Jhre Freunde kennen mich und Sie nicht, sie wür- den Jhnen sonst billiger rathen. Jch will es Jhnen nicht vorrücken, daß Sie mir den Preis der Stoffe zu hoch angesetzt haben; es ist einmal ge- schehn, und ich habe mich dazu bekannt. Sie sol- len der erste nicht seyn, dem ich etwas schuldig blei- be. Jch erwarte Sie auf den Freytag Nachmit- tage. Sie werden wohl Doppien nehmen? Ha- ben Sie diese Messe etwas neues von Stoffen? Bringen Sie mir welche mit, so schön Sie solche haben. Jch bezahle baar. Es soll zu einer Messe für meine Frau. Nur nicht gar zu bunt. Ver- stehen Sie mich?
a Dieu.
Gnädiger Herr,
Mein Advocat wird Jhnen gesagt haben, daß der über die Juwelen ausgestellte Wechselbrief an 2500 Thlr. an der Peterpaulmesse gefällig gewesen ist. Sie haben mich bis auf heute vertrö- stet, und ich nehme mir die Freyheit, mich unterthä- nig zu erkundigen, um welche Stunde ich Jhnen aufwarten darf. Sie wissen noch, Gnädiger Herr, wie genau Sie gehandelt haben, und können gewiß glauben, daß ich nicht fünf Thaler daran verdiene. Destoweniger wird mir es zuzumuthen seyn, länger nachzusehn, da die ganze Summe mein baarer Verlag ist. Brauchen Sie sonst diese Messe etwas, so werden Sie gnädig befehlen, und ich werde Jh- nen damit dienen, so bald ich meine 2500 Thlr. von Jhnen bekommen habe. Sollte mein Advocat sich
diesen
Satyriſche Briefe.
Mein Herr,
Jhre Freunde kennen mich und Sie nicht, ſie wuͤr- den Jhnen ſonſt billiger rathen. Jch will es Jhnen nicht vorruͤcken, daß Sie mir den Preis der Stoffe zu hoch angeſetzt haben; es iſt einmal ge- ſchehn, und ich habe mich dazu bekannt. Sie ſol- len der erſte nicht ſeyn, dem ich etwas ſchuldig blei- be. Jch erwarte Sie auf den Freytag Nachmit- tage. Sie werden wohl Doppien nehmen? Ha- ben Sie dieſe Meſſe etwas neues von Stoffen? Bringen Sie mir welche mit, ſo ſchoͤn Sie ſolche haben. Jch bezahle baar. Es ſoll zu einer Meſſe fuͤr meine Frau. Nur nicht gar zu bunt. Ver- ſtehen Sie mich?
à Dieu.
Gnaͤdiger Herr,
Mein Advocat wird Jhnen geſagt haben, daß der uͤber die Juwelen ausgeſtellte Wechſelbrief an 2500 Thlr. an der Peterpaulmeſſe gefaͤllig geweſen iſt. Sie haben mich bis auf heute vertroͤ- ſtet, und ich nehme mir die Freyheit, mich unterthaͤ- nig zu erkundigen, um welche Stunde ich Jhnen aufwarten darf. Sie wiſſen noch, Gnaͤdiger Herr, wie genau Sie gehandelt haben, und koͤnnen gewiß glauben, daß ich nicht fuͤnf Thaler daran verdiene. Deſtoweniger wird mir es zuzumuthen ſeyn, laͤnger nachzuſehn, da die ganze Summe mein baarer Verlag iſt. Brauchen Sie ſonſt dieſe Meſſe etwas, ſo werden Sie gnaͤdig befehlen, und ich werde Jh- nen damit dienen, ſo bald ich meine 2500 Thlr. von Jhnen bekommen habe. Sollte mein Advocat ſich
dieſen
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Satyriſche Briefe.
Mein Herr,
Jhre Freunde kennen mich und Sie nicht, ſie wuͤr-
den Jhnen ſonſt billiger rathen. Jch will es
Jhnen nicht vorruͤcken, daß Sie mir den Preis der
Stoffe zu hoch angeſetzt haben; es iſt einmal ge-
ſchehn, und ich habe mich dazu bekannt. Sie ſol-
len der erſte nicht ſeyn, dem ich etwas ſchuldig blei-
be. Jch erwarte Sie auf den Freytag Nachmit-
tage. Sie werden wohl Doppien nehmen? Ha-
ben Sie dieſe Meſſe etwas neues von Stoffen?
Bringen Sie mir welche mit, ſo ſchoͤn Sie ſolche
haben. Jch bezahle baar. Es ſoll zu einer Meſſe
fuͤr meine Frau. Nur nicht gar zu bunt. Ver-
ſtehen Sie mich?
à Dieu.
Gnaͤdiger Herr,
Mein Advocat wird Jhnen geſagt haben, daß
der uͤber die Juwelen ausgeſtellte Wechſelbrief
an 2500 Thlr. an der Peterpaulmeſſe gefaͤllig
geweſen iſt. Sie haben mich bis auf heute vertroͤ-
ſtet, und ich nehme mir die Freyheit, mich unterthaͤ-
nig zu erkundigen, um welche Stunde ich Jhnen
aufwarten darf. Sie wiſſen noch, Gnaͤdiger Herr,
wie genau Sie gehandelt haben, und koͤnnen gewiß
glauben, daß ich nicht fuͤnf Thaler daran verdiene.
Deſtoweniger wird mir es zuzumuthen ſeyn, laͤnger
nachzuſehn, da die ganze Summe mein baarer
Verlag iſt. Brauchen Sie ſonſt dieſe Meſſe etwas,
ſo werden Sie gnaͤdig befehlen, und ich werde Jh-
nen damit dienen, ſo bald ich meine 2500 Thlr. von
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dieſen
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 408. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/436>, abgerufen am 27.11.2024.
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