Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

forschungen und Insinuationen der Außenwelt etwas Anderes als ein mürrisches Gebelfer entgegenzusetzen. Manch ein stutzerhaftes Muttersöhnlein hatte versucht, die Alte mit den Sparpfennigen der Mutter zu bestechen und zur Treulosigkeit an der Abgeschlossenheit des Hauses ihres Dienstherrn zu verleiten; aber eben so gut hätte der junge, nach Liebesabenteuern begierige Patrizier versuchen können, den dreiköpfigen Höllenhund Cerberus durch Vorwerfung einer leckern Bratwurst aus Pflicht und Treue zu verlocken. Selbst der Erzähler kann in das Innere der Silberburg nur bei dem wichtigsten Momente seiner Relation dringen; fürs Erste hat er sich wie die Bürger von Rothenburg an das Aeußere zu halten. In das Innere des Wartthurmes auf der Römerhöhe darf er aber ungehindert zu jeder Zeit einen Blick werfen, und das wird er jetzt thun und dabei seine Leser mit den beiden invaliden Bewohnern näher bekannt machen und in Berührung bringen.

III.

Auch ein Uhu richtet sich in seiner Felsenspalte, in seinem Gemäuerloch, in seinem hohlen Baume seine Wohnung nach Neigung und Geschmack, so behaglich als möglich ein; der Vater Kindler hatte dasselbe ebenso mit dem Winkel gemacht, in welchen ihn die Wellen des Lebens geworfen hatten. Ein Dichter und Philo-

forschungen und Insinuationen der Außenwelt etwas Anderes als ein mürrisches Gebelfer entgegenzusetzen. Manch ein stutzerhaftes Muttersöhnlein hatte versucht, die Alte mit den Sparpfennigen der Mutter zu bestechen und zur Treulosigkeit an der Abgeschlossenheit des Hauses ihres Dienstherrn zu verleiten; aber eben so gut hätte der junge, nach Liebesabenteuern begierige Patrizier versuchen können, den dreiköpfigen Höllenhund Cerberus durch Vorwerfung einer leckern Bratwurst aus Pflicht und Treue zu verlocken. Selbst der Erzähler kann in das Innere der Silberburg nur bei dem wichtigsten Momente seiner Relation dringen; fürs Erste hat er sich wie die Bürger von Rothenburg an das Aeußere zu halten. In das Innere des Wartthurmes auf der Römerhöhe darf er aber ungehindert zu jeder Zeit einen Blick werfen, und das wird er jetzt thun und dabei seine Leser mit den beiden invaliden Bewohnern näher bekannt machen und in Berührung bringen.

III.

Auch ein Uhu richtet sich in seiner Felsenspalte, in seinem Gemäuerloch, in seinem hohlen Baume seine Wohnung nach Neigung und Geschmack, so behaglich als möglich ein; der Vater Kindler hatte dasselbe ebenso mit dem Winkel gemacht, in welchen ihn die Wellen des Lebens geworfen hatten. Ein Dichter und Philo-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0024"/>
forschungen und Insinuationen der Außenwelt etwas Anderes als      ein mürrisches Gebelfer entgegenzusetzen. Manch ein stutzerhaftes Muttersöhnlein hatte      versucht, die Alte mit den Sparpfennigen der Mutter zu bestechen und zur Treulosigkeit an der      Abgeschlossenheit des Hauses ihres Dienstherrn zu verleiten; aber eben so gut hätte der junge,      nach Liebesabenteuern begierige Patrizier versuchen können, den dreiköpfigen Höllenhund      Cerberus durch Vorwerfung einer leckern Bratwurst aus Pflicht und Treue zu verlocken. Selbst      der Erzähler kann in das Innere der Silberburg nur bei dem wichtigsten Momente seiner Relation      dringen; fürs Erste hat er sich wie die Bürger von Rothenburg an das Aeußere zu halten. In das      Innere des Wartthurmes auf der Römerhöhe darf er aber ungehindert zu jeder Zeit einen Blick      werfen, und das wird er jetzt thun und dabei seine Leser mit den beiden invaliden Bewohnern      näher bekannt machen und in Berührung bringen.</p><lb/>
      </div>
      <div type="chapter" n="3">
        <head>III.</head>
        <p>Auch ein Uhu richtet sich in seiner Felsenspalte, in seinem      Gemäuerloch, in seinem hohlen Baume seine Wohnung nach Neigung und Geschmack, so behaglich als      möglich ein; der Vater Kindler hatte dasselbe ebenso mit dem Winkel gemacht, in welchen ihn die      Wellen des Lebens geworfen hatten. Ein Dichter und Philo-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0024] forschungen und Insinuationen der Außenwelt etwas Anderes als ein mürrisches Gebelfer entgegenzusetzen. Manch ein stutzerhaftes Muttersöhnlein hatte versucht, die Alte mit den Sparpfennigen der Mutter zu bestechen und zur Treulosigkeit an der Abgeschlossenheit des Hauses ihres Dienstherrn zu verleiten; aber eben so gut hätte der junge, nach Liebesabenteuern begierige Patrizier versuchen können, den dreiköpfigen Höllenhund Cerberus durch Vorwerfung einer leckern Bratwurst aus Pflicht und Treue zu verlocken. Selbst der Erzähler kann in das Innere der Silberburg nur bei dem wichtigsten Momente seiner Relation dringen; fürs Erste hat er sich wie die Bürger von Rothenburg an das Aeußere zu halten. In das Innere des Wartthurmes auf der Römerhöhe darf er aber ungehindert zu jeder Zeit einen Blick werfen, und das wird er jetzt thun und dabei seine Leser mit den beiden invaliden Bewohnern näher bekannt machen und in Berührung bringen. III. Auch ein Uhu richtet sich in seiner Felsenspalte, in seinem Gemäuerloch, in seinem hohlen Baume seine Wohnung nach Neigung und Geschmack, so behaglich als möglich ein; der Vater Kindler hatte dasselbe ebenso mit dem Winkel gemacht, in welchen ihn die Wellen des Lebens geworfen hatten. Ein Dichter und Philo-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-23T09:56:25Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-23T09:56:25Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910/24
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das letzte Recht. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Peter Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 205–280. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_recht_1910/24>, abgerufen am 25.11.2024.