Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorbericht.
für den Pöbel schreiben; ob sie gleich die Sprache
des Pöbels reden.

Viele gehen in ihrem Eifer, das Lächerliche der
Menschen zu zeigen, gar zu weit, und verschonen
keinen Stand. Es ist wahr, es giebt in allen Stän-
den Thoren; aber die Klugheit erfodert, daß man
nicht alle tadle, ich werde sonst durch meine Ueberei-
lung mehr schaden, als ich durch meine billigsten
Absichten nutzen kann. Der Verwegenheit derer
will ich gar nicht gedenken, welche mit ihrem Frevel
bis an den Thron des Fürsten dringen, und die
Aufführung der Obern verhaßt, oder lächerlich ma-
chen wollen. Jst es nicht ein innerlicher Hoch-
muth, daß sie in ihrem finstern Winkel schärfer zu
sehen glauben, als diejenigen, welche den Zusammen-
hang des Ganzen vor Augen haben; so ist es doch
ein übereilter Eifer, der sich mit nichts entschuldi-
gen läßt. Sie haben selbst noch nicht gelernt, gute
Unterthanen zu seyn; wie können wir von ihnen
erwarten, daß sie uns die Pflichten eines vernünftigen
Bürgers lehren sollen? Es giebt andre Stände, wel-
che zwar so heilig nicht sind, daß es ein Verbrechen
wäre, das Lächerliche an ihren Fehlern zu entdecken;
bey denen aber doch die Billigkeit erfodert, daß
man es mit vieler Mäßigung thue. Jch rechne

darun-
b 3

Vorbericht.
fuͤr den Poͤbel ſchreiben; ob ſie gleich die Sprache
des Poͤbels reden.

Viele gehen in ihrem Eifer, das Laͤcherliche der
Menſchen zu zeigen, gar zu weit, und verſchonen
keinen Stand. Es iſt wahr, es giebt in allen Staͤn-
den Thoren; aber die Klugheit erfodert, daß man
nicht alle tadle, ich werde ſonſt durch meine Ueberei-
lung mehr ſchaden, als ich durch meine billigſten
Abſichten nutzen kann. Der Verwegenheit derer
will ich gar nicht gedenken, welche mit ihrem Frevel
bis an den Thron des Fuͤrſten dringen, und die
Auffuͤhrung der Obern verhaßt, oder laͤcherlich ma-
chen wollen. Jſt es nicht ein innerlicher Hoch-
muth, daß ſie in ihrem finſtern Winkel ſchaͤrfer zu
ſehen glauben, als diejenigen, welche den Zuſammen-
hang des Ganzen vor Augen haben; ſo iſt es doch
ein uͤbereilter Eifer, der ſich mit nichts entſchuldi-
gen laͤßt. Sie haben ſelbſt noch nicht gelernt, gute
Unterthanen zu ſeyn; wie koͤnnen wir von ihnen
erwarten, daß ſie uns die Pflichten eines vernuͤnftigen
Buͤrgers lehren ſollen? Es giebt andre Staͤnde, wel-
che zwar ſo heilig nicht ſind, daß es ein Verbrechen
waͤre, das Laͤcherliche an ihren Fehlern zu entdecken;
bey denen aber doch die Billigkeit erfodert, daß
man es mit vieler Maͤßigung thue. Jch rechne

