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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752.

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Satyrische Briefe.
"könnte diesen Gedanken noch weiter ausführen,
"und zum Besten einer jeden Republik allgemeiner
"machen, wenn man einige zum Nutzen, einige
"zur Zierde, einige sowohl zum Nutzen als zur
"Zierde, und endlich noch andre in derglei-
"chen Aemter aufnähme, welche weder zum Nu-
"tzen noch zur Zierde des Vaterlandes gereichten.
"So widersinnig dieses letztere klingt; so groß
"würde doch der Nutzen seyn, den man davon zu
"erwarten hätte. Dergleichen Männer sind in
"Aemtern so unentbehrlich, als der Schatten im
"Gemälde. Ein Mann, der zum Nutzen des
"Vaterlandes dienet, würde weniger in die Au-
"gen fallen, wenn nicht ein College neben ihm säße,
"der nicht zum Nutzen, sondern bloß zur Zierde
"des Vaterlandes geschaffen wäre. Und dieser
"würde sehr unbemerkt da sitzen, wenn es nicht
"noch andre gäbe, die weder zum Nutzen, noch zur
"Zierde des Vaterlandes gereichten. Dadurch,
"daß man bisher niemanden das Ansehen eines
"Vaters der Stadt hat zugestehen wollen, als
"nur demjenigen, der sowohl zum Nutzen als zur
"Zierde des Vaterlandes geschickt ist, durch dieses
"Vorurtheil ist es gekommen, daß man so viel
"Mühe hat, die erledigten Stellen zu besetzen.
"Oft sind sie zum unersetzlichen Schaden des ge-
"meinen Wesens wegen Mangel geschickter Candi-
"daten lange Zeit und wohl ganz und gar unbe-
"setzt geblieben; oft hat man seine Zuflucht zu ei-
"ner einzigen erleuchteten Familie nehmen, und

durch
J 3

Satyriſche Briefe.
„koͤnnte dieſen Gedanken noch weiter ausfuͤhren,
„und zum Beſten einer jeden Republik allgemeiner
„machen, wenn man einige zum Nutzen, einige
„zur Zierde, einige ſowohl zum Nutzen als zur
„Zierde, und endlich noch andre in derglei-
„chen Aemter aufnaͤhme, welche weder zum Nu-
„tzen noch zur Zierde des Vaterlandes gereichten.
„So widerſinnig dieſes letztere klingt; ſo groß
„wuͤrde doch der Nutzen ſeyn, den man davon zu
„erwarten haͤtte. Dergleichen Maͤnner ſind in
„Aemtern ſo unentbehrlich, als der Schatten im
„Gemaͤlde. Ein Mann, der zum Nutzen des
„Vaterlandes dienet, wuͤrde weniger in die Au-
„gen fallen, wenn nicht ein College neben ihm ſaͤße,
„der nicht zum Nutzen, ſondern bloß zur Zierde
„des Vaterlandes geſchaffen waͤre. Und dieſer
„wuͤrde ſehr unbemerkt da ſitzen, wenn es nicht
„noch andre gaͤbe, die weder zum Nutzen, noch zur
„Zierde des Vaterlandes gereichten. Dadurch,
„daß man bisher niemanden das Anſehen eines
„Vaters der Stadt hat zugeſtehen wollen, als
„nur demjenigen, der ſowohl zum Nutzen als zur
„Zierde des Vaterlandes geſchickt iſt, durch dieſes
„Vorurtheil iſt es gekommen, daß man ſo viel
„Muͤhe hat, die erledigten Stellen zu beſetzen.
„Oft ſind ſie zum unerſetzlichen Schaden des ge-
„meinen Weſens wegen Mangel geſchickter Candi-
„daten lange Zeit und wohl ganz und gar unbe-
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[133/0161] Satyriſche Briefe. „koͤnnte dieſen Gedanken noch weiter ausfuͤhren, „und zum Beſten einer jeden Republik allgemeiner „machen, wenn man einige zum Nutzen, einige „zur Zierde, einige ſowohl zum Nutzen als zur „Zierde, und endlich noch andre in derglei- „chen Aemter aufnaͤhme, welche weder zum Nu- „tzen noch zur Zierde des Vaterlandes gereichten. „So widerſinnig dieſes letztere klingt; ſo groß „wuͤrde doch der Nutzen ſeyn, den man davon zu „erwarten haͤtte. Dergleichen Maͤnner ſind in „Aemtern ſo unentbehrlich, als der Schatten im „Gemaͤlde. Ein Mann, der zum Nutzen des „Vaterlandes dienet, wuͤrde weniger in die Au- „gen fallen, wenn nicht ein College neben ihm ſaͤße, „der nicht zum Nutzen, ſondern bloß zur Zierde „des Vaterlandes geſchaffen waͤre. Und dieſer „wuͤrde ſehr unbemerkt da ſitzen, wenn es nicht „noch andre gaͤbe, die weder zum Nutzen, noch zur „Zierde des Vaterlandes gereichten. Dadurch, „daß man bisher niemanden das Anſehen eines „Vaters der Stadt hat zugeſtehen wollen, als „nur demjenigen, der ſowohl zum Nutzen als zur „Zierde des Vaterlandes geſchickt iſt, durch dieſes „Vorurtheil iſt es gekommen, daß man ſo viel „Muͤhe hat, die erledigten Stellen zu beſetzen. „Oft ſind ſie zum unerſetzlichen Schaden des ge- „meinen Weſens wegen Mangel geſchickter Candi- „daten lange Zeit und wohl ganz und gar unbe- „ſetzt geblieben; oft hat man ſeine Zuflucht zu ei- „ner einzigen erleuchteten Familie nehmen, und durch J 3

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 3. Leipzig, 1752, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung03_1752/161>, abgerufen am 24.11.2024.