Mein herannahendes Alter, und die eigne Er- fahrung werden mich hinlänglich rechtferti- gen, da ich mir vorgenommen habe, auf die bösen Männer eine Lobschrift zu machen. Der Spie- gel erinnert mich, daß es Zeit sey, ernsthaft zu werden. Hat man mir in meinen jungen Jahren mit Vergnü- gen zugehört, wenn ich die unschuldigsten Handlun- gen der Mannspersonen auf eine boshafte Art beur- theilte: So wird man sich gegenwärtige Schrift, als eine öffentliche Ehrenerklärung gefallen lassen; da ich mir die Gewalt anthue, und diejenigen lobe, von denen vielleicht die meisten meiner Mitschwestern glauben, daß sie es am wenigsten verdienen. Ein zwanzigjähriger Ehestand hat mich die Vortrefflich- keit der bösen Männer einsehen gelehrt; und mein Beweis muß überzeugend seyn, weil ich nichts rede, als was ich selbst erfahren habe. Diese Gründe scheinen mir wichtig genug zu seyn; und ich bin ver- sichert, daß der Beruf desjenigen weisen Mundes, welcher vor einiger Zeit auf die bösen Weiber eine Lobrede gehalten hat, wenigstens nicht stärker gewe- sen ist, als der meinige.
Noch etwas muß ich im Voraus erinnern. Fehlt gegenwärtiger Abhandlung die Deutlichkeit, das Feuer, und die Ordnung im Vortrage: So bedenke man nur, daß sie ein Frauenzimmer geschrieben, ein Frauenzimmer, welches das Vorurtheil des Vaters nur in der Küche erzogen, und dem die kluge Vor- sicht eines bösen Mannes alle Mittel benommen,
deut-
Mein herannahendes Alter, und die eigne Er- fahrung werden mich hinlaͤnglich rechtferti- gen, da ich mir vorgenommen habe, auf die boͤſen Maͤnner eine Lobſchrift zu machen. Der Spie- gel erinnert mich, daß es Zeit ſey, ernſthaft zu werden. Hat man mir in meinen jungen Jahren mit Vergnuͤ- gen zugehoͤrt, wenn ich die unſchuldigſten Handlun- gen der Mannsperſonen auf eine boshafte Art beur- theilte: So wird man ſich gegenwaͤrtige Schrift, als eine oͤffentliche Ehrenerklaͤrung gefallen laſſen; da ich mir die Gewalt anthue, und diejenigen lobe, von denen vielleicht die meiſten meiner Mitſchweſtern glauben, daß ſie es am wenigſten verdienen. Ein zwanzigjaͤhriger Eheſtand hat mich die Vortrefflich- keit der boͤſen Maͤnner einſehen gelehrt; und mein Beweis muß uͤberzeugend ſeyn, weil ich nichts rede, als was ich ſelbſt erfahren habe. Dieſe Gruͤnde ſcheinen mir wichtig genug zu ſeyn; und ich bin ver- ſichert, daß der Beruf desjenigen weiſen Mundes, welcher vor einiger Zeit auf die boͤſen Weiber eine Lobrede gehalten hat, wenigſtens nicht ſtaͤrker gewe- ſen iſt, als der meinige.
Noch etwas muß ich im Voraus erinnern. Fehlt gegenwaͤrtiger Abhandlung die Deutlichkeit, das Feuer, und die Ordnung im Vortrage: So bedenke man nur, daß ſie ein Frauenzimmer geſchrieben, ein Frauenzimmer, welches das Vorurtheil des Vaters nur in der Kuͤche erzogen, und dem die kluge Vor- ſicht eines boͤſen Mannes alle Mittel benommen,
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Mein herannahendes Alter, und die eigne Er-
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gen, da ich mir vorgenommen habe, auf die
boͤſen Maͤnner eine Lobſchrift zu machen. Der Spie-
gel erinnert mich, daß es Zeit ſey, ernſthaft zu werden.
Hat man mir in meinen jungen Jahren mit Vergnuͤ-
gen zugehoͤrt, wenn ich die unſchuldigſten Handlun-
gen der Mannsperſonen auf eine boshafte Art beur-
theilte: So wird man ſich gegenwaͤrtige Schrift, als
eine oͤffentliche Ehrenerklaͤrung gefallen laſſen; da
ich mir die Gewalt anthue, und diejenigen lobe, von
denen vielleicht die meiſten meiner Mitſchweſtern
glauben, daß ſie es am wenigſten verdienen. Ein
zwanzigjaͤhriger Eheſtand hat mich die Vortrefflich-
keit der boͤſen Maͤnner einſehen gelehrt; und mein
Beweis muß uͤberzeugend ſeyn, weil ich nichts rede,
als was ich ſelbſt erfahren habe. Dieſe Gruͤnde
ſcheinen mir wichtig genug zu ſeyn; und ich bin ver-
ſichert, daß der Beruf desjenigen weiſen Mundes,
welcher vor einiger Zeit auf die boͤſen Weiber eine
Lobrede gehalten hat, wenigſtens nicht ſtaͤrker gewe-
ſen iſt, als der meinige.
Noch etwas muß ich im Voraus erinnern. Fehlt
gegenwaͤrtiger Abhandlung die Deutlichkeit, das
Feuer, und die Ordnung im Vortrage: So bedenke
man nur, daß ſie ein Frauenzimmer geſchrieben, ein
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nur in der Kuͤche erzogen, und dem die kluge Vor-
ſicht eines boͤſen Mannes alle Mittel benommen,
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[Rabener, Gottlieb Wilhelm]: Sammlung satyrischer Schriften. Bd. 1. Leipzig, 1751, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rabener_sammlung01_1751/135>, abgerufen am 16.02.2025.
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