Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

Ihm wieder aufgestanden sei!" und damit setzte ich
den Fuß auf den Damm und in den engen Pfad,
der zu Stopfkuchen hinüberführte, wie er vordem
zum Bauer Andreas Quakatz hinübergeführt hatte,
und -- hielt noch einmal an. Es war noch ein
Drittes jetzt hier am Eingange anders geworden als
sonst: wo steckten die Hunde?

Ja, wo waren die Hunde der rothen Schanze?
Die Wächter der Quakatzenburg? Wo war die durch
stille Winter- und Sommernächte, vorzüglich wenn
in ihnen der Vollmond am Himmel stand, weithin
ins Land, ob ihrer guten aber lauten Wacht bekannte
und berüchtigte Wachtmannschaft?

Wir haben im Kaffernlande auf unsern Gehöften
ihrer auch und haben sie nöthig; aber nun war es
mir wieder ganz deutlich: ich war nie in der Welt
auf bösere Hunde getroffen, als die der rothen Schanze,
und ich hatte nie ein Gebell böser Hunde -- selbst
wo ich wieder an es zurückdachte, so vermißt, als wie
hier am Eingangsthor dieses deutschen Bauerhofes.

Die nächsten Schritte gegen die Quakatzenburg
belehrten mich, daß diese Wache abgelöst, aber keines-
wegs aufgegeben worden sei. Eine andere Mann-
schaft hatte sie bezogen und der Empfang durch die-
selbe sprach wahrlich für friedlichere Zustände als die
von vergangenen Zeiten.

Wir kennen Alle die alten hübschen behaglichen
Bilder, auf welchen am Thor mittelalterlicher Städte
der Stadtsoldat auf der Bank unter dem letzten Edikt
seines Senatus populusque, die Brille auf der Nase,

Ihm wieder aufgeſtanden ſei!“ und damit ſetzte ich
den Fuß auf den Damm und in den engen Pfad,
der zu Stopfkuchen hinüberführte, wie er vordem
zum Bauer Andreas Quakatz hinübergeführt hatte,
und — hielt noch einmal an. Es war noch ein
Drittes jetzt hier am Eingange anders geworden als
ſonſt: wo ſteckten die Hunde?

Ja, wo waren die Hunde der rothen Schanze?
Die Wächter der Quakatzenburg? Wo war die durch
ſtille Winter- und Sommernächte, vorzüglich wenn
in ihnen der Vollmond am Himmel ſtand, weithin
ins Land, ob ihrer guten aber lauten Wacht bekannte
und berüchtigte Wachtmannſchaft?

Wir haben im Kaffernlande auf unſern Gehöften
ihrer auch und haben ſie nöthig; aber nun war es
mir wieder ganz deutlich: ich war nie in der Welt
auf böſere Hunde getroffen, als die der rothen Schanze,
und ich hatte nie ein Gebell böſer Hunde — ſelbſt
wo ich wieder an es zurückdachte, ſo vermißt, als wie
hier am Eingangsthor dieſes deutſchen Bauerhofes.

Die nächſten Schritte gegen die Quakatzenburg
belehrten mich, daß dieſe Wache abgelöſt, aber keines-
wegs aufgegeben worden ſei. Eine andere Mann-
ſchaft hatte ſie bezogen und der Empfang durch die-
ſelbe ſprach wahrlich für friedlichere Zuſtände als die
von vergangenen Zeiten.

