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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
"durch Vater und Sohn und Enkel, und Schwie-
"gersohn die Gerechtigkeit müssen verwalten las-
"sen, welche gar leicht zu einer Familiengerechtig-
"keit hätte werden können, wenn wir nicht in den
"glücklichen Zeiten lebten, wo die Gesetze mehr
"gelten, als eigennützige Absichten.

"Jch wollte, daß ich Gelegenheit geben
"könnte, diesen Unbequemlichkeiten abzuhel-
"fen. Die Nahrung würde allgemeiner
"seyn; die Aemter würden viel leichter besetzt,
"und viel lustiger verwaltet werden. Ein jeder
"würde in den Stand kommen, dem Vaterlande
"zu dienen, wo nicht mit dem Verstande, doch
"mit einem wohlgewachsnen Körper, und wo
"auch mit diesem nicht, doch wenigstens mit sei-
"nem Daseyn.

"Jch sollte hoffen, daß meine patriotischen
"Vorstellungen einigen Eindruck machen würden;
"aber ich weiß auch leider, wie schwer es hält, ein-
"gewurzelte Vorurtheile auszurotten. Vielleicht
"giebt man sich nach und nach; vielleicht erleben
"unsre Kinder dasjenige, was uns itzt unmög-
"lich scheint.

"Es versteht sich von sich selbst, daß ich für
"die Nachwelt schreibe. Dieses hat mich bewo-
"gen, ein Formular zu entwerfen, wie etwan
"in künftigen, vielleicht sehr späten Zeiten, ein
"junger Mensch es anfangen soll, wenn er einen

"inner-

Satyriſche Briefe.
„durch Vater und Sohn und Enkel, und Schwie-
„gerſohn die Gerechtigkeit muͤſſen verwalten laſ-
„ſen, welche gar leicht zu einer Familiengerechtig-
„keit haͤtte werden koͤnnen, wenn wir nicht in den
„gluͤcklichen Zeiten lebten, wo die Geſetze mehr
„gelten, als eigennuͤtzige Abſichten.

„Jch wollte, daß ich Gelegenheit geben
„koͤnnte, dieſen Unbequemlichkeiten abzuhel-
„fen. Die Nahrung wuͤrde allgemeiner
„ſeyn; die Aemter wuͤrden viel leichter beſetzt,
„und viel luſtiger verwaltet werden. Ein jeder
„wuͤrde in den Stand kommen, dem Vaterlande
„zu dienen, wo nicht mit dem Verſtande, doch
„mit einem wohlgewachſnen Koͤrper, und wo
„auch mit dieſem nicht, doch wenigſtens mit ſei-
„nem Daſeyn.

„Jch ſollte hoffen, daß meine patriotiſchen
„Vorſtellungen einigen Eindruck machen wuͤrden;
„aber ich weiß auch leider, wie ſchwer es haͤlt, ein-
„gewurzelte Vorurtheile auszurotten. Vielleicht
„giebt man ſich nach und nach; vielleicht erleben
„unſre Kinder dasjenige, was uns itzt unmoͤg-
„lich ſcheint.

„Es verſteht ſich von ſich ſelbſt, daß ich fuͤr
„die Nachwelt ſchreibe. Dieſes hat mich bewo-
„gen, ein Formular zu entwerfen, wie etwan
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[134/0162] Satyriſche Briefe. „durch Vater und Sohn und Enkel, und Schwie- „gerſohn die Gerechtigkeit muͤſſen verwalten laſ- „ſen, welche gar leicht zu einer Familiengerechtig- „keit haͤtte werden koͤnnen, wenn wir nicht in den „gluͤcklichen Zeiten lebten, wo die Geſetze mehr „gelten, als eigennuͤtzige Abſichten. „Jch wollte, daß ich Gelegenheit geben „koͤnnte, dieſen Unbequemlichkeiten abzuhel- „fen. Die Nahrung wuͤrde allgemeiner „ſeyn; die Aemter wuͤrden viel leichter beſetzt, „und viel luſtiger verwaltet werden. Ein jeder „wuͤrde in den Stand kommen, dem Vaterlande „zu dienen, wo nicht mit dem Verſtande, doch „mit einem wohlgewachſnen Koͤrper, und wo „auch mit dieſem nicht, doch wenigſtens mit ſei- „nem Daſeyn. „Jch ſollte hoffen, daß meine patriotiſchen „Vorſtellungen einigen Eindruck machen wuͤrden; „aber ich weiß auch leider, wie ſchwer es haͤlt, ein- „gewurzelte Vorurtheile auszurotten. Vielleicht „giebt man ſich nach und nach; vielleicht erleben „unſre Kinder dasjenige, was uns itzt unmoͤg- „lich ſcheint. „Es verſteht ſich von ſich ſelbſt, daß ich fuͤr „die Nachwelt ſchreibe. Dieſes hat mich bewo- „gen, ein Formular zu entwerfen, wie etwan „in kuͤnftigen, vielleicht ſehr ſpaͤten Zeiten, ein „junger Menſch es anfangen ſoll, wenn er einen „inner-

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/162>, abgerufen am 24.11.2024.