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Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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zum Tod erschrockene Jungfrau; der Scharfrichter aber hob das Haupt, horchte nach der Gasse zu und lachte kurz. In die Gasse hinaus war die alte Magd gestürzt, außer sich über das Eindringen des Freimannes in die Silberburg. Das Volk, das da in Haufen stand und die Aengste der vergangenen Nacht besprach, rief sie auf, und alle Augen richteten sich in starrer Verwunderung auf die Silberburg. Vom Marktplatz herunter kam in diesem Moment der regierende Bürgermeister mit einigen Rathsherren und Schöffen, den durch den Sturm angerichteten Schaden in und um die Stadt zu beschauen. Auch sie erhielten Bericht, daß Wolf Scheffer, der Henker, ein ehrlich Haus beschritten habe, schüttelten die Häupter, besprachen sich einen Augenblick untereinander, und dann schritt der Bürgermeister gegen die Silberburg und trat in die dunkle Thür. Ihm folgten die Rathsherren und die Schöffen und ein großer Theil der Menge; ein noch größerer Haufe wurde freilich durch den Rathsdiener an der Pforte zurückgewiesen.

Durch den verwilderten Garten schlich der schwarze Jörg um Kundschaft der Geliebten. Er fand die Hinterthür der Silberburg offen, und eine unerklärliche Macht trieb ihn zu dieser Stunde in die Wohnung des alten Familienfeindes, dessen Kind er so sehr liebte, einzutreten. Mit geheimem Schauder setzte er den Fuß in das Haus, das einst den Kindlern geeignet hatte, wo so viele Geschlechter seines Namens geboren und gestorben waren. Schon waren die untern Räume voll von den Bürgern

zum Tod erschrockene Jungfrau; der Scharfrichter aber hob das Haupt, horchte nach der Gasse zu und lachte kurz. In die Gasse hinaus war die alte Magd gestürzt, außer sich über das Eindringen des Freimannes in die Silberburg. Das Volk, das da in Haufen stand und die Aengste der vergangenen Nacht besprach, rief sie auf, und alle Augen richteten sich in starrer Verwunderung auf die Silberburg. Vom Marktplatz herunter kam in diesem Moment der regierende Bürgermeister mit einigen Rathsherren und Schöffen, den durch den Sturm angerichteten Schaden in und um die Stadt zu beschauen. Auch sie erhielten Bericht, daß Wolf Scheffer, der Henker, ein ehrlich Haus beschritten habe, schüttelten die Häupter, besprachen sich einen Augenblick untereinander, und dann schritt der Bürgermeister gegen die Silberburg und trat in die dunkle Thür. Ihm folgten die Rathsherren und die Schöffen und ein großer Theil der Menge; ein noch größerer Haufe wurde freilich durch den Rathsdiener an der Pforte zurückgewiesen.

Durch den verwilderten Garten schlich der schwarze Jörg um Kundschaft der Geliebten. Er fand die Hinterthür der Silberburg offen, und eine unerklärliche Macht trieb ihn zu dieser Stunde in die Wohnung des alten Familienfeindes, dessen Kind er so sehr liebte, einzutreten. Mit geheimem Schauder setzte er den Fuß in das Haus, das einst den Kindlern geeignet hatte, wo so viele Geschlechter seines Namens geboren und gestorben waren. Schon waren die untern Räume voll von den Bürgern

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[0058] zum Tod erschrockene Jungfrau; der Scharfrichter aber hob das Haupt, horchte nach der Gasse zu und lachte kurz. In die Gasse hinaus war die alte Magd gestürzt, außer sich über das Eindringen des Freimannes in die Silberburg. Das Volk, das da in Haufen stand und die Aengste der vergangenen Nacht besprach, rief sie auf, und alle Augen richteten sich in starrer Verwunderung auf die Silberburg. Vom Marktplatz herunter kam in diesem Moment der regierende Bürgermeister mit einigen Rathsherren und Schöffen, den durch den Sturm angerichteten Schaden in und um die Stadt zu beschauen. Auch sie erhielten Bericht, daß Wolf Scheffer, der Henker, ein ehrlich Haus beschritten habe, schüttelten die Häupter, besprachen sich einen Augenblick untereinander, und dann schritt der Bürgermeister gegen die Silberburg und trat in die dunkle Thür. Ihm folgten die Rathsherren und die Schöffen und ein großer Theil der Menge; ein noch größerer Haufe wurde freilich durch den Rathsdiener an der Pforte zurückgewiesen. Durch den verwilderten Garten schlich der schwarze Jörg um Kundschaft der Geliebten. Er fand die Hinterthür der Silberburg offen, und eine unerklärliche Macht trieb ihn zu dieser Stunde in die Wohnung des alten Familienfeindes, dessen Kind er so sehr liebte, einzutreten. Mit geheimem Schauder setzte er den Fuß in das Haus, das einst den Kindlern geeignet hatte, wo so viele Geschlechter seines Namens geboren und gestorben waren. Schon waren die untern Räume voll von den Bürgern

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T09:56:25Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T09:56:25Z)

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910/58>, abgerufen am 23.11.2024.