Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891.

Bild:
<< vorherige Seite

Hunde. Von denen läßt der Vater aber diesmal
nur einen bei der Alten liegen; wir haben noch genug
auf dem Wall. Wenn es der Vater mir nicht ver-
boten hätte und ich sie mit nach draußen, da nach
der Hecke im Felde draußen, nehmen dürfte, und
wenn ich sie hetzen dürfte; so sollte mir Keiner aus
Maiholzen noch mit gesunden Beinen und heilen
Schürzen, Röcken und Hosen herumlaufen. Guck nur,
wie sie auch Dich drauf ansehen, daß ich sagen soll:
Pack an! faß, faß, faß an!' Dem war gewiß so.
Sie hielten mich alle giftig genug im Auge und um-
knurrten mich böse. Na, ich bin ihnen allmählich doch
näher gekommen, Eduard. Da, Du da, komm Du
mal her, Prinz! Siehst Du, das ist noch einer von
der alten Garde, oder stammt wenigstens noch von
ihr her. Auch er hätte eigentlich schon längst den
neun Gewehrläufen oder der Blausäure verfallen
müssen, wenn ich das Herz dazu aufbrächte. Meine
Frau will natürlich auch nichts von so einer wohl-
thätigen Gewaltthat hören, und selbst meinem guten
Kater da würde die Sache gewiß leid thun. Nun,
ich hoffe, eines Morgens finden wir ihn mal in einem
Winkel heimgegangen zu seinen Vätern und aus dieser
bissigen Welt heraus im Hafen als angelangt ver-
zeichnet."

"Sollte ich seine Bekanntschaft vielleicht schon
gemacht haben, als wir vor unserm Abgang zur Uni-
versität hier Abschied von einander nahmen, Heinrich?"

"Kaum möglich. So alt wird kein verständiger
Hund. Höchstens ein vernünftiger Mensch."

W. Raabe. Stopfkuchen. 8

Hunde. Von denen läßt der Vater aber diesmal
nur einen bei der Alten liegen; wir haben noch genug
auf dem Wall. Wenn es der Vater mir nicht ver-
boten hätte und ich ſie mit nach draußen, da nach
der Hecke im Felde draußen, nehmen dürfte, und
wenn ich ſie hetzen dürfte; ſo ſollte mir Keiner aus
Maiholzen noch mit geſunden Beinen und heilen
Schürzen, Röcken und Hoſen herumlaufen. Guck nur,
wie ſie auch Dich drauf anſehen, daß ich ſagen ſoll:
Pack an! faß, faß, faß an!‘ Dem war gewiß ſo.
Sie hielten mich alle giftig genug im Auge und um-
knurrten mich böſe. Na, ich bin ihnen allmählich doch
näher gekommen, Eduard. Da, Du da, komm Du
mal her, Prinz! Siehſt Du, das iſt noch einer von
der alten Garde, oder ſtammt wenigſtens noch von
ihr her. Auch er hätte eigentlich ſchon längſt den
neun Gewehrläufen oder der Blauſäure verfallen
müſſen, wenn ich das Herz dazu aufbrächte. Meine
Frau will natürlich auch nichts von ſo einer wohl-
thätigen Gewaltthat hören, und ſelbſt meinem guten
Kater da würde die Sache gewiß leid thun. Nun,
ich hoffe, eines Morgens finden wir ihn mal in einem
Winkel heimgegangen zu ſeinen Vätern und aus dieſer
biſſigen Welt heraus im Hafen als angelangt ver-
zeichnet.“

„Sollte ich ſeine Bekanntſchaft vielleicht ſchon
gemacht haben, als wir vor unſerm Abgang zur Uni-
verſität hier Abſchied von einander nahmen, Heinrich?“

„Kaum möglich. So alt wird kein verſtändiger
Hund. Höchſtens ein vernünftiger Menſch.“

