sey. Meine Gedanken, welche ich bey Lesung die- ser Vorrede gehabt, sind ungefähr diese.
Jch selbst habe für das Frauenzimmer alle billi- ge Hochachtung; es klingt mir aber ein wenig zu hart, wenn ein Frauenzimmer diese Hochachtung selbst verlangt, und sich auf die ruhige Posseß bezieht, in welcher sie und ihre Vorfahren seit hundert und mehr Jahren gewesen sind.
Da unsre Verfasserinn bey dieser ganzen Strei- tigkeit, nicht bloß als ein Frauenzimmer, sondern als eine Scribentinn anzusehen ist, so hat sie um so viel weniger Ursache, sich auf diese wohl hergebrach- te Hochachtung zu steifen, welche sie von uns aus rühmlichern Gründen verlangen kann. Ein gelehr- tes Frauenzimmer kann diese weiter nicht fodern, als eine gelehrte Mannsperson. Beide können unsre Hochachtung erlangen, wenn ihre Gelehrsamkeit und ihr Witz solche verdienen. Jst dieses nicht; so habe ich schon genug gethan, wenn ich ihnen nicht unhöflich begegne, und ich muß das Recht haben, auf die gelehrten Eitelkeiten und Fehler eines schreibenden Frauenzimmers mit eben der Bitterkeit loszugehen, welche man in gleichem Falle wider die Scribenten männlichen Geschlechts ohne Beleidi- gung des Wohlstands brauchen darf.
Jn meinen Augen verdient kein Stand mehr Ehrfurcht und Hochachtung, als der Stand der
Geist-
Zweyter Theil. L
Noten ohne Text.
ſey. Meine Gedanken, welche ich bey Leſung die- ſer Vorrede gehabt, ſind ungefaͤhr dieſe.
Jch ſelbſt habe fuͤr das Frauenzimmer alle billi- ge Hochachtung; es klingt mir aber ein wenig zu hart, wenn ein Frauenzimmer dieſe Hochachtung ſelbſt verlangt, und ſich auf die ruhige Poſſeß bezieht, in welcher ſie und ihre Vorfahren ſeit hundert und mehr Jahren geweſen ſind.
Da unſre Verfaſſerinn bey dieſer ganzen Strei- tigkeit, nicht bloß als ein Frauenzimmer, ſondern als eine Scribentinn anzuſehen iſt, ſo hat ſie um ſo viel weniger Urſache, ſich auf dieſe wohl hergebrach- te Hochachtung zu ſteifen, welche ſie von uns aus ruͤhmlichern Gruͤnden verlangen kann. Ein gelehr- tes Frauenzimmer kann dieſe weiter nicht fodern, als eine gelehrte Mannsperſon. Beide koͤnnen unſre Hochachtung erlangen, wenn ihre Gelehrſamkeit und ihr Witz ſolche verdienen. Jſt dieſes nicht; ſo habe ich ſchon genug gethan, wenn ich ihnen nicht unhoͤflich begegne, und ich muß das Recht haben, auf die gelehrten Eitelkeiten und Fehler eines ſchreibenden Frauenzimmers mit eben der Bitterkeit loszugehen, welche man in gleichem Falle wider die Scribenten maͤnnlichen Geſchlechts ohne Beleidi- gung des Wohlſtands brauchen darf.
Jn meinen Augen verdient kein Stand mehr Ehrfurcht und Hochachtung, als der Stand der
Geiſt-
Zweyter Theil. L
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Noten ohne Text.
ſey. Meine Gedanken, welche ich bey Leſung die-
ſer Vorrede gehabt, ſind ungefaͤhr dieſe.
Jch ſelbſt habe fuͤr das Frauenzimmer alle billi-
ge Hochachtung; es klingt mir aber ein wenig zu
hart, wenn ein Frauenzimmer dieſe Hochachtung
ſelbſt verlangt, und ſich auf die ruhige Poſſeß bezieht,
in welcher ſie und ihre Vorfahren ſeit hundert und
mehr Jahren geweſen ſind.
Da unſre Verfaſſerinn bey dieſer ganzen Strei-
tigkeit, nicht bloß als ein Frauenzimmer, ſondern
als eine Scribentinn anzuſehen iſt, ſo hat ſie um ſo
viel weniger Urſache, ſich auf dieſe wohl hergebrach-
te Hochachtung zu ſteifen, welche ſie von uns aus
ruͤhmlichern Gruͤnden verlangen kann. Ein gelehr-
tes Frauenzimmer kann dieſe weiter nicht fodern, als
eine gelehrte Mannsperſon. Beide koͤnnen unſre
Hochachtung erlangen, wenn ihre Gelehrſamkeit
und ihr Witz ſolche verdienen. Jſt dieſes nicht;
ſo habe ich ſchon genug gethan, wenn ich ihnen nicht
unhoͤflich begegne, und ich muß das Recht haben,
auf die gelehrten Eitelkeiten und Fehler eines
ſchreibenden Frauenzimmers mit eben der Bitterkeit
loszugehen, welche man in gleichem Falle wider die
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/161>, abgerufen am 15.08.2024.
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