"meine Copey recht verabscheuungswürdig zu ma- "chen. Sie werden darum nicht unwahrschein- "lich; ich glaube, daß fast in einer jeden Diöces "wenigstens ein Original seyn wird.
"Jch habe diesen Eingang etwas ernsthaft "abfassen müssen, weil ich hier mit einer Art Le- "ser zu thun bekomme, unter denen verschiedene "sind, welche nebst vielen andern Sachen, die sie "nicht verstehn, auch dieses nicht wissen, was die "Eigenschaft der Satyre und Jronie erfodere, "und daher schon öfters auf den unglücklichen "Einfall gekommen sind, mich in ihrem kleinen "unwissenden Herzen, und wohl öffentlich, zu ver- "ketzern, wenn ich von dem Thörichten ihres "Standes, und von den unbilligen Absichten ih- "rer Beförderer, in der lachenden Sprache der "Satyre geredet habe, um diejenigen desto ver- "ehrungswürdiger zu machen, welche eine wahre "Zierde ihres Amts, und also ganz anders sind, "als sie."
Lieber Herr Bruder.
Es ist mir recht lieb, daß dein Alter sich abge- führt hat. Das verdammte Schmälen hatte kein Ende. Jch weiß nicht, ob die Leute sich ein- bilden, daß wir ihnen darum Amt und Brodt ge- ben, daß sie uns alle Sonntage die bittersten Wahrheiten vorpredigen, und uns dem Teufel in den Rachen schieben sollen. Für die Bauern ist
das
Satyriſche Briefe.
„meine Copey recht verabſcheuungswuͤrdig zu ma- „chen. Sie werden darum nicht unwahrſchein- „lich; ich glaube, daß faſt in einer jeden Dioͤces „wenigſtens ein Original ſeyn wird.
„Jch habe dieſen Eingang etwas ernſthaft „abfaſſen muͤſſen, weil ich hier mit einer Art Le- „ſer zu thun bekomme, unter denen verſchiedene „ſind, welche nebſt vielen andern Sachen, die ſie „nicht verſtehn, auch dieſes nicht wiſſen, was die „Eigenſchaft der Satyre und Jronie erfodere, „und daher ſchon oͤfters auf den ungluͤcklichen „Einfall gekommen ſind, mich in ihrem kleinen „unwiſſenden Herzen, und wohl oͤffentlich, zu ver- „ketzern, wenn ich von dem Thoͤrichten ihres „Standes, und von den unbilligen Abſichten ih- „rer Befoͤrderer, in der lachenden Sprache der „Satyre geredet habe, um diejenigen deſto ver- „ehrungswuͤrdiger zu machen, welche eine wahre „Zierde ihres Amts, und alſo ganz anders ſind, „als ſie.„
Lieber Herr Bruder.
Es iſt mir recht lieb, daß dein Alter ſich abge- fuͤhrt hat. Das verdammte Schmaͤlen hatte kein Ende. Jch weiß nicht, ob die Leute ſich ein- bilden, daß wir ihnen darum Amt und Brodt ge- ben, daß ſie uns alle Sonntage die bitterſten Wahrheiten vorpredigen, und uns dem Teufel in den Rachen ſchieben ſollen. Fuͤr die Bauern iſt
das
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Satyriſche Briefe.
„meine Copey recht verabſcheuungswuͤrdig zu ma-
„chen. Sie werden darum nicht unwahrſchein-
„lich; ich glaube, daß faſt in einer jeden Dioͤces
„wenigſtens ein Original ſeyn wird.
„Jch habe dieſen Eingang etwas ernſthaft
„abfaſſen muͤſſen, weil ich hier mit einer Art Le-
„ſer zu thun bekomme, unter denen verſchiedene
„ſind, welche nebſt vielen andern Sachen, die ſie
„nicht verſtehn, auch dieſes nicht wiſſen, was die
„Eigenſchaft der Satyre und Jronie erfodere,
„und daher ſchon oͤfters auf den ungluͤcklichen
„Einfall gekommen ſind, mich in ihrem kleinen
„unwiſſenden Herzen, und wohl oͤffentlich, zu ver-
„ketzern, wenn ich von dem Thoͤrichten ihres
„Standes, und von den unbilligen Abſichten ih-
„rer Befoͤrderer, in der lachenden Sprache der
„Satyre geredet habe, um diejenigen deſto ver-
„ehrungswuͤrdiger zu machen, welche eine wahre
„Zierde ihres Amts, und alſo ganz anders ſind,
„als ſie.„
Lieber Herr Bruder.
Es iſt mir recht lieb, daß dein Alter ſich abge-
fuͤhrt hat. Das verdammte Schmaͤlen hatte
kein Ende. Jch weiß nicht, ob die Leute ſich ein-
bilden, daß wir ihnen darum Amt und Brodt ge-
ben, daß ſie uns alle Sonntage die bitterſten
Wahrheiten vorpredigen, und uns dem Teufel in
den Rachen ſchieben ſollen. Fuͤr die Bauern iſt
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/66>, abgerufen am 27.11.2024.
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