darun-
b 3
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div>
        <p><pb facs="#f0021" n="21"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Vorbericht.</hi></hi></fw><lb/>
fu&#x0364;r den Po&#x0364;bel &#x017F;chreiben; ob &#x017F;ie gleich die Sprache<lb/>
des Po&#x0364;bels reden.</p><lb/>
        <p>Viele gehen in ihrem Eifer, das La&#x0364;cherliche der<lb/>
Men&#x017F;chen zu zeigen, gar zu weit, und ver&#x017F;chonen<lb/>
keinen Stand. Es i&#x017F;t wahr, es giebt in allen Sta&#x0364;n-<lb/>
den Thoren; aber die Klugheit erfodert, daß man<lb/>
nicht alle tadle, ich werde &#x017F;on&#x017F;t durch meine Ueberei-<lb/>
lung mehr &#x017F;chaden, als ich durch meine billig&#x017F;ten<lb/>
Ab&#x017F;ichten nutzen kann. Der Verwegenheit derer<lb/>
will ich gar nicht gedenken, welche mit ihrem Frevel<lb/>
bis an den Thron des Fu&#x0364;r&#x017F;ten dringen, und die<lb/>
Auffu&#x0364;hrung der Obern verhaßt, oder la&#x0364;cherlich ma-<lb/>
chen wollen. J&#x017F;t es nicht ein innerlicher Hoch-<lb/>
muth, daß &#x017F;ie in ihrem fin&#x017F;tern Winkel &#x017F;cha&#x0364;rfer zu<lb/>
&#x017F;ehen glauben, als diejenigen, welche den Zu&#x017F;ammen-<lb/>
hang des Ganzen vor Augen haben; &#x017F;o i&#x017F;t es doch<lb/>
ein u&#x0364;bereilter Eifer, der &#x017F;ich mit nichts ent&#x017F;chuldi-<lb/>
gen la&#x0364;ßt. Sie haben &#x017F;elb&#x017F;t noch nicht gelernt, gute<lb/>
Unterthanen zu &#x017F;eyn; wie ko&#x0364;nnen wir von ihnen<lb/>
erwarten, daß &#x017F;ie uns die Pflichten eines vernu&#x0364;nftigen<lb/>
Bu&#x0364;rgers lehren &#x017F;ollen? Es giebt andre Sta&#x0364;nde, wel-<lb/>
che zwar &#x017F;o heilig nicht &#x017F;ind, daß es ein Verbrechen<lb/>
wa&#x0364;re, das La&#x0364;cherliche an ihren Fehlern zu entdecken;<lb/>
bey denen aber doch die Billigkeit erfodert, daß<lb/>
man es mit vieler Ma&#x0364;ßigung thue. Jch rechne<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">b 3</fw><fw place="bottom" type="catch">darun-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[21/0021] Vorbericht. fuͤr den Poͤbel ſchreiben; ob ſie gleich die Sprache des Poͤbels reden. Viele gehen in ihrem Eifer, das Laͤcherliche der Menſchen zu zeigen, gar zu weit, und verſchonen keinen Stand. Es iſt wahr, es giebt in allen Staͤn- den Thoren; aber die Klugheit erfodert, daß man nicht alle tadle, ich werde ſonſt durch meine Ueberei- lung mehr ſchaden, als ich durch meine billigſten Abſichten nutzen kann. Der Verwegenheit derer will ich gar nicht gedenken, welche mit ihrem Frevel bis an den Thron des Fuͤrſten dringen, und die Auffuͤhrung der Obern verhaßt, oder laͤcherlich ma- chen wollen. Jſt es nicht ein innerlicher Hoch- muth, daß ſie in ihrem finſtern Winkel ſchaͤrfer zu ſehen glauben, als diejenigen, welche den Zuſammen- hang des Ganzen vor Augen haben; ſo iſt es doch ein uͤbereilter Eifer, der ſich mit nichts entſchuldi- gen laͤßt. Sie haben ſelbſt noch nicht gelernt, gute Unterthanen zu ſeyn; wie koͤnnen wir von ihnen erwarten, daß ſie uns die Pflichten eines vernuͤnftigen Buͤrgers lehren ſollen? Es giebt andre Staͤnde, wel- che zwar ſo heilig nicht ſind, daß es ein Verbrechen waͤre, das Laͤcherliche an ihren Fehlern zu entdecken; bey denen aber doch die Billigkeit erfodert, daß man es mit vieler Maͤßigung thue. Jch rechne darun- b 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/21
Zitationshilfe: [Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/21>, abgerufen am 24.11.2024.