Wir kennen Alle die alten hübſchen behaglichen
Bilder, auf welchen am Thor mittelalterlicher Städte
der Stadtſoldat auf der Bank unter dem letzten Edikt
ſeines Senatus populusque, die Brille auf der Naſe,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0072" n="62"/><hi rendition="#g">Ihm</hi> wieder aufge&#x017F;tanden &#x017F;ei!&#x201C; und damit &#x017F;etzte ich<lb/>
den Fuß auf den Damm und in den engen Pfad,<lb/>
der zu Stopfkuchen hinüberführte, wie er vordem<lb/>
zum Bauer Andreas Quakatz hinübergeführt hatte,<lb/>
und &#x2014; hielt noch einmal an. Es war noch ein<lb/>
Drittes jetzt hier am Eingange anders geworden als<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t: wo &#x017F;teckten die Hunde?</p><lb/>
        <p>Ja, wo waren die Hunde der rothen Schanze?<lb/>
Die Wächter der Quakatzenburg? Wo war die durch<lb/>
&#x017F;tille Winter- und Sommernächte, vorzüglich wenn<lb/>
in ihnen der Vollmond am Himmel &#x017F;tand, weithin<lb/>
ins Land, ob ihrer guten aber lauten Wacht bekannte<lb/>
und berüchtigte Wachtmann&#x017F;chaft?</p><lb/>
        <p>Wir haben im Kaffernlande auf un&#x017F;ern Gehöften<lb/>
ihrer auch und haben &#x017F;ie nöthig; aber nun war es<lb/>
mir wieder ganz deutlich: ich war nie in der Welt<lb/>
auf bö&#x017F;ere Hunde getroffen, als die der rothen Schanze,<lb/>
und ich hatte nie ein Gebell bö&#x017F;er Hunde &#x2014; &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
wo ich wieder an es zurückdachte, &#x017F;o vermißt, als wie<lb/>
hier am Eingangsthor die&#x017F;es deut&#x017F;chen Bauerhofes.</p><lb/>
        <p>Die näch&#x017F;ten Schritte gegen die Quakatzenburg<lb/>
belehrten mich, daß die&#x017F;e Wache abgelö&#x017F;t, aber keines-<lb/>
wegs aufgegeben worden &#x017F;ei. Eine andere Mann-<lb/>
&#x017F;chaft hatte &#x017F;ie bezogen und der Empfang durch die-<lb/>
&#x017F;elbe &#x017F;prach wahrlich für friedlichere Zu&#x017F;tände als die<lb/>
von vergangenen Zeiten.</p><lb/>
        <p>Wir kennen Alle die alten hüb&#x017F;chen behaglichen<lb/>
Bilder, auf welchen am Thor mittelalterlicher Städte<lb/>
der Stadt&#x017F;oldat auf der Bank unter dem letzten Edikt<lb/>
&#x017F;eines <hi rendition="#aq">Senatus populusque,</hi> die Brille auf der Na&#x017F;e,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[62/0072] Ihm wieder aufgeſtanden ſei!“ und damit ſetzte ich den Fuß auf den Damm und in den engen Pfad, der zu Stopfkuchen hinüberführte, wie er vordem zum Bauer Andreas Quakatz hinübergeführt hatte, und — hielt noch einmal an. Es war noch ein Drittes jetzt hier am Eingange anders geworden als ſonſt: wo ſteckten die Hunde? Ja, wo waren die Hunde der rothen Schanze? Die Wächter der Quakatzenburg? Wo war die durch ſtille Winter- und Sommernächte, vorzüglich wenn in ihnen der Vollmond am Himmel ſtand, weithin ins Land, ob ihrer guten aber lauten Wacht bekannte und berüchtigte Wachtmannſchaft? Wir haben im Kaffernlande auf unſern Gehöften ihrer auch und haben ſie nöthig; aber nun war es mir wieder ganz deutlich: ich war nie in der Welt auf böſere Hunde getroffen, als die der rothen Schanze, und ich hatte nie ein Gebell böſer Hunde — ſelbſt wo ich wieder an es zurückdachte, ſo vermißt, als wie hier am Eingangsthor dieſes deutſchen Bauerhofes. Die nächſten Schritte gegen die Quakatzenburg belehrten mich, daß dieſe Wache abgelöſt, aber keines- wegs aufgegeben worden ſei. Eine andere Mann- ſchaft hatte ſie bezogen und der Empfang durch die- ſelbe ſprach wahrlich für friedlichere Zuſtände als die von vergangenen Zeiten. Wir kennen Alle die alten hübſchen behaglichen Bilder, auf welchen am Thor mittelalterlicher Städte der Stadtſoldat auf der Bank unter dem letzten Edikt ſeines Senatus populusque, die Brille auf der Naſe,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/72
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 62. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/72>, abgerufen am 23.11.2024.