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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

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Vorbericht.
hat sich das Gebot auferlegt, allen zu schmeicheln;
denn das ist itzt das einträglichste Gewerbe. Er
macht aus Narren Unsinnige. Wo er hinkömmt,
läuft ihm alles entgegen, Köche, Weinschenken,
Gastwirthe und Zuckerbecker. Sie grüssen ihn;
sie stellen ihm zu Ehren eine Gasterey an, und wün-
schen ihm zu seiner Ankunft Glück. Man sehe, was
der Müßiggang und fremdes Brod thun kann.
Hat Herr G ** nicht einen ganz neuen Weg zu sei-
nem Glücke gefunden?

Die Mademoiselle *** zieht einen Handschuh
ab, uns eine schöne Hand zu zeigen, und sie vergißt
es nicht, einen ganz kleinen Schuh zu entdecken, der
einen kleinen Fuß voraus setzt. Sie lacht über lu-
stige oder ernsthafte Dinge, um schöne Zähne zu ver-
rathen; wenn sie ihr Ohr sehen läßt, so bedeutet sol-
ches das, daß es schön ist, und wenn sie niemals
tanzt, so kommt es daher, daß sie, mit ihrer Gestalt
wegen ihrer Dicke unzufrieden zu seyn, Ursache hat.
Sie kennt alle ihre Vortheile, einen einzigen ausge-
nommen; die Mademoiselle *** redet beständig und
hat keinen Verstand.

Was? Der Madaine *** sollte ein einziger
Mann genug seyn? Gewiß; nur ein Mann ist für
die Madame *** zu wenig. Man wird sie eher

dazu

Vorbericht.
hat ſich das Gebot auferlegt, allen zu ſchmeicheln;
denn das iſt itzt das eintraͤglichſte Gewerbe. Er
macht aus Narren Unſinnige. Wo er hinkoͤmmt,
laͤuft ihm alles entgegen, Koͤche, Weinſchenken,
Gaſtwirthe und Zuckerbecker. Sie gruͤſſen ihn;
ſie ſtellen ihm zu Ehren eine Gaſterey an, und wuͤn-
ſchen ihm zu ſeiner Ankunft Gluͤck. Man ſehe, was
der Muͤßiggang und fremdes Brod thun kann.
Hat Herr G ** nicht einen ganz neuen Weg zu ſei-
nem Gluͤcke gefunden?

Die Mademoiſelle *** zieht einen Handſchuh
ab, uns eine ſchoͤne Hand zu zeigen, und ſie vergißt
es nicht, einen ganz kleinen Schuh zu entdecken, der
einen kleinen Fuß voraus ſetzt. Sie lacht uͤber lu-
ſtige oder ernſthafte Dinge, um ſchoͤne Zaͤhne zu ver-
rathen; wenn ſie ihr Ohr ſehen laͤßt, ſo bedeutet ſol-
ches das, daß es ſchoͤn iſt, und wenn ſie niemals
tanzt, ſo kommt es daher, daß ſie, mit ihrer Geſtalt
wegen ihrer Dicke unzufrieden zu ſeyn, Urſache hat.
Sie kennt alle ihre Vortheile, einen einzigen ausge-
nommen; die Mademoiſelle *** redet beſtaͤndig und
hat keinen Verſtand.

Was? Der Madaine *** ſollte ein einziger
Mann genug ſeyn? Gewiß; nur ein Mann iſt fuͤr
die Madame *** zu wenig. Man wird ſie eher

dazu
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[52/0052] Vorbericht. hat ſich das Gebot auferlegt, allen zu ſchmeicheln; denn das iſt itzt das eintraͤglichſte Gewerbe. Er macht aus Narren Unſinnige. Wo er hinkoͤmmt, laͤuft ihm alles entgegen, Koͤche, Weinſchenken, Gaſtwirthe und Zuckerbecker. Sie gruͤſſen ihn; ſie ſtellen ihm zu Ehren eine Gaſterey an, und wuͤn- ſchen ihm zu ſeiner Ankunft Gluͤck. Man ſehe, was der Muͤßiggang und fremdes Brod thun kann. Hat Herr G ** nicht einen ganz neuen Weg zu ſei- nem Gluͤcke gefunden? Die Mademoiſelle *** zieht einen Handſchuh ab, uns eine ſchoͤne Hand zu zeigen, und ſie vergißt es nicht, einen ganz kleinen Schuh zu entdecken, der einen kleinen Fuß voraus ſetzt. Sie lacht uͤber lu- ſtige oder ernſthafte Dinge, um ſchoͤne Zaͤhne zu ver- rathen; wenn ſie ihr Ohr ſehen laͤßt, ſo bedeutet ſol- ches das, daß es ſchoͤn iſt, und wenn ſie niemals tanzt, ſo kommt es daher, daß ſie, mit ihrer Geſtalt wegen ihrer Dicke unzufrieden zu ſeyn, Urſache hat. Sie kennt alle ihre Vortheile, einen einzigen ausge- nommen; die Mademoiſelle *** redet beſtaͤndig und hat keinen Verſtand. Was? Der Madaine *** ſollte ein einziger Mann genug ſeyn? Gewiß; nur ein Mann iſt fuͤr die Madame *** zu wenig. Man wird ſie eher dazu

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Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/52>, abgerufen am 24.11.2024.