[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.Von Swifts letztem Willen. heit nicht entschuldige, daß ein Jüngling, wel-cher frech genug sey, seiner Lehrer zu spotten, in seinen ältern Jahren gemeiniglich das Unglück habe, als ein Rebell zu sterben, und daß die Spötterey eines Jünglings nicht witzig seyn könne, so lange dessen Herz boshaft sey. Dieser Vorwurf schmerzte ihn darum, weil er ihn nicht verdiente, denn nur seine redliche Freymüthigkeit, sagte er, erweckte die Milz seiner Lehrer, und er tadelte nicht die Person seiner Lehrer, sondern nur ihre Thorheiten wären ihm lä- cherlich, und er würde nicht aufhören, zu sagen, daß sie Narren wären, so lange es noch jemanden gäbe, der die Wahrheiten hören wollte. Man kann glau- ben, daß ich über die Verwegenheit dieses jungen Menschen ganz erstaunt war, und weil er versprach mir noch mit mehrern Narren zu dienen, wenn ich es verlangen sollte, so hielt ich es für dienlich, ihn mit einer verstellten Gelassenheit zu versichern, daß ich mir seinen Eifer zu Nutze machen, und solche Veranstaltungen treffen wollte, daß des Vaterlands Bestes beobachtet werden, und er die billigste Beloh- nung dafür erlangen sollte. Jch habe ihm einen ver- siegelten Brief gegeben, welchen er, nach meinem Tode, den Vorstehern des Testaments selbst einhändigen soll. Jch ersuche also diese Herren, demjenigen aufs genauste und sonder Verzug nachzukommen, was sie in diesem versiegelten Schrei- ben veranstaltet finden werden. Weil R 2
Von Swifts letztem Willen. heit nicht entſchuldige, daß ein Juͤngling, wel-cher frech genug ſey, ſeiner Lehrer zu ſpotten, in ſeinen aͤltern Jahren gemeiniglich das Ungluͤck habe, als ein Rebell zu ſterben, und daß die Spoͤtterey eines Juͤnglings nicht witzig ſeyn koͤnne, ſo lange deſſen Herz boshaft ſey. Dieſer Vorwurf ſchmerzte ihn darum, weil er ihn nicht verdiente, denn nur ſeine redliche Freymuͤthigkeit, ſagte er, erweckte die Milz ſeiner Lehrer, und er tadelte nicht die Perſon ſeiner Lehrer, ſondern nur ihre Thorheiten waͤren ihm laͤ- cherlich, und er wuͤrde nicht aufhoͤren, zu ſagen, daß ſie Narren waͤren, ſo lange es noch jemanden gaͤbe, der die Wahrheiten hoͤren wollte. Man kann glau- ben, daß ich uͤber die Verwegenheit dieſes jungen Menſchen ganz erſtaunt war, und weil er verſprach mir noch mit mehrern Narren zu dienen, wenn ich es verlangen ſollte, ſo hielt ich es fuͤr dienlich, ihn mit einer verſtellten Gelaſſenheit zu verſichern, daß ich mir ſeinen Eifer zu Nutze machen, und ſolche Veranſtaltungen treffen wollte, daß des Vaterlands Beſtes beobachtet werden, und er die billigſte Beloh- nung dafuͤr erlangen ſollte. Jch habe ihm einen ver- ſiegelten Brief gegeben, welchen er, nach meinem Tode, den Vorſtehern des Teſtaments ſelbſt einhaͤndigen ſoll. Jch erſuche alſo dieſe Herren, demjenigen aufs genauſte und ſonder Verzug nachzukommen, was ſie in dieſem verſiegelten Schrei- ben veranſtaltet finden werden. Weil R 2
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Von Swifts letztem Willen.
heit nicht entſchuldige, daß ein Juͤngling, wel-
cher frech genug ſey, ſeiner Lehrer zu ſpotten, in ſeinen
aͤltern Jahren gemeiniglich das Ungluͤck habe, als
ein Rebell zu ſterben, und daß die Spoͤtterey eines
Juͤnglings nicht witzig ſeyn koͤnne, ſo lange deſſen
Herz boshaft ſey. Dieſer Vorwurf ſchmerzte ihn
darum, weil er ihn nicht verdiente, denn nur ſeine
redliche Freymuͤthigkeit, ſagte er, erweckte die Milz
ſeiner Lehrer, und er tadelte nicht die Perſon ſeiner
Lehrer, ſondern nur ihre Thorheiten waͤren ihm laͤ-
cherlich, und er wuͤrde nicht aufhoͤren, zu ſagen, daß
ſie Narren waͤren, ſo lange es noch jemanden gaͤbe,
der die Wahrheiten hoͤren wollte. Man kann glau-
ben, daß ich uͤber die Verwegenheit dieſes jungen
Menſchen ganz erſtaunt war, und weil er verſprach
mir noch mit mehrern Narren zu dienen, wenn ich
es verlangen ſollte, ſo hielt ich es fuͤr dienlich, ihn
mit einer verſtellten Gelaſſenheit zu verſichern, daß
ich mir ſeinen Eifer zu Nutze machen, und ſolche
Veranſtaltungen treffen wollte, daß des Vaterlands
Beſtes beobachtet werden, und er die billigſte Beloh-
nung dafuͤr erlangen ſollte. Jch habe ihm einen ver-
ſiegelten Brief gegeben, welchen er, nach meinem
Tode, den Vorſtehern des Teſtaments ſelbſt
einhaͤndigen ſoll. Jch erſuche alſo dieſe Herren,
demjenigen aufs genauſte und ſonder Verzug
nachzukommen, was ſie in dieſem verſiegelten Schrei-
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Zitationshilfe: | [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/259>, abgerufen am 16.02.2025. |