Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

Bild:
<< vorherige Seite

Satyrische Briefe.
nicht muksen. Gieb ihm alle Wochen ein paar-
mal zu fressen, so ist er zahm, wie ein Lamm. Du
wirst deine Freude mit ihm haben. Er säuft dich
und deine hochadlichen Gäste alle unter den Tisch,
und wenn er die schwarze Kutte ausgezogen hat,
so flucht er, wie ein Corporal. Nimm ihn, Brü-
derchen, ich rathe dirs, es wird dich nicht gereuen.
Gelernt hat er nichts; aber er predigt dir, der
Henker hole mich, seinen Stiefel weg, daß es
eine Art hat; und der Heuchler steht so fromm da,
als wenn er von der Kanzel gen Himmel fahren
wollte. Meine Cathrine konnte ihn recht gut lei-
den. Jch glaube gar, der Ketzer gieng mir manch-
mal ins Gehege! Nun Brüderchen, wie gesagt,
nimm ihn. Seinethalben magst du leben, wie du
willst. Und wenn du heute zum Teufel fährst, so
fährt er morgen nach. Es ist ein braver Kerl.
Grüße mir deine Menscher.

Lebe wohl.
Gnädiger Herr Obrister,

Es ist beym Herrn von - - - eine austrägliche
Pfarre offen, und ich möchte sie gern haben.
Kathrinchen sagte, Sie wären ein guter Freund
von ihm, und könnten mir leicht dazu helfen. Jch
bin das wilde Leben überdrüßig, und möchte gern
einmal meinen eignen Heerd, und meine eigne
Frau haben. Haben Sie die Gnade, und sorgen
Sie für mich. Jch habe gehört, daß der alte
Pfarrer mit seinem Patrone in großer Feindschaft

gelebt

Satyriſche Briefe.
nicht mukſen. Gieb ihm alle Wochen ein paar-
mal zu freſſen, ſo iſt er zahm, wie ein Lamm. Du
wirſt deine Freude mit ihm haben. Er ſaͤuft dich
und deine hochadlichen Gaͤſte alle unter den Tiſch,
und wenn er die ſchwarze Kutte ausgezogen hat,
ſo flucht er, wie ein Corporal. Nimm ihn, Bruͤ-
derchen, ich rathe dirs, es wird dich nicht gereuen.
Gelernt hat er nichts; aber er predigt dir, der
Henker hole mich, ſeinen Stiefel weg, daß es
eine Art hat; und der Heuchler ſteht ſo fromm da,
als wenn er von der Kanzel gen Himmel fahren
wollte. Meine Cathrine konnte ihn recht gut lei-
den. Jch glaube gar, der Ketzer gieng mir manch-
mal ins Gehege! Nun Bruͤderchen, wie geſagt,
nimm ihn. Seinethalben magſt du leben, wie du
willſt. Und wenn du heute zum Teufel faͤhrſt, ſo
faͤhrt er morgen nach. Es iſt ein braver Kerl.
Gruͤße mir deine Menſcher.

Lebe wohl.
Gnaͤdiger Herr Obriſter,

Es iſt beym Herrn von ‒ ‒ ‒ eine austraͤgliche
Pfarre offen, und ich moͤchte ſie gern haben.
Kathrinchen ſagte, Sie waͤren ein guter Freund
von ihm, und koͤnnten mir leicht dazu helfen. Jch
bin das wilde Leben uͤberdruͤßig, und moͤchte gern
einmal meinen eignen Heerd, und meine eigne
Frau haben. Haben Sie die Gnade, und ſorgen
Sie fuͤr mich. Jch habe gehoͤrt, daß der alte
Pfarrer mit ſeinem Patrone in großer Feindſchaft