W. Raabe. Stopfkuchen. 8
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0123" n="113"/>
Hunde. Von denen läßt der Vater aber diesmal<lb/>
nur einen bei der Alten liegen; wir haben noch genug<lb/>
auf dem Wall. Wenn es der Vater mir nicht ver-<lb/>
boten hätte und ich &#x017F;ie mit nach draußen, da nach<lb/>
der Hecke im Felde draußen, nehmen dürfte, und<lb/>
wenn ich &#x017F;ie hetzen dürfte; &#x017F;o &#x017F;ollte mir Keiner aus<lb/>
Maiholzen noch mit ge&#x017F;unden Beinen und heilen<lb/>
Schürzen, Röcken und Ho&#x017F;en herumlaufen. Guck nur,<lb/>
wie &#x017F;ie auch Dich drauf an&#x017F;ehen, daß ich &#x017F;agen &#x017F;oll:<lb/>
Pack an! faß, faß, faß an!&#x2018; Dem war gewiß &#x017F;o.<lb/>
Sie hielten mich alle giftig genug im Auge und um-<lb/>
knurrten mich bö&#x017F;e. Na, ich bin ihnen allmählich doch<lb/>
näher gekommen, Eduard. Da, Du da, komm Du<lb/>
mal her, Prinz! Sieh&#x017F;t Du, das i&#x017F;t noch einer von<lb/>
der alten Garde, oder &#x017F;tammt wenig&#x017F;tens noch von<lb/>
ihr her. Auch er hätte eigentlich &#x017F;chon läng&#x017F;t den<lb/>
neun Gewehrläufen oder der Blau&#x017F;äure verfallen<lb/>&#x017F;&#x017F;en, wenn ich das Herz dazu aufbrächte. Meine<lb/>
Frau will natürlich auch nichts von &#x017F;o einer wohl-<lb/>
thätigen Gewaltthat hören, und &#x017F;elb&#x017F;t meinem guten<lb/>
Kater da würde die Sache gewiß leid thun. Nun,<lb/>
ich hoffe, eines Morgens finden wir ihn mal in einem<lb/>
Winkel heimgegangen zu &#x017F;einen Vätern und aus die&#x017F;er<lb/>
bi&#x017F;&#x017F;igen Welt heraus im Hafen als angelangt ver-<lb/>
zeichnet.&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Sollte ich &#x017F;eine Bekannt&#x017F;chaft vielleicht &#x017F;chon<lb/>
gemacht haben, als wir vor un&#x017F;erm Abgang zur Uni-<lb/>
ver&#x017F;ität hier Ab&#x017F;chied von einander nahmen, Heinrich?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Kaum möglich. So alt wird kein ver&#x017F;tändiger<lb/>
Hund. Höch&#x017F;tens ein vernünftiger Men&#x017F;ch.&#x201C;</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig">W. Raabe. Stopfkuchen. 8</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[113/0123] Hunde. Von denen läßt der Vater aber diesmal nur einen bei der Alten liegen; wir haben noch genug auf dem Wall. Wenn es der Vater mir nicht ver- boten hätte und ich ſie mit nach draußen, da nach der Hecke im Felde draußen, nehmen dürfte, und wenn ich ſie hetzen dürfte; ſo ſollte mir Keiner aus Maiholzen noch mit geſunden Beinen und heilen Schürzen, Röcken und Hoſen herumlaufen. Guck nur, wie ſie auch Dich drauf anſehen, daß ich ſagen ſoll: Pack an! faß, faß, faß an!‘ Dem war gewiß ſo. Sie hielten mich alle giftig genug im Auge und um- knurrten mich böſe. Na, ich bin ihnen allmählich doch näher gekommen, Eduard. Da, Du da, komm Du mal her, Prinz! Siehſt Du, das iſt noch einer von der alten Garde, oder ſtammt wenigſtens noch von ihr her. Auch er hätte eigentlich ſchon längſt den neun Gewehrläufen oder der Blauſäure verfallen müſſen, wenn ich das Herz dazu aufbrächte. Meine Frau will natürlich auch nichts von ſo einer wohl- thätigen Gewaltthat hören, und ſelbſt meinem guten Kater da würde die Sache gewiß leid thun. Nun, ich hoffe, eines Morgens finden wir ihn mal in einem Winkel heimgegangen zu ſeinen Vätern und aus dieſer biſſigen Welt heraus im Hafen als angelangt ver- zeichnet.“ „Sollte ich ſeine Bekanntſchaft vielleicht ſchon gemacht haben, als wir vor unſerm Abgang zur Uni- verſität hier Abſchied von einander nahmen, Heinrich?“ „Kaum möglich. So alt wird kein verſtändiger Hund. Höchſtens ein vernünftiger Menſch.“ W. Raabe. Stopfkuchen. 8

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/123
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/123>, abgerufen am 25.11.2024.