Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

von den abgeschiednen Seelen.
ihnen nicht erlauben wollte, Ferngläser zu brauchen,
oder wenn ich so pedantisch wäre, und ihnen ver-
wehrte, zu trällern, und zu pfeifen! Nein, das sey
fern! Sie sollen trällern! Sie sollen pfeifen! und
Celinde kann freudig sterben, so bald es ihr gefällt,
denn sie soll auch ihren Mops mit nehmen!

Nunmehr wäre der erste Zweifel gründlich und
muthig aus dem Wege geräumt, und es fehlt dieser
Erläuterung nichts weiter, als daß ich entweder
schimpfe, oder vier berühmte Buchstaben dazu setze,
durch deren magische Kraft man aus nichts et-
was machen kann; so müßte sie auch für einen ge-
lehrten Beweis gelten. Es wird mich bey weitem
so viel Mühe nicht kosten, die andern Freyheiten zu
entschuldigen, welche ich mir genommen habe. Jch
habe es gewagt, die Seelen einiger Ausländer in un-
sre Gegend zu bannen. Jch habe Grund dazu.
Wenn es wahr ist, daß die Seelen nach ihrem Ab-
schiede aus diesem Leben, dasjenige am liebsten thun,
womit sie sich in der Welt am meisten beschäfftigt
haben: So muß folgen, daß die deutschen Seelen
in fremde Länder, und fremde Seelen in unser Land
kommen. Unser gelehrter Herr Professor Quin-
tus Calpurnius,
dessen gründliche Noten und
edirte Schriftsteller ihn wenigstens auf drey Jahre
verewigt haben, wallt zwar dem Leibe nach unter
uns deutschem Pöbel, aber man merkt es ihm an den
Augen, an seinen Gesprächen, und an seiner ganzen
Aufführung an, daß seine Seele weit von hier ist;
und ich müßte mich sehr irren, wenn sie nicht so
gleich nach ihrer Auflösung vom Körper unter die

ver-

von den abgeſchiednen Seelen.
ihnen nicht erlauben wollte, Fernglaͤſer zu brauchen,
oder wenn ich ſo pedantiſch waͤre, und ihnen ver-
wehrte, zu traͤllern, und zu pfeifen! Nein, das ſey
fern! Sie ſollen traͤllern! Sie ſollen pfeifen! und
Celinde kann freudig ſterben, ſo bald es ihr gefaͤllt,
denn ſie ſoll auch ihren Mops mit nehmen!

Nunmehr waͤre der erſte Zweifel gruͤndlich und
muthig aus dem Wege geraͤumt, und es fehlt dieſer
Erlaͤuterung nichts weiter, als daß ich entweder
ſchimpfe, oder vier beruͤhmte Buchſtaben dazu ſetze,
durch deren magiſche Kraft man aus nichts et-
was machen kann; ſo muͤßte ſie auch fuͤr einen ge-
lehrten Beweis gelten. Es wird mich bey weitem
ſo viel Muͤhe nicht koſten, die andern Freyheiten zu
entſchuldigen, welche ich mir genommen habe. Jch
habe es gewagt, die Seelen einiger Auslaͤnder in un-
ſre Gegend zu bannen. Jch habe Grund dazu.
Wenn es wahr iſt, daß die Seelen nach ihrem Ab-
ſchiede aus dieſem Leben, dasjenige am liebſten thun,
womit ſie ſich in der Welt am meiſten beſchaͤfftigt
haben: So muß folgen, daß die deutſchen Seelen
in fremde Laͤnder, und fremde Seelen in unſer Land
kommen. Unſer gelehrter Herr Profeſſor Quin-
tus Calpurnius,
deſſen gruͤndliche Noten und
edirte Schriftſteller ihn wenigſtens auf drey Jahre
verewigt haben, wallt zwar dem Leibe nach unter
uns deutſchem Poͤbel, aber man merkt es ihm an den
Augen, an ſeinen Geſpraͤchen, und an ſeiner ganzen
Auffuͤhrung an, daß ſeine Seele weit von hier iſt;
und ich muͤßte mich ſehr irren, wenn ſie nicht ſo
gleich nach ihrer Aufloͤſung vom Koͤrper unter die

ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0015" n="15"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von den abge&#x017F;chiednen Seelen.</hi></fw><lb/>
ihnen nicht erlauben wollte, Ferngla&#x0364;&#x017F;er zu brauchen,<lb/>
oder wenn ich &#x017F;o pedanti&#x017F;ch wa&#x0364;re, und ihnen ver-<lb/>
wehrte, zu tra&#x0364;llern, und zu pfeifen! Nein, das &#x017F;ey<lb/>
fern! Sie &#x017F;ollen tra&#x0364;llern! Sie &#x017F;ollen pfeifen! und<lb/>
Celinde kann freudig &#x017F;terben, &#x017F;o bald es ihr gefa&#x0364;llt,<lb/>
denn &#x017F;ie &#x017F;oll auch ihren Mops mit nehmen!</p><lb/>
        <p>Nunmehr wa&#x0364;re der er&#x017F;te Zweifel gru&#x0364;ndlich und<lb/>
muthig aus dem Wege gera&#x0364;umt, und es fehlt die&#x017F;er<lb/>
Erla&#x0364;uterung nichts weiter, als daß ich entweder<lb/>
&#x017F;chimpfe, oder vier beru&#x0364;hmte Buch&#x017F;taben dazu &#x017F;etze,<lb/>
durch deren magi&#x017F;che Kraft man aus nichts et-<lb/>
was machen kann; &#x017F;o mu&#x0364;ßte &#x017F;ie auch fu&#x0364;r einen ge-<lb/>
lehrten Beweis gelten. Es wird mich bey weitem<lb/>
&#x017F;o viel Mu&#x0364;he nicht ko&#x017F;ten, die andern Freyheiten zu<lb/>
ent&#x017F;chuldigen, welche ich mir genommen habe. Jch<lb/>
habe es gewagt, die Seelen einiger Ausla&#x0364;nder in un-<lb/>
&#x017F;re Gegend zu bannen. Jch habe Grund dazu.<lb/>
Wenn es wahr i&#x017F;t, daß die Seelen nach ihrem Ab-<lb/>
&#x017F;chiede aus die&#x017F;em Leben, dasjenige am lieb&#x017F;ten thun,<lb/>
womit &#x017F;ie &#x017F;ich in der Welt am mei&#x017F;ten be&#x017F;cha&#x0364;fftigt<lb/>
haben: So muß folgen, daß die deut&#x017F;chen Seelen<lb/>
in fremde La&#x0364;nder, und fremde Seelen in un&#x017F;er Land<lb/>
kommen. Un&#x017F;er gelehrter Herr Profe&#x017F;&#x017F;or <hi rendition="#fr">Quin-<lb/>
tus Calpurnius,</hi> de&#x017F;&#x017F;en gru&#x0364;ndliche Noten und<lb/>
edirte Schrift&#x017F;teller ihn wenig&#x017F;tens auf drey Jahre<lb/>
verewigt haben, wallt zwar dem Leibe nach unter<lb/>
uns deut&#x017F;chem Po&#x0364;bel, aber man merkt es ihm an den<lb/>
Augen, an &#x017F;einen Ge&#x017F;pra&#x0364;chen, und an &#x017F;einer ganzen<lb/>
Auffu&#x0364;hrung an, daß &#x017F;eine Seele weit von hier i&#x017F;t;<lb/>
und ich mu&#x0364;ßte mich &#x017F;ehr irren, wenn &#x017F;ie nicht &#x017F;o<lb/>
gleich nach ihrer Auflo&#x0364;&#x017F;ung vom Ko&#x0364;rper unter die<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ver-</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0015] von den abgeſchiednen Seelen. ihnen nicht erlauben wollte, Fernglaͤſer zu brauchen, oder wenn ich ſo pedantiſch waͤre, und ihnen ver- wehrte, zu traͤllern, und zu pfeifen! Nein, das ſey fern! Sie ſollen traͤllern! Sie ſollen pfeifen! und Celinde kann freudig ſterben, ſo bald es ihr gefaͤllt, denn ſie ſoll auch ihren Mops mit nehmen! Nunmehr waͤre der erſte Zweifel gruͤndlich und muthig aus dem Wege geraͤumt, und es fehlt dieſer Erlaͤuterung nichts weiter, als daß ich entweder ſchimpfe, oder vier beruͤhmte Buchſtaben dazu ſetze, durch deren magiſche Kraft man aus nichts et- was machen kann; ſo muͤßte ſie auch fuͤr einen ge- lehrten Beweis gelten. Es wird mich bey weitem ſo viel Muͤhe nicht koſten, die andern Freyheiten zu entſchuldigen, welche ich mir genommen habe. Jch habe es gewagt, die Seelen einiger Auslaͤnder in un- ſre Gegend zu bannen. Jch habe Grund dazu. Wenn es wahr iſt, daß die Seelen nach ihrem Ab- ſchiede aus dieſem Leben, dasjenige am liebſten thun, womit ſie ſich in der Welt am meiſten beſchaͤfftigt haben: So muß folgen, daß die deutſchen Seelen in fremde Laͤnder, und fremde Seelen in unſer Land kommen. Unſer gelehrter Herr Profeſſor Quin- tus Calpurnius, deſſen gruͤndliche Noten und edirte Schriftſteller ihn wenigſtens auf drey Jahre verewigt haben, wallt zwar dem Leibe nach unter uns deutſchem Poͤbel, aber man merkt es ihm an den Augen, an ſeinen Geſpraͤchen, und an ſeiner ganzen Auffuͤhrung an, daß ſeine Seele weit von hier iſt; und ich muͤßte mich ſehr irren, wenn ſie nicht ſo gleich nach ihrer Aufloͤſung vom Koͤrper unter die ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/15
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/15>, abgerufen am 25.11.2024.