Das Ansehen dieses großen Dichters schützt uns wi- der alle Vorwürfe. Es ist zwar allerdings, wie Horaz uns warnet, sehr gefährlich, dem Pindar nachzuahmen, aber nur in diesem Stücke nicht. Denn, sind wir nicht so feurig, wie Pindar, so sind wir doch wenigstens eben so geldgierig! Man sage ja nicht, daß ich mich an so berühmte Leute des Alterthums wohl aus andern Ursachen, als wegen ihrer Fehler, errinnern könnte. Es geschieht gar nicht, dieselben zu verkleinern, sondern die großen Beyspiele unsrer Zeiten durch andre große Bey- spiele zu rechtfertigen, und dadurch zu zeigen, wie sehr sich bereits die meisten meiner Landsleute den Alten genähert haben. Es ist überdieses noch zu erweisen, ob das Verlangen nach einer verdienten Belohnung ein Fehler ist. Jch glaube es nicht, und kenne, zu meiner Beruhigung, Leute genug, welche meiner Meynuug sind.
Ohne eigennützige Absichten, ohne Vor- urtheil, bloß zur Beförderung des gemein- schaftlichen Wohls und zur Aufnahme der schönen Wissenschaften) Eine jede Znnft der Gelehrten, und derer, welche sich zu den Gelehrten rechnen, hat ihre gewissen Formeln, unter welchen sie ihre wahre Absichten zu verbergen weis. So viel ich Quacksalber gehört habe: So viele haben auch
versi-
Hinkmars von Repkow
„einen Mann! Du biſt ein kluger Mann! Xeno- „krates, du wirſt mich verſtehen!
Das Anſehen dieſes großen Dichters ſchuͤtzt uns wi- der alle Vorwuͤrfe. Es iſt zwar allerdings, wie Horaz uns warnet, ſehr gefaͤhrlich, dem Pindar nachzuahmen, aber nur in dieſem Stuͤcke nicht. Denn, ſind wir nicht ſo feurig, wie Pindar, ſo ſind wir doch wenigſtens eben ſo geldgierig! Man ſage ja nicht, daß ich mich an ſo beruͤhmte Leute des Alterthums wohl aus andern Urſachen, als wegen ihrer Fehler, errinnern koͤnnte. Es geſchieht gar nicht, dieſelben zu verkleinern, ſondern die großen Beyſpiele unſrer Zeiten durch andre große Bey- ſpiele zu rechtfertigen, und dadurch zu zeigen, wie ſehr ſich bereits die meiſten meiner Landsleute den Alten genaͤhert haben. Es iſt uͤberdieſes noch zu erweiſen, ob das Verlangen nach einer verdienten Belohnung ein Fehler iſt. Jch glaube es nicht, und kenne, zu meiner Beruhigung, Leute genug, welche meiner Meynuug ſind.
Ohne eigennuͤtzige Abſichten, ohne Vor- urtheil, bloß zur Befoͤrderung des gemein- ſchaftlichen Wohls und zur Aufnahme der ſchoͤnen Wiſſenſchaften) Eine jede Znnft der Gelehrten, und derer, welche ſich zu den Gelehrten rechnen, hat ihre gewiſſen Formeln, unter welchen ſie ihre wahre Abſichten zu verbergen weis. So viel ich Quackſalber gehoͤrt habe: So viele haben auch
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Hinkmars von Repkow
„einen Mann! Du biſt ein kluger Mann! Xeno-
„krates, du wirſt mich verſtehen!
Feruet, immenſusque ruit profundo
Pindarus ore
Laurea donandus Apollinari!
Das Anſehen dieſes großen Dichters ſchuͤtzt uns wi-
der alle Vorwuͤrfe. Es iſt zwar allerdings, wie
Horaz uns warnet, ſehr gefaͤhrlich, dem Pindar
nachzuahmen, aber nur in dieſem Stuͤcke nicht.
Denn, ſind wir nicht ſo feurig, wie Pindar, ſo
ſind wir doch wenigſtens eben ſo geldgierig! Man
ſage ja nicht, daß ich mich an ſo beruͤhmte Leute des
Alterthums wohl aus andern Urſachen, als wegen
ihrer Fehler, errinnern koͤnnte. Es geſchieht gar
nicht, dieſelben zu verkleinern, ſondern die großen
Beyſpiele unſrer Zeiten durch andre große Bey-
ſpiele zu rechtfertigen, und dadurch zu zeigen, wie
ſehr ſich bereits die meiſten meiner Landsleute den
Alten genaͤhert haben. Es iſt uͤberdieſes noch zu
erweiſen, ob das Verlangen nach einer verdienten
Belohnung ein Fehler iſt. Jch glaube es nicht,
und kenne, zu meiner Beruhigung, Leute genug,
welche meiner Meynuug ſind.
Ohne eigennuͤtzige Abſichten, ohne Vor-
urtheil, bloß zur Befoͤrderung des gemein-
ſchaftlichen Wohls und zur Aufnahme der
ſchoͤnen Wiſſenſchaften) Eine jede Znnft der
Gelehrten, und derer, welche ſich zu den Gelehrten
rechnen, hat ihre gewiſſen Formeln, unter welchen
ſie ihre wahre Abſichten zu verbergen weis. So
viel ich Quackſalber gehoͤrt habe: So viele haben auch
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 2. Leipzig, 1751, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung02_1751/132>, abgerufen am 16.02.2025.
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