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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.

Vielleicht sind Sie unzufrieden, daß ich die
Jnteressenten nur auf den bürgerlichen Stand ein-
schränke? Dieses kann gar wohl möglich seyn,
wenn Sie Jhre alte Neigung zum Adel noch nicht
verlohren haben sollten. Aber lassen Sie Sich
es immer gefallen. Es ist billig. Wollte ich die
von Adel mit dazu ziehn, so würde der Zulauf zu
groß seyn. Viele von guten Häusern würden sich
an ihrer Ehre Schaden thun; denn es ist ein größ-
rer Vorwurf, ein Bürgermädchen zu heirathen,
als einen muthwilligen Bankrut zu machen. Jch
kenne ein Fräulein, das mit Jhnen einerley Cha-
rakter, und einerley Schicksal hat. Für diese he-
be ich die von Adel auf, und wenn es mit Jhrem
Projecte gut abläuft, wie ich hoffe: so will ich
dieses Fräulein künftge Ostermesse über ein Jahr
auf eben diese Art in Auerbachshofe, unter der
Garantie des Herrn von - - - ausspielen.
Das bin ich allenfalls zufrieden. Sollten Sie
nämlich einem verheiratheten Manne zufallen, und
es will Sie einer von Adel, gegen einen billigen
Rabatt, an sich kaufen: so soll es ihm frey stehn;
nur soll er nicht gezwungen seyn. Beruhigen Sie
Sich! Es wird gewiß nicht an Liebhabern fehlen,
die es für vorträglicher halten, durch bürgerliches
Geld sich vor der Unbescheidenheit ihrer Gläubi-
ger, und vor dem Hunger zu schützen, als unter
dem stolzen Glanze der sechzehn Ahnen kümmerlich
zu darben. Das wäre also eins!

Fürs
Satyriſche Briefe.

Vielleicht ſind Sie unzufrieden, daß ich die
Jntereſſenten nur auf den buͤrgerlichen Stand ein-
ſchraͤnke? Dieſes kann gar wohl moͤglich ſeyn,
wenn Sie Jhre alte Neigung zum Adel noch nicht
verlohren haben ſollten. Aber laſſen Sie Sich
es immer gefallen. Es iſt billig. Wollte ich die
von Adel mit dazu ziehn, ſo wuͤrde der Zulauf zu
groß ſeyn. Viele von guten Haͤuſern wuͤrden ſich
an ihrer Ehre Schaden thun; denn es iſt ein groͤß-
rer Vorwurf, ein Buͤrgermaͤdchen zu heirathen,
als einen muthwilligen Bankrut zu machen. Jch
kenne ein Fraͤulein, das mit Jhnen einerley Cha-
rakter, und einerley Schickſal hat. Fuͤr dieſe he-
be ich die von Adel auf, und wenn es mit Jhrem
Projecte gut ablaͤuft, wie ich hoffe: ſo will ich
dieſes Fraͤulein kuͤnftge Oſtermeſſe uͤber ein Jahr
auf eben dieſe Art in Auerbachshofe, unter der
Garantie des Herrn von ‒ ‒ ‒ ausſpielen.
Das bin ich allenfalls zufrieden. Sollten Sie
naͤmlich einem verheiratheten Manne zufallen, und
es will Sie einer von Adel, gegen einen billigen
Rabatt, an ſich kaufen: ſo ſoll es ihm frey ſtehn;
nur ſoll er nicht gezwungen ſeyn. Beruhigen Sie
Sich! Es wird gewiß nicht an Liebhabern fehlen,
die es fuͤr vortraͤglicher halten, durch buͤrgerliches
Geld ſich vor der Unbeſcheidenheit ihrer Glaͤubi-
ger, und vor dem Hunger zu ſchuͤtzen, als unter
dem ſtolzen Glanze der ſechzehn Ahnen kuͤmmerlich
zu darben. Das waͤre alſo eins!

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[267/0295] Satyriſche Briefe. Vielleicht ſind Sie unzufrieden, daß ich die Jntereſſenten nur auf den buͤrgerlichen Stand ein- ſchraͤnke? Dieſes kann gar wohl moͤglich ſeyn, wenn Sie Jhre alte Neigung zum Adel noch nicht verlohren haben ſollten. Aber laſſen Sie Sich es immer gefallen. Es iſt billig. Wollte ich die von Adel mit dazu ziehn, ſo wuͤrde der Zulauf zu groß ſeyn. Viele von guten Haͤuſern wuͤrden ſich an ihrer Ehre Schaden thun; denn es iſt ein groͤß- rer Vorwurf, ein Buͤrgermaͤdchen zu heirathen, als einen muthwilligen Bankrut zu machen. Jch kenne ein Fraͤulein, das mit Jhnen einerley Cha- rakter, und einerley Schickſal hat. Fuͤr dieſe he- be ich die von Adel auf, und wenn es mit Jhrem Projecte gut ablaͤuft, wie ich hoffe: ſo will ich dieſes Fraͤulein kuͤnftge Oſtermeſſe uͤber ein Jahr auf eben dieſe Art in Auerbachshofe, unter der Garantie des Herrn von ‒ ‒ ‒ ausſpielen. Das bin ich allenfalls zufrieden. Sollten Sie naͤmlich einem verheiratheten Manne zufallen, und es will Sie einer von Adel, gegen einen billigen Rabatt, an ſich kaufen: ſo ſoll es ihm frey ſtehn; nur ſoll er nicht gezwungen ſeyn. Beruhigen Sie Sich! Es wird gewiß nicht an Liebhabern fehlen, die es fuͤr vortraͤglicher halten, durch buͤrgerliches Geld ſich vor der Unbeſcheidenheit ihrer Glaͤubi- ger, und vor dem Hunger zu ſchuͤtzen, als unter dem ſtolzen Glanze der ſechzehn Ahnen kuͤmmerlich zu darben. Das waͤre alſo eins! Fuͤrs

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/295>, abgerufen am 27.11.2024.