gelebt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <floatingText>
          <body>
            <div type="letter">
              <p><pb facs="#f0068" n="40"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Satyri&#x017F;che Briefe.</hi></fw><lb/>
nicht muk&#x017F;en. Gieb ihm alle Wochen ein paar-<lb/>
mal zu fre&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o i&#x017F;t er zahm, wie ein Lamm. Du<lb/>
wir&#x017F;t deine Freude mit ihm haben. Er &#x017F;a&#x0364;uft dich<lb/>
und deine hochadlichen Ga&#x0364;&#x017F;te alle unter den Ti&#x017F;ch,<lb/>
und wenn er die &#x017F;chwarze Kutte ausgezogen hat,<lb/>
&#x017F;o flucht er, wie ein Corporal. Nimm ihn, Bru&#x0364;-<lb/>
derchen, ich rathe dirs, es wird dich nicht gereuen.<lb/>
Gelernt hat er nichts; aber er predigt dir, der<lb/>
Henker hole mich, &#x017F;einen Stiefel weg, daß es<lb/>
eine Art hat; und der Heuchler &#x017F;teht &#x017F;o fromm da,<lb/>
als wenn er von der Kanzel gen Himmel fahren<lb/>
wollte. Meine Cathrine konnte ihn recht gut lei-<lb/>
den. Jch glaube gar, der Ketzer gieng mir manch-<lb/>
mal ins Gehege! Nun Bru&#x0364;derchen, wie ge&#x017F;agt,<lb/>
nimm ihn. Seinethalben mag&#x017F;t du leben, wie du<lb/>
will&#x017F;t. Und wenn du heute zum Teufel fa&#x0364;hr&#x017F;t, &#x017F;o<lb/>
fa&#x0364;hrt er morgen nach. Es i&#x017F;t ein braver Kerl.<lb/>
Gru&#x0364;ße mir deine Men&#x017F;cher.</p>
              <closer>
                <salute> <hi rendition="#et">Lebe wohl.</hi> </salute>
              </closer>
            </div><lb/>
            <div type="letter">
              <salute> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#fr">Gna&#x0364;diger Herr Obri&#x017F;ter,</hi> </hi> </salute><lb/>
              <p><hi rendition="#in">E</hi>s i&#x017F;t beym Herrn von &#x2012; &#x2012; &#x2012; eine austra&#x0364;gliche<lb/>
Pfarre offen, und ich mo&#x0364;chte &#x017F;ie gern haben.<lb/>
Kathrinchen &#x017F;agte, Sie wa&#x0364;ren ein guter Freund<lb/>
von ihm, und ko&#x0364;nnten mir leicht dazu helfen. Jch<lb/>
bin das wilde Leben u&#x0364;berdru&#x0364;ßig, und mo&#x0364;chte gern<lb/>
einmal meinen eignen Heerd, und meine eigne<lb/>
Frau haben. Haben Sie die Gnade, und &#x017F;orgen<lb/>
Sie fu&#x0364;r mich. Jch habe geho&#x0364;rt, daß der alte<lb/>
Pfarrer mit &#x017F;einem Patrone in großer Feind&#x017F;chaft<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gelebt</fw><lb/></p>
            </div>
          </body>
        </floatingText>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[40/0068] Satyriſche Briefe. nicht mukſen. Gieb ihm alle Wochen ein paar- mal zu freſſen, ſo iſt er zahm, wie ein Lamm. Du wirſt deine Freude mit ihm haben. Er ſaͤuft dich und deine hochadlichen Gaͤſte alle unter den Tiſch, und wenn er die ſchwarze Kutte ausgezogen hat, ſo flucht er, wie ein Corporal. Nimm ihn, Bruͤ- derchen, ich rathe dirs, es wird dich nicht gereuen. Gelernt hat er nichts; aber er predigt dir, der Henker hole mich, ſeinen Stiefel weg, daß es eine Art hat; und der Heuchler ſteht ſo fromm da, als wenn er von der Kanzel gen Himmel fahren wollte. Meine Cathrine konnte ihn recht gut lei- den. Jch glaube gar, der Ketzer gieng mir manch- mal ins Gehege! Nun Bruͤderchen, wie geſagt, nimm ihn. Seinethalben magſt du leben, wie du willſt. Und wenn du heute zum Teufel faͤhrſt, ſo faͤhrt er morgen nach. Es iſt ein braver Kerl. Gruͤße mir deine Menſcher. Lebe wohl. Gnaͤdiger Herr Obriſter, Es iſt beym Herrn von ‒ ‒ ‒ eine austraͤgliche Pfarre offen, und ich moͤchte ſie gern haben. Kathrinchen ſagte, Sie waͤren ein guter Freund von ihm, und koͤnnten mir leicht dazu helfen. Jch bin das wilde Leben uͤberdruͤßig, und moͤchte gern einmal meinen eignen Heerd, und meine eigne Frau haben. Haben Sie die Gnade, und ſorgen Sie fuͤr mich. Jch habe gehoͤrt, daß der alte Pfarrer mit ſeinem Patrone in großer Feindſchaft gelebt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/68
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/68>, abgerufen am 27.11.2024.