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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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Vorbericht.
gen Frauenzimmern sehr vertraut bin, so hatte ich
koum von dem Charakter der Fa ** die erste halbe Zei-
le gesehen, daß sie schön wäre, so wußte ich den Au-
genblick, daß Sie die Mademoiselle ** meynten.
Es ist andem, daß sie sich sehr gern lobt. Jch darf
nur anfangen, ihr etwas von der neuen Art zu sa-
gen, auf die ich meine Haare frisiren lasse, so redet
sie gleich von einer neuen Mode, die sie erfunden ha-
ben will. Man kann vor ihrem Eigenlobe nicht
zum Worte kommen. Wenns ich ihr einige galante
Schmeicheleyen sagen wollen, so ist sie oft so unver-
schämt gewesen, und hat zu mir gesagt: Jch hätte
vollkommen recht, und sagte nur noch zu wenig. Und
ma foi ich sagte ihr so viel, daß sie hätte sollen roth
werden. Habe ich da nicht stumm werden müssen?
Kurz; sie haben sie nach dem Leben gezeichnet.
Die Madame ***, die vorzeiten verbuhlt, und allzu
galant gewesen, ist doch die Madame ** in der **
Straße? Habe ich nicht recht? Wahrhaftig Sie sind
in Charakteren sehr glücklich. Jch bin,

Mein Herr Jüngling,
den 4. May
1747.
der Jhrige
Jacob Flink.
Herr

Vorbericht.
gen Frauenzimmern ſehr vertraut bin, ſo hatte ich
koum von dem Charakter der Fa ** die erſte halbe Zei-
le geſehen, daß ſie ſchoͤn waͤre, ſo wußte ich den Au-
genblick, daß Sie die Mademoiſelle ** meynten.
Es iſt andem, daß ſie ſich ſehr gern lobt. Jch darf
nur anfangen, ihr etwas von der neuen Art zu ſa-
gen, auf die ich meine Haare friſiren laſſe, ſo redet
ſie gleich von einer neuen Mode, die ſie erfunden ha-
ben will. Man kann vor ihrem Eigenlobe nicht
zum Worte kommen. Wenns ich ihr einige galante
Schmeicheleyen ſagen wollen, ſo iſt ſie oft ſo unver-
ſchaͤmt geweſen, und hat zu mir geſagt: Jch haͤtte
vollkommen recht, und ſagte nur noch zu wenig. Und
ma foi ich ſagte ihr ſo viel, daß ſie haͤtte ſollen roth
werden. Habe ich da nicht ſtumm werden muͤſſen?
Kurz; ſie haben ſie nach dem Leben gezeichnet.
Die Madame ***, die vorzeiten verbuhlt, und allzu
galant geweſen, iſt doch die Madame ** in der **
Straße? Habe ich nicht recht? Wahrhaftig Sie ſind
in Charakteren ſehr gluͤcklich. Jch bin,

Mein Herr Juͤngling,
den 4. May
1747.
der Jhrige
Jacob Flink.
Herr
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[60/0060] Vorbericht. gen Frauenzimmern ſehr vertraut bin, ſo hatte ich koum von dem Charakter der Fa ** die erſte halbe Zei- le geſehen, daß ſie ſchoͤn waͤre, ſo wußte ich den Au- genblick, daß Sie die Mademoiſelle ** meynten. Es iſt andem, daß ſie ſich ſehr gern lobt. Jch darf nur anfangen, ihr etwas von der neuen Art zu ſa- gen, auf die ich meine Haare friſiren laſſe, ſo redet ſie gleich von einer neuen Mode, die ſie erfunden ha- ben will. Man kann vor ihrem Eigenlobe nicht zum Worte kommen. Wenns ich ihr einige galante Schmeicheleyen ſagen wollen, ſo iſt ſie oft ſo unver- ſchaͤmt geweſen, und hat zu mir geſagt: Jch haͤtte vollkommen recht, und ſagte nur noch zu wenig. Und ma foi ich ſagte ihr ſo viel, daß ſie haͤtte ſollen roth werden. Habe ich da nicht ſtumm werden muͤſſen? Kurz; ſie haben ſie nach dem Leben gezeichnet. Die Madame ***, die vorzeiten verbuhlt, und allzu galant geweſen, iſt doch die Madame ** in der ** Straße? Habe ich nicht recht? Wahrhaftig Sie ſind in Charakteren ſehr gluͤcklich. Jch bin, Mein Herr Juͤngling, den 4. May 1747. der Jhrige Jacob Flink. Herr

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/60>, abgerufen am 24.11.2024.