[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.von den abgeschiednen Seelen. Jch wagte es aber, näher hinzuzugehen, und Zwo C 4
von den abgeſchiednen Seelen. Jch wagte es aber, naͤher hinzuzugehen, und Zwo C 4
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von den abgeſchiednen Seelen.
Jch wagte es aber, naͤher hinzuzugehen, und
hoͤrte einen Miſchmaſch von Altaͤren, von Zierde des
Vaterlandes, von Wundern ſeiner Zeit, von Nach-
welt, von Unſterblichkeit, und von hundert ſchoͤnen
Sachen, deren eine jede, durch die Bank gerechnet,
wenigſtens einen Gulden werth war. Beſonders
kam mir eine etwas klare Stimme ſehr bekannt vor,
welche um ihr Anliegen recht feurig zu verſtehen zu
geben, immer uͤber das dritte Wort, O! rief. Es
war luſtig anzuſehen, wie unermuͤdet dieſe kleinen
Geiſter ihrem beſungnen Helden nachliefen, welcher,
wie man deutlich merken konnte, von dem vielen
Weihrauche mehr und mehr aufſchwoll, und durch
ſeine hohen Blicke zu verſtehen gab, daß er ſich die-
ſes Ruhms allerdings nicht unwuͤrdig erkennte.
Endlich erbarmte er ſich ſeiner Clienten, kehrte ſich
um, und blieb ſtehen. Dieſes vermehrte den Laͤrm.
Die kleinen Seelen ſtolperten uͤber einander weg,
und draͤngten ſich, weil eine jede die naͤchſte ſeyn
wollte. Sie hielten die offnen Haͤnde empor, und
ſahen alle mit ſehnlichen Blicken auf den patrioti-
ſchen Geldbeutel ihres theuern Goͤnners, welcher
auch in der That großmuͤthig genug war, und durch
eine reiche Spende ihren ehrfurchtsvollen Magen
befriedigte. Jch fragte eine davon, welche ſich vor
andern hervorgethan, und ganz aus dem Athem ver-
goͤttert hatte; wer denn dieſer beruͤhmte und tugend-
hafte Mann ſey? wie er heiße? wodurch er ſich um ſein
Vaterland ſo verdient, und eines ſo ausnehmenden
Lobes wuͤrdig gemacht haͤtte? Das weis ich alles
nicht, antwortete ſie mir kaltſinnig; aber heute iſt ſein
Geburtstag!
Zwo
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