unterthaͤnig zu dienen
ſtets willigſter
N. Feldprediger.
Jch
C 5
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[41/0069] Satyriſche Briefe. gelebt hat; aber die Schuld war ſeine. Jch ge- traue mir beſſer mit ihm auszukommen. Jch ken- ne die Herren ſchon. Wenn er mir giebt, was mir gehoͤrt, ſo mag er leben, wie er will. Mit Schmaͤ- len und Predigen, halten Sie mirs zur Gnade, macht man euch Herren nicht froͤmmer. Sie ſind zu vornehm, als daß Sie uns zu Gefallen fromm und chriſtlich leben ſollten. Und, unter uns geſpro- chen, aus dem beſtaͤndigen Poltern koͤmmt auch nicht viel heraus. Mit den Jahren aͤndert ſichs ſo wohl. Es iſt ſchlimm gnug, wenn die Herren einmal bey Hofe ſind, und ein paar Wochen er- bar thun muͤſſen: ſollen wir ihnen auch das Leben noch ſauer machen, wenn ſie ſich beym Regimente oder auf ihren Guͤtern aufhalten? Jch kenne die Welt beſſer. Saufen und Huren iſt bey Herren von Jhrer Art und Erziehung außer den Ahnen immer noch das einzige, womit ſie ſich von uns buͤrgerlichem Poͤbel unterſcheiden. Halten Sie mir dieſen Scherz zur Gnade; ich rede, wie ichs meyne. Sie kennen mich ſchon. Mit einem Worte, gnaͤdi- ger Herr Obriſter, ſchaffen Sie mir die Pfarre, oder ich trinke nicht ein Glas Wein mehr mit Jhnen. Jn dieſer Hoffnung verharre ich mit aller Hochachtung, Gnaͤdiger Herr Obriſter, Dero zum Gebethe und unterthaͤnig zu dienen ſtets willigſter N. Feldprediger. Jch C 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/69>, abgerufen am 18.05.2024.