noch in voller grüner Fülle und möglichst unbeschnitten um eure Felder und Gärten in Afrika? Hier reuten sie sie allmählich überall aus, die Hecken. Da drunten um das Nest herum, in welchem wir jung geworden sind und grüne Jungen waren, haben sie sie glücklich alle durch ihre Gartenmauern, Eisengitter und Haus- mauern ersetzt. Es ist wirklich als könnten sie nichts Grünes mehr sehen! Selbst hier draußen fangen sie schon an ein Ende damit zu machen. Na, laß sie, ich habe für mein Theil noch die Wonne genossen, mich drunter zu legen, heute in die Sonne, morgen lieber in den Schatten. Unter der Hecke hätte ich überhaupt geboren werden sollen und nicht in so einer muffigen Stadtkammer nach dem Hofe hinaus. Ueber die Hecken hätten meine Windeln gehängt werden sollen und nicht um den überheizten Ofen herum. Heinrich von der Hecke oder vom Hagen! nicht wahr, das wäre etwas für mich, den Eroberer der rothen Schanze und der dazu gehörigen Tine Quakatz ge- wesen, lieber Eduard? Herr Heinrich von der Hecke, wieviel würdiger, edler, bedeutungsvoller das doch klänge als Kandidat Schaumann, ehelicher Sohn weiland Oberundunterrevisors Schaumann und dessen Ehefrau und so weiter mit allen bürgerlichen Ehren- haftigkeiten. Und noch dazu da ich im Grunde doch auch es, mein Tinchen, unter ihr, der Hecke, der grünen, sonnigen, wonnigen, der ganz und gar lebendigen Hecke gefunden habe, da ich unter ihr mein Fräulein, die mir bestimmte Jungfer, meinen scheuen Hecken- spatz für diese diesmalige sauersüße Zeitlichkeit einge-
noch in voller grüner Fülle und möglichſt unbeſchnitten um eure Felder und Gärten in Afrika? Hier reuten ſie ſie allmählich überall aus, die Hecken. Da drunten um das Neſt herum, in welchem wir jung geworden ſind und grüne Jungen waren, haben ſie ſie glücklich alle durch ihre Gartenmauern, Eiſengitter und Haus- mauern erſetzt. Es iſt wirklich als könnten ſie nichts Grünes mehr ſehen! Selbſt hier draußen fangen ſie ſchon an ein Ende damit zu machen. Na, laß ſie, ich habe für mein Theil noch die Wonne genoſſen, mich drunter zu legen, heute in die Sonne, morgen lieber in den Schatten. Unter der Hecke hätte ich überhaupt geboren werden ſollen und nicht in ſo einer muffigen Stadtkammer nach dem Hofe hinaus. Ueber die Hecken hätten meine Windeln gehängt werden ſollen und nicht um den überheizten Ofen herum. Heinrich von der Hecke oder vom Hagen! nicht wahr, das wäre etwas für mich, den Eroberer der rothen Schanze und der dazu gehörigen Tine Quakatz ge- weſen, lieber Eduard? Herr Heinrich von der Hecke, wieviel würdiger, edler, bedeutungsvoller das doch klänge als Kandidat Schaumann, ehelicher Sohn weiland Oberundunterreviſors Schaumann und deſſen Ehefrau und ſo weiter mit allen bürgerlichen Ehren- haftigkeiten. Und noch dazu da ich im Grunde doch auch es, mein Tinchen, unter ihr, der Hecke, der grünen, ſonnigen, wonnigen, der ganz und gar lebendigen Hecke gefunden habe, da ich unter ihr mein Fräulein, die mir beſtimmte Jungfer, meinen ſcheuen Hecken- ſpatz für dieſe diesmalige ſauerſüße Zeitlichkeit einge-
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noch in voller grüner Fülle und möglichſt unbeſchnitten
um eure Felder und Gärten in Afrika? Hier reuten
ſie ſie allmählich überall aus, die Hecken. Da drunten
um das Neſt herum, in welchem wir jung geworden
ſind und grüne Jungen waren, haben ſie ſie glücklich
alle durch ihre Gartenmauern, Eiſengitter und Haus-
mauern erſetzt. Es iſt wirklich als könnten ſie nichts
Grünes mehr ſehen! Selbſt hier draußen fangen
ſie ſchon an ein Ende damit zu machen. Na, laß
ſie, ich habe für mein Theil noch die Wonne genoſſen,
mich drunter zu legen, heute in die Sonne, morgen
lieber in den Schatten. Unter der Hecke hätte ich
überhaupt geboren werden ſollen und nicht in ſo
einer muffigen Stadtkammer nach dem Hofe hinaus.
Ueber die Hecken hätten meine Windeln gehängt werden
ſollen und nicht um den überheizten Ofen herum.
Heinrich von der Hecke oder vom Hagen! nicht wahr,
das wäre etwas für mich, den Eroberer der rothen
Schanze und der dazu gehörigen Tine Quakatz ge-
weſen, lieber Eduard? Herr Heinrich von der Hecke,
wieviel würdiger, edler, bedeutungsvoller das doch
klänge als Kandidat Schaumann, ehelicher Sohn
weiland Oberundunterreviſors Schaumann und deſſen
Ehefrau und ſo weiter mit allen bürgerlichen Ehren-
haftigkeiten. Und noch dazu da ich im Grunde doch
auch es, mein Tinchen, unter ihr, der Hecke, der grünen,
ſonnigen, wonnigen, der ganz und gar lebendigen
Hecke gefunden habe, da ich unter ihr mein Fräulein,
die mir beſtimmte Jungfer, meinen ſcheuen Hecken-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordge… [mehr]
Wilhelm Raabes "Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte" entstand ca. 1888/90. Der Text erschien zuerst 1891 in der Deutschen Roman-Zeitung (28. Jg., Nr. 1–6) und wurde für das Deutsche Textarchiv, gemäß den DTA-Leitlinien, nach der ersten selbstständigen Veröffentlichung digitalisiert.
Raabe, Wilhelm: Stopfkuchen. Eine See- und Mordgeschichte. Berlin, 1891, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_stopfkuchen_1891/118>, abgerufen am 24.11.2024.
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