Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891."Es macht sich eben so", erwiederte Stopfkuchen Es war ein Glück, daß unser Weg zur Seite ab in Es giebt viele Unmündige in jenem, durchaus „Es macht ſich eben ſo“, erwiederte Stopfkuchen Es war ein Glück, daß unſer Weg zur Seite ab in Es giebt viele Unmündige in jenem, durchaus <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0226" n="216"/> <p>„Es macht ſich eben ſo“, erwiederte Stopfkuchen<lb/> gemüthlich. „Ich weiß im Grunde eigentlich auch<lb/> ſelber nicht, wie ich zu dem Vergnügen komme.“</p><lb/> <p>Es war ein Glück, daß unſer Weg zur Seite ab in<lb/> das am wenigſten reſpektable Viertel der Stadt führte;<lb/> die Herrſchaften würden uns ſonſt wohl gern ein<lb/> Stück weit drauf begleitet haben: dieſe Begegnung<lb/> war doch zu intereſſant! —</p><lb/> <p>Es giebt viele Unmündige in jenem, durchaus<lb/> nicht nach dem Muſter größerer Städte unfreund-<lb/> lichen, unheimlichen Stadttheile; und ſie befanden ſich<lb/> um dieſe liebe Abendſtunde natürlich alle in den<lb/> Gäßchen und Sackgäßchen. Vollkommene Rührung<lb/> überkam mich nun, wie ich daran dachte, wie lange<lb/> und doch wie kurz es her ſei, daß auch ich, unter<lb/> den Augen Störzers hier die Rinnſteine abgedämmt<lb/> und den Leuten den Weg verſperrt habe. Und noch<lb/> immer ſtanden die Mütter mit den Kleinſten auf<lb/> dem Arm in den Hausthüren, und noch immer roch<lb/> es nach Eierkuchen und Ziegenſtällen, und noch immer<lb/> wurde Salat gewaſchen. Der ſymboliſche Begleiter<lb/> des Evangeliſten Matthäus iſt ja eigentlich ein recht<lb/> ſchöner Engel; aber im Sankt Matthäusviertel da<lb/> war und iſt das nicht der Fall. Da iſt es das<lb/> Schwein, das Haupt- Segens- und Glücksthier des<lb/> „kleinen Mannes“, und man hörte es behaglich<lb/> grunzen aus einem näheren oder ferneren Stall. Es<lb/> roch auch wohl nach ihm; aber — mir ſollte einer im<lb/> Viertel Matthäi am Letzten mit kölniſchem Waſſer und<lb/> dergleichen kommen! zumal in einer Zeit, wo auch die<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [216/0226]
„Es macht ſich eben ſo“, erwiederte Stopfkuchen
gemüthlich. „Ich weiß im Grunde eigentlich auch
ſelber nicht, wie ich zu dem Vergnügen komme.“
Es war ein Glück, daß unſer Weg zur Seite ab in
das am wenigſten reſpektable Viertel der Stadt führte;
die Herrſchaften würden uns ſonſt wohl gern ein
Stück weit drauf begleitet haben: dieſe Begegnung
war doch zu intereſſant! —
Es giebt viele Unmündige in jenem, durchaus
nicht nach dem Muſter größerer Städte unfreund-
lichen, unheimlichen Stadttheile; und ſie befanden ſich
um dieſe liebe Abendſtunde natürlich alle in den
Gäßchen und Sackgäßchen. Vollkommene Rührung
überkam mich nun, wie ich daran dachte, wie lange
und doch wie kurz es her ſei, daß auch ich, unter
den Augen Störzers hier die Rinnſteine abgedämmt
und den Leuten den Weg verſperrt habe. Und noch
immer ſtanden die Mütter mit den Kleinſten auf
dem Arm in den Hausthüren, und noch immer roch
es nach Eierkuchen und Ziegenſtällen, und noch immer
wurde Salat gewaſchen. Der ſymboliſche Begleiter
des Evangeliſten Matthäus iſt ja eigentlich ein recht
ſchöner Engel; aber im Sankt Matthäusviertel da
war und iſt das nicht der Fall. Da iſt es das
Schwein, das Haupt- Segens- und Glücksthier des
„kleinen Mannes“, und man hörte es behaglich
grunzen aus einem näheren oder ferneren Stall. Es
roch auch wohl nach ihm; aber — mir ſollte einer im
Viertel Matthäi am Letzten mit kölniſchem Waſſer und
dergleichen kommen! zumal in einer Zeit, wo auch die
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