für den Pöbel schreiben; ob sie gleich die Sprache des Pöbels reden.
Viele gehen in ihrem Eifer, das Lächerliche der Menschen zu zeigen, gar zu weit, und verschonen keinen Stand. Es ist wahr, es giebt in allen Stän- den Thoren; aber die Klugheit erfodert, daß man nicht alle tadle, ich werde sonst durch meine Ueberei- lung mehr schaden, als ich durch meine billigsten Absichten nutzen kann. Der Verwegenheit derer will ich gar nicht gedenken, welche mit ihrem Frevel bis an den Thron des Fürsten dringen, und die Aufführung der Obern verhaßt, oder lächerlich ma- chen wollen. Jst es nicht ein innerlicher Hoch- muth, daß sie in ihrem finstern Winkel schärfer zu sehen glauben, als diejenigen, welche den Zusammen- hang des Ganzen vor Augen haben; so ist es doch ein übereilter Eifer, der sich mit nichts entschuldi- gen läßt. Sie haben selbst noch nicht gelernt, gute Unterthanen zu seyn; wie können wir von ihnen erwarten, daß sie uns die Pflichten eines vernünftigen Bürgers lehren sollen? Es giebt andre Stände, wel- che zwar so heilig nicht sind, daß es ein Verbrechen wäre, das Lächerliche an ihren Fehlern zu entdecken; bey denen aber doch die Billigkeit erfodert, daß man es mit vieler Mäßigung thue. Jch rechne
darun-
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Vorbericht.
fuͤr den Poͤbel ſchreiben; ob ſie gleich die Sprache des Poͤbels reden.
Viele gehen in ihrem Eifer, das Laͤcherliche der Menſchen zu zeigen, gar zu weit, und verſchonen keinen Stand. Es iſt wahr, es giebt in allen Staͤn- den Thoren; aber die Klugheit erfodert, daß man nicht alle tadle, ich werde ſonſt durch meine Ueberei- lung mehr ſchaden, als ich durch meine billigſten Abſichten nutzen kann. Der Verwegenheit derer will ich gar nicht gedenken, welche mit ihrem Frevel bis an den Thron des Fuͤrſten dringen, und die Auffuͤhrung der Obern verhaßt, oder laͤcherlich ma- chen wollen. Jſt es nicht ein innerlicher Hoch- muth, daß ſie in ihrem finſtern Winkel ſchaͤrfer zu ſehen glauben, als diejenigen, welche den Zuſammen- hang des Ganzen vor Augen haben; ſo iſt es doch ein uͤbereilter Eifer, der ſich mit nichts entſchuldi- gen laͤßt. Sie haben ſelbſt noch nicht gelernt, gute Unterthanen zu ſeyn; wie koͤnnen wir von ihnen erwarten, daß ſie uns die Pflichten eines vernuͤnftigen Buͤrgers lehren ſollen? Es giebt andre Staͤnde, wel- che zwar ſo heilig nicht ſind, daß es ein Verbrechen waͤre, das Laͤcherliche an ihren Fehlern zu entdecken; bey denen aber doch die Billigkeit erfodert, daß man es mit vieler Maͤßigung thue. Jch rechne
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Vorbericht.
fuͤr den Poͤbel ſchreiben; ob ſie gleich die Sprache
des Poͤbels reden.
Viele gehen in ihrem Eifer, das Laͤcherliche der
Menſchen zu zeigen, gar zu weit, und verſchonen
keinen Stand. Es iſt wahr, es giebt in allen Staͤn-
den Thoren; aber die Klugheit erfodert, daß man
nicht alle tadle, ich werde ſonſt durch meine Ueberei-
lung mehr ſchaden, als ich durch meine billigſten
Abſichten nutzen kann. Der Verwegenheit derer
will ich gar nicht gedenken, welche mit ihrem Frevel
bis an den Thron des Fuͤrſten dringen, und die
Auffuͤhrung der Obern verhaßt, oder laͤcherlich ma-
chen wollen. Jſt es nicht ein innerlicher Hoch-
muth, daß ſie in ihrem finſtern Winkel ſchaͤrfer zu
ſehen glauben, als diejenigen, welche den Zuſammen-
hang des Ganzen vor Augen haben; ſo iſt es doch
ein uͤbereilter Eifer, der ſich mit nichts entſchuldi-
gen laͤßt. Sie haben ſelbſt noch nicht gelernt, gute
Unterthanen zu ſeyn; wie koͤnnen wir von ihnen
erwarten, daß ſie uns die Pflichten eines vernuͤnftigen
Buͤrgers lehren ſollen? Es giebt andre Staͤnde, wel-
che zwar ſo heilig nicht ſind, daß es ein Verbrechen
waͤre, das Laͤcherliche an ihren Fehlern zu entdecken;
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/21>, abgerufen am 16.07.2024.
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