[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.Geheime Nachricht sie in Gottes Namen ein Auge aus, und einen Par-lamentsschreiber, welcher von ihr ein wenig zu weit, und in der Thüre stund, übergab sie dem Teufel. Aber alles half nichts, sie mußte fort, und was ihr ganz unbegreiflich vorkam, war dieses, daß der Himmel nicht, ihr zu Ehren, mit Donner drein schlug. Jtzt sitzt sie, und betet, und singt, und hofft, durch ihre unermüdete Andacht es gewiß noch so weit zu bringen, daß den Herren des Parlaments die Zungen im Halse verdorren sollen; denn der Herr, spricht sie, verläßt die Seinen nicht. Drey Tage hinter einander haben die Nachbarn ihrer Gasse Freudenfeuer angezündet, uud es ist so lebhaft darin- nen, als sonst niemals. Der Preis der Miethen steigt; nur in ihrem Hause getraut sich noch niemand zu wohnen. So bald der muthige Knabe, Jacob Halley, "Das Parlament wird von mir Endesunter- "der
Geheime Nachricht ſie in Gottes Namen ein Auge aus, und einen Par-lamentsſchreiber, welcher von ihr ein wenig zu weit, und in der Thuͤre ſtund, uͤbergab ſie dem Teufel. Aber alles half nichts, ſie mußte fort, und was ihr ganz unbegreiflich vorkam, war dieſes, daß der Himmel nicht, ihr zu Ehren, mit Donner drein ſchlug. Jtzt ſitzt ſie, und betet, und ſingt, und hofft, durch ihre unermuͤdete Andacht es gewiß noch ſo weit zu bringen, daß den Herren des Parlaments die Zungen im Halſe verdorren ſollen; denn der Herr, ſpricht ſie, verlaͤßt die Seinen nicht. Drey Tage hinter einander haben die Nachbarn ihrer Gaſſe Freudenfeuer angezuͤndet, uud es iſt ſo lebhaft darin- nen, als ſonſt niemals. Der Preis der Miethen ſteigt; nur in ihrem Hauſe getraut ſich noch niemand zu wohnen. So bald der muthige Knabe, Jacob Halley, „Das Parlament wird von mir Endesunter- „der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div> <p><pb facs="#f0264" n="264"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Geheime Nachricht</hi></fw><lb/> ſie in Gottes Namen ein Auge aus, und einen Par-<lb/> lamentsſchreiber, welcher von ihr ein wenig zu weit,<lb/> und in der Thuͤre ſtund, uͤbergab ſie dem Teufel.<lb/> Aber alles half nichts, ſie mußte fort, und was ihr<lb/> ganz unbegreiflich vorkam, war dieſes, daß der<lb/> Himmel nicht, ihr zu Ehren, mit Donner drein<lb/> ſchlug. Jtzt ſitzt ſie, und betet, und ſingt, und<lb/> hofft, durch ihre unermuͤdete Andacht es gewiß noch<lb/> ſo weit zu bringen, daß den Herren des Parlaments<lb/> die Zungen im Halſe verdorren ſollen; denn der<lb/> Herr, ſpricht ſie, verlaͤßt die Seinen nicht. Drey<lb/> Tage hinter einander haben die Nachbarn ihrer Gaſſe<lb/> Freudenfeuer angezuͤndet, uud es iſt ſo lebhaft darin-<lb/> nen, als ſonſt niemals. Der Preis der Miethen<lb/> ſteigt; nur in ihrem Hauſe getraut ſich noch niemand<lb/> zu wohnen.</p><lb/> <p>So bald der muthige Knabe, <hi rendition="#fr">Jacob Halley,</hi><lb/> Swifts Tod erfuhr, und hoͤrte, daß man ſein Teſta-<lb/> ment oͤffnete: So meldete er ſich, und uͤbergab den<lb/> verſiegelten Brief; in der gewiſſen Hoffnung, eine rei-<lb/> che Belohnung ſeines Witzes zu erlangen. Man<lb/> oͤffnete ihn in ſeiner Gegenwart, und fand folgendes<lb/> darinnen:</p><lb/> <p>„Das Parlament wird von mir Endesunter-<lb/> „zeichneten erſucht, ſich der Perſon des <hi rendition="#fr">Jacob Hal-<lb/> „ley,</hi> der ihnen dieſes Schreiben verſiegelt einhaͤndi-<lb/> „gen wird, zu verſichern. Man wird aus meinem<lb/> „Codicille geſehen haben, wie groß die Bosheit<lb/> „dieſes Juͤnglings ſchon itzt iſt, und ich uͤberlaſſe<lb/> <fw place="bottom" type="catch">„der</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [264/0264]
Geheime Nachricht
ſie in Gottes Namen ein Auge aus, und einen Par-
lamentsſchreiber, welcher von ihr ein wenig zu weit,
und in der Thuͤre ſtund, uͤbergab ſie dem Teufel.
Aber alles half nichts, ſie mußte fort, und was ihr
ganz unbegreiflich vorkam, war dieſes, daß der
Himmel nicht, ihr zu Ehren, mit Donner drein
ſchlug. Jtzt ſitzt ſie, und betet, und ſingt, und
hofft, durch ihre unermuͤdete Andacht es gewiß noch
ſo weit zu bringen, daß den Herren des Parlaments
die Zungen im Halſe verdorren ſollen; denn der
Herr, ſpricht ſie, verlaͤßt die Seinen nicht. Drey
Tage hinter einander haben die Nachbarn ihrer Gaſſe
Freudenfeuer angezuͤndet, uud es iſt ſo lebhaft darin-
nen, als ſonſt niemals. Der Preis der Miethen
ſteigt; nur in ihrem Hauſe getraut ſich noch niemand
zu wohnen.
So bald der muthige Knabe, Jacob Halley,
Swifts Tod erfuhr, und hoͤrte, daß man ſein Teſta-
ment oͤffnete: So meldete er ſich, und uͤbergab den
verſiegelten Brief; in der gewiſſen Hoffnung, eine rei-
che Belohnung ſeines Witzes zu erlangen. Man
oͤffnete ihn in ſeiner Gegenwart, und fand folgendes
darinnen:
„Das Parlament wird von mir Endesunter-
„zeichneten erſucht, ſich der Perſon des Jacob Hal-
„ley, der ihnen dieſes Schreiben verſiegelt einhaͤndi-
„gen wird, zu verſichern. Man wird aus meinem
„Codicille geſehen haben, wie groß die Bosheit
„dieſes Juͤnglings ſchon itzt iſt, und ich uͤberlaſſe
„der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/264 |
Zitationshilfe: | [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/264>, abgerufen am 16.07.2024. |