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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

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von den abgeschiednen Seelen.
hen wollten, welche vor uns lag, und von der ich
glaubte, daß es darinnen, wo nicht einsamer, doch
sicherer seyn würde.

Jn beiden betrog ich mich. Jch erblickte da-
selbst eine große Gesellschaft, die meistens aus
Frauenzimmern bestund. Weil sie in eben der
Stadt gelebt hatten, wo ich mich aufhielt, so kann-
te ich sie alle, und ich fand ihre Beschäfftigungen
nicht im geringsten verändert. Sie spielten, sie
tranken Caffee, manche redeten gar nichts, die mei-
sten aber schlugen ein so lautes Gelächter auf, daß
ich begierig ward, diese zuerst zu beobachten. Jch
nahte mich ihnen, ich hätte aber nicht gemeynt, daß
eben ich die Ursache dieser allgemeinen Lebhaftigkeit
und Freude gewesen wäre. Je näher ich kam,
desto heftiger fiengen sie an, zu lachen. Jch ver-
langte von ihnen die Ursache zu wissen, aber sie
waren so boshaft, und sagten mir solche nicht.
Doch eine von ihnen, um welche ich mich in ihrem
Leben, durch ein ganz artiges und sinnreiches Son-
net auf ihren Mops, sehr verdient gemacht hatte,
war so dankbar, und half mir aus meiner Verwir-
rung. Jch will es Jhnen nur sagen, sprach sie zu
mir, warum wir so lustig sind. Wir hatten schon
viel Stunden lang in der verdrüßlichsten Stille
beysammen gesessen, ohne ein Wort zu reden, weil
wir müde waren, die Trachten, den Gang, und die
Mienen aller der Seelen, die bey uns vorbey ge-
hen mußten, zu beurtheilen. Auch mit den Ab-
wesenden waren wir bereits fertig, ja, was das
allerbetrübteste war, so waren wir auch schon dar-

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von den abgeſchiednen Seelen.
hen wollten, welche vor uns lag, und von der ich
glaubte, daß es darinnen, wo nicht einſamer, doch
ſicherer ſeyn wuͤrde.

Jn beiden betrog ich mich. Jch erblickte da-
ſelbſt eine große Geſellſchaft, die meiſtens aus
Frauenzimmern beſtund. Weil ſie in eben der
Stadt gelebt hatten, wo ich mich aufhielt, ſo kann-
te ich ſie alle, und ich fand ihre Beſchaͤfftigungen
nicht im geringſten veraͤndert. Sie ſpielten, ſie
tranken Caffee, manche redeten gar nichts, die mei-
ſten aber ſchlugen ein ſo lautes Gelaͤchter auf, daß
ich begierig ward, dieſe zuerſt zu beobachten. Jch
nahte mich ihnen, ich haͤtte aber nicht gemeynt, daß
eben ich die Urſache dieſer allgemeinen Lebhaftigkeit
und Freude geweſen waͤre. Je naͤher ich kam,
deſto heftiger fiengen ſie an, zu lachen. Jch ver-
langte von ihnen die Urſache zu wiſſen, aber ſie
waren ſo boshaft, und ſagten mir ſolche nicht.
Doch eine von ihnen, um welche ich mich in ihrem
Leben, durch ein ganz artiges und ſinnreiches Son-
net auf ihren Mops, ſehr verdient gemacht hatte,
war ſo dankbar, und half mir aus meiner Verwir-
rung. Jch will es Jhnen nur ſagen, ſprach ſie zu
mir, warum wir ſo luſtig ſind. Wir hatten ſchon
viel Stunden lang in der verdruͤßlichſten Stille
beyſammen geſeſſen, ohne ein Wort zu reden, weil
wir muͤde waren, die Trachten, den Gang, und die
Mienen aller der Seelen, die bey uns vorbey ge-
hen mußten, zu beurtheilen. Auch mit den Ab-
weſenden waren wir bereits fertig, ja, was das
allerbetruͤbteſte war, ſo waren wir auch ſchon dar-

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[57/0057] von den abgeſchiednen Seelen. hen wollten, welche vor uns lag, und von der ich glaubte, daß es darinnen, wo nicht einſamer, doch ſicherer ſeyn wuͤrde. Jn beiden betrog ich mich. Jch erblickte da- ſelbſt eine große Geſellſchaft, die meiſtens aus Frauenzimmern beſtund. Weil ſie in eben der Stadt gelebt hatten, wo ich mich aufhielt, ſo kann- te ich ſie alle, und ich fand ihre Beſchaͤfftigungen nicht im geringſten veraͤndert. Sie ſpielten, ſie tranken Caffee, manche redeten gar nichts, die mei- ſten aber ſchlugen ein ſo lautes Gelaͤchter auf, daß ich begierig ward, dieſe zuerſt zu beobachten. Jch nahte mich ihnen, ich haͤtte aber nicht gemeynt, daß eben ich die Urſache dieſer allgemeinen Lebhaftigkeit und Freude geweſen waͤre. Je naͤher ich kam, deſto heftiger fiengen ſie an, zu lachen. Jch ver- langte von ihnen die Urſache zu wiſſen, aber ſie waren ſo boshaft, und ſagten mir ſolche nicht. Doch eine von ihnen, um welche ich mich in ihrem Leben, durch ein ganz artiges und ſinnreiches Son- net auf ihren Mops, ſehr verdient gemacht hatte, war ſo dankbar, und half mir aus meiner Verwir- rung. Jch will es Jhnen nur ſagen, ſprach ſie zu mir, warum wir ſo luſtig ſind. Wir hatten ſchon viel Stunden lang in der verdruͤßlichſten Stille beyſammen geſeſſen, ohne ein Wort zu reden, weil wir muͤde waren, die Trachten, den Gang, und die Mienen aller der Seelen, die bey uns vorbey ge- hen mußten, zu beurtheilen. Auch mit den Ab- weſenden waren wir bereits fertig, ja, was das allerbetruͤbteſte war, ſo waren wir auch ſchon dar- uͤber D 5

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/57>, abgerufen am 23.11.2024.