pha setzend, "das ist der einzige Luxus, den ich nicht entbehren könnte, und ich preise meinen Stern, der mich in einer Zeit geboren werden ließ, wo man die Redens- art: Kein Vergnügen ohne die Damen --, in die je- denfalls passendere: Kein Vergnügen ohne eine Cigarre, -- umgeändert hat."
"Sind Sie ein solcher Weiberfeind?"
"Keineswegs; im Gegentheil, ich beuge mich ganz und gar dem französischen Wort: Ce que femme veut, Dieu le veut und ziehe -- deshalb gerade, die nicht so anspruchsvolle Cigarre vor, die für uns glüht, ohne das Gleiche zu verlangen, die interessant ist, ohne in- teressirt sein zu wollen und so weiter, und so weiter!"
"Sie sind wirklich ein echtes Kind unserer Zeit, die durch zu viele und zu verschiedenartige Anspannungen im Ganzen, bei dem Einzelnen das Gehenlassen, die Athaumasie, die Apathie zur Gottheit gemacht hat."
"Puh," sagte der Zeichner, eine gewaltige Dampf- wolke fortblasend, "ich konnt's mir denken, da sind wir schon in einem solchen Gespräche, wie sie alles Zusam- menleben jetzt verbittern; übrigens ist unsere Zeit durch- aus nicht apathisch, aber der Einzelne fängt an, das wahre Princip herauszufinden, daß nämlich die Sache durch die Sache gehen muß. -- Nicht jeder Erste Beste soll sich fähig glauben, den Wegweiser spielen zu kön-
pha ſetzend, „das iſt der einzige Luxus, den ich nicht entbehren könnte, und ich preiſe meinen Stern, der mich in einer Zeit geboren werden ließ, wo man die Redens- art: Kein Vergnügen ohne die Damen —, in die je- denfalls paſſendere: Kein Vergnügen ohne eine Cigarre, — umgeändert hat.“
„Sind Sie ein ſolcher Weiberfeind?“
„Keineswegs; im Gegentheil, ich beuge mich ganz und gar dem franzöſiſchen Wort: Ce que femme veut, Dieu le veut und ziehe — deshalb gerade, die nicht ſo anſpruchsvolle Cigarre vor, die für uns glüht, ohne das Gleiche zu verlangen, die intereſſant iſt, ohne in- tereſſirt ſein zu wollen und ſo weiter, und ſo weiter!“
„Sie ſind wirklich ein echtes Kind unſerer Zeit, die durch zu viele und zu verſchiedenartige Anſpannungen im Ganzen, bei dem Einzelnen das Gehenlaſſen, die Athaumaſie, die Apathie zur Gottheit gemacht hat.“
„Puh,“ ſagte der Zeichner, eine gewaltige Dampf- wolke fortblaſend, „ich konnt’s mir denken, da ſind wir ſchon in einem ſolchen Geſpräche, wie ſie alles Zuſam- menleben jetzt verbittern; übrigens iſt unſere Zeit durch- aus nicht apathiſch, aber der Einzelne fängt an, das wahre Princip herauszufinden, daß nämlich die Sache durch die Sache gehen muß. — Nicht jeder Erſte Beſte ſoll ſich fähig glauben, den Wegweiſer ſpielen zu kön-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0050"n="40"/>
pha ſetzend, „das iſt der einzige Luxus, den ich nicht<lb/>
entbehren könnte, und ich preiſe meinen Stern, der mich<lb/>
in einer Zeit geboren werden ließ, wo man die Redens-<lb/>
art: Kein Vergnügen ohne die Damen —, in die je-<lb/>
denfalls paſſendere: Kein Vergnügen ohne eine Cigarre,<lb/>— umgeändert hat.“</p><lb/><p>„Sind Sie ein ſolcher Weiberfeind?“</p><lb/><p>„Keineswegs; im Gegentheil, ich beuge mich ganz<lb/>
und gar dem franzöſiſchen Wort: <hirendition="#aq">Ce que femme veut,<lb/>
Dieu le veut</hi> und ziehe — deshalb gerade, die nicht<lb/>ſo anſpruchsvolle Cigarre vor, die für uns glüht, ohne<lb/>
das Gleiche zu verlangen, die intereſſant iſt, ohne in-<lb/>
tereſſirt ſein zu wollen und ſo weiter, und ſo weiter!“</p><lb/><p>„Sie ſind wirklich ein echtes Kind unſerer Zeit, die<lb/>
durch zu viele und zu verſchiedenartige Anſpannungen<lb/>
im Ganzen, bei dem Einzelnen das Gehenlaſſen, die<lb/>
Athaumaſie, die Apathie zur Gottheit gemacht hat.“</p><lb/><p>„Puh,“ſagte der Zeichner, eine gewaltige Dampf-<lb/>
wolke fortblaſend, „ich konnt’s mir denken, da ſind wir<lb/>ſchon in einem ſolchen Geſpräche, wie ſie alles Zuſam-<lb/>
menleben jetzt verbittern; übrigens iſt unſere Zeit durch-<lb/>
aus nicht apathiſch, aber der Einzelne fängt an, das<lb/>
wahre Princip herauszufinden, daß nämlich die Sache<lb/>
durch die Sache gehen muß. — Nicht jeder Erſte Beſte<lb/>ſoll ſich fähig glauben, den Wegweiſer ſpielen zu kön-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[40/0050]
pha ſetzend, „das iſt der einzige Luxus, den ich nicht
entbehren könnte, und ich preiſe meinen Stern, der mich
in einer Zeit geboren werden ließ, wo man die Redens-
art: Kein Vergnügen ohne die Damen —, in die je-
denfalls paſſendere: Kein Vergnügen ohne eine Cigarre,
— umgeändert hat.“
„Sind Sie ein ſolcher Weiberfeind?“
„Keineswegs; im Gegentheil, ich beuge mich ganz
und gar dem franzöſiſchen Wort: Ce que femme veut,
Dieu le veut und ziehe — deshalb gerade, die nicht
ſo anſpruchsvolle Cigarre vor, die für uns glüht, ohne
das Gleiche zu verlangen, die intereſſant iſt, ohne in-
tereſſirt ſein zu wollen und ſo weiter, und ſo weiter!“
„Sie ſind wirklich ein echtes Kind unſerer Zeit, die
durch zu viele und zu verſchiedenartige Anſpannungen
im Ganzen, bei dem Einzelnen das Gehenlaſſen, die
Athaumaſie, die Apathie zur Gottheit gemacht hat.“
„Puh,“ ſagte der Zeichner, eine gewaltige Dampf-
wolke fortblaſend, „ich konnt’s mir denken, da ſind wir
ſchon in einem ſolchen Geſpräche, wie ſie alles Zuſam-
menleben jetzt verbittern; übrigens iſt unſere Zeit durch-
aus nicht apathiſch, aber der Einzelne fängt an, das
wahre Princip herauszufinden, daß nämlich die Sache
durch die Sache gehen muß. — Nicht jeder Erſte Beſte
ſoll ſich fähig glauben, den Wegweiſer ſpielen zu kön-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Raabe, Wilhelm: Die Chronik der Sperlingsgasse. Berlin, 1857, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_sperlingsgasse_1857/50>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.