immer ein sehr gebildeter Mensch gewesen, wenn ihr da unten es auch nicht immer Wort haben wolltet. Und dann, Eduard, studirt man manchmal auch nicht ganz ohne Nutzen für die oder den Neben- menschen -- das Kochbuch."
"Wer es nicht wüßte, daß wir seit lange recht gute, gute Bekannte sind, der müßte das hieraus doch sofort merken," sagte freundlich zierlich Frau Valentine Schaumann, und weder im Salon der Madame Recamier, noch dem der Madame de Stael, noch dem der Frau Varnhagen von Ense, die ihrer Zeit Rahel genannt wurde, konnte etwas Feineres und Besseres mit einem bessern und feinern Lächeln bemerkt werden.
Ich hatte es damit vollständig heraus, daß ich hier am Ort in der Heimath den Fuß zuerst auf einen verzauberten Boden gesetzt habe, auf welchem die Enttäuschungen der Heimkehr doch vielleicht noch einem rechten, echten, wahrhaftigen, wirklichen Heimathsbe- hagen Raum geben konnten. Nach zehn Minuten einer Unterhaltung, die sich nur auf unser Wieder- aneinanderherantreten bezog und garnichts Bemerkens- werthes an sich hatte, wollte uns die Frau verlassen und ins Haus gehen, dem Gatten verständnißvoll zu- nickend, nachdem Stopfkuchen gesagt hatte:
"Du Mieze, natürlich rastet der Fremdling heute im gelobten Lande. In der Abendkühle können wir ihn dann ja ein bischen auf seinem Wege nach der Stadt und Afrika zurückbegleiten."
Ich war wohl nicht mit der Absicht gekommen,
immer ein ſehr gebildeter Menſch geweſen, wenn ihr da unten es auch nicht immer Wort haben wolltet. Und dann, Eduard, ſtudirt man manchmal auch nicht ganz ohne Nutzen für die oder den Neben- menſchen — das Kochbuch.“
„Wer es nicht wüßte, daß wir ſeit lange recht gute, gute Bekannte ſind, der müßte das hieraus doch ſofort merken,“ ſagte freundlich zierlich Frau Valentine Schaumann, und weder im Salon der Madame Recamier, noch dem der Madame de Staël, noch dem der Frau Varnhagen von Enſe, die ihrer Zeit Rahel genannt wurde, konnte etwas Feineres und Beſſeres mit einem beſſern und feinern Lächeln bemerkt werden.
Ich hatte es damit vollſtändig heraus, daß ich hier am Ort in der Heimath den Fuß zuerſt auf einen verzauberten Boden geſetzt habe, auf welchem die Enttäuſchungen der Heimkehr doch vielleicht noch einem rechten, echten, wahrhaftigen, wirklichen Heimathsbe- hagen Raum geben konnten. Nach zehn Minuten einer Unterhaltung, die ſich nur auf unſer Wieder- aneinanderherantreten bezog und garnichts Bemerkens- werthes an ſich hatte, wollte uns die Frau verlaſſen und ins Haus gehen, dem Gatten verſtändnißvoll zu- nickend, nachdem Stopfkuchen geſagt hatte:
„Du Mieze, natürlich raſtet der Fremdling heute im gelobten Lande. In der Abendkühle können wir ihn dann ja ein bischen auf ſeinem Wege nach der Stadt und Afrika zurückbegleiten.“
Ich war wohl nicht mit der Abſicht gekommen,
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immer ein ſehr gebildeter Menſch geweſen, wenn
ihr da unten es auch nicht immer Wort haben
wolltet. Und dann, Eduard, ſtudirt man manchmal
auch nicht ganz ohne Nutzen für die oder den Neben-
menſchen — das Kochbuch.“
„Wer es nicht wüßte, daß wir ſeit lange
recht gute, gute Bekannte ſind, der müßte das
hieraus doch ſofort merken,“ ſagte freundlich zierlich
Frau Valentine Schaumann, und weder im Salon
der Madame Recamier, noch dem der Madame
de Staël, noch dem der Frau Varnhagen von Enſe,
die ihrer Zeit Rahel genannt wurde, konnte etwas
Feineres und Beſſeres mit einem beſſern und feinern
Lächeln bemerkt werden.
Ich hatte es damit vollſtändig heraus, daß ich
hier am Ort in der Heimath den Fuß zuerſt auf einen
verzauberten Boden geſetzt habe, auf welchem die
Enttäuſchungen der Heimkehr doch vielleicht noch einem
rechten, echten, wahrhaftigen, wirklichen Heimathsbe-
hagen Raum geben konnten. Nach zehn Minuten
einer Unterhaltung, die ſich nur auf unſer Wieder-
aneinanderherantreten bezog und garnichts Bemerkens-
werthes an ſich hatte, wollte uns die Frau verlaſſen
und ins Haus gehen, dem Gatten verſtändnißvoll zu-
nickend, nachdem Stopfkuchen geſagt hatte:
„Du Mieze, natürlich raſtet der Fremdling heute
im gelobten Lande. In der Abendkühle können wir
ihn dann ja ein bischen auf ſeinem Wege nach der
Stadt und Afrika zurückbegleiten.“
Ich war wohl nicht mit der Abſicht gekommen,
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/80>, abgerufen am 17.02.2025.
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