Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.

Bild:
<< vorherige Seite

sind auf dem Wege hierher und sind wieder die
Schlimmsten, wie im Sommer! Und sie bringen wie
in der Schwedenzeit ganze Wagen voll von den alten
Mönchen mit. Und nicht mal verkriechen in Wald
und in der Erde soll man sich vor ihnen! Sie hängen
Jeden, den sie aus dem Busch ziehen, und die Mädchen
nehmen sie, über den Sattelknopf gelegt, mit. Barm¬
herziger Gott, wer hilft uns dießmal in der allerhöchsten
Noth? O liebster Himmel, Herr Amtmann, Herr Amt¬
mann, was sollen wir thun?"

"Vermaledeiter Hund, vorsichtig mit Feuer und
Licht in den Ställen umgehen, und wenn der jüngste
Tag vor der Thüre stünde!" schrie der Herr Amtmann,
sich aus dem zeternden Haufen unter der nächsten
Stallthür einen Knecht hervorlangend, der mit einer
zerbrochenen, scheibenlosen Hornlaterne das Getümmel
beleuchtete. Das spanische Rohr fiel nieder auf die
Hand, welche das Licht hielt, und in das erschreckte
Auseinanderstieben seines Haus- und Hof-Gesindes
donnerte der Herr und Meister hinein:

"Ob der Satan seinen ganzen Sack voll Gezücht
über mich ausschüttet, so weit mein Stock reicht,
will ich meine Ordnung halten. Fällt mir die Welt
über dem Kopfe ein, soll's mir allmählich recht sein.
Fliegt mir der rothe Hahn auf's Dach, so soll er doch
nicht auf meinem eigenen Herd aus dem Ei gekrochen
sein. Ja, schiele nur her, Bestie von Kerl! was will
die Gans da mit ihrer Schürze? Zu Deinen Krancke,

ſind auf dem Wege hierher und ſind wieder die
Schlimmſten, wie im Sommer! Und ſie bringen wie
in der Schwedenzeit ganze Wagen voll von den alten
Mönchen mit. Und nicht mal verkriechen in Wald
und in der Erde ſoll man ſich vor ihnen! Sie hängen
Jeden, den ſie aus dem Buſch ziehen, und die Mädchen
nehmen ſie, über den Sattelknopf gelegt, mit. Barm¬
herziger Gott, wer hilft uns dießmal in der allerhöchſten
Noth? O liebſter Himmel, Herr Amtmann, Herr Amt¬
mann, was ſollen wir thun?“

„Vermaledeiter Hund, vorſichtig mit Feuer und
Licht in den Ställen umgehen, und wenn der jüngſte
Tag vor der Thüre ſtünde!“ ſchrie der Herr Amtmann,
ſich aus dem zeternden Haufen unter der nächſten
Stallthür einen Knecht hervorlangend, der mit einer
zerbrochenen, ſcheibenloſen Hornlaterne das Getümmel
beleuchtete. Das ſpaniſche Rohr fiel nieder auf die
Hand, welche das Licht hielt, und in das erſchreckte
Auseinanderſtieben ſeines Haus- und Hof-Geſindes
donnerte der Herr und Meiſter hinein:

„Ob der Satan ſeinen ganzen Sack voll Gezücht
über mich ausſchüttet, ſo weit mein Stock reicht,
will ich meine Ordnung halten. Fällt mir die Welt
über dem Kopfe ein, ſoll's mir allmählich recht ſein.
Fliegt mir der rothe Hahn auf's Dach, ſo ſoll er doch
nicht auf meinem eigenen Herd aus dem Ei gekrochen
ſein. Ja, ſchiele nur her, Beſtie von Kerl! was will
die Gans da mit ihrer Schürze? Zu Deinen Krancke,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0052" n="44"/>
&#x017F;ind auf dem Wege hierher und &#x017F;ind wieder die<lb/>
Schlimm&#x017F;ten, wie im Sommer! Und &#x017F;ie bringen wie<lb/>
in der Schwedenzeit ganze Wagen voll von den alten<lb/>
Mönchen mit. Und nicht mal verkriechen in Wald<lb/>
und in der Erde &#x017F;oll man &#x017F;ich vor ihnen! Sie hängen<lb/>
Jeden, den &#x017F;ie aus dem Bu&#x017F;ch ziehen, und die Mädchen<lb/>
nehmen &#x017F;ie, über den Sattelknopf gelegt, mit. Barm¬<lb/>
herziger Gott, wer hilft uns dießmal in der allerhöch&#x017F;ten<lb/>
Noth? O lieb&#x017F;ter Himmel, Herr Amtmann, Herr Amt¬<lb/>
mann, was &#x017F;ollen wir thun?&#x201C;</p><lb/>
        <p>&#x201E;Vermaledeiter Hund, vor&#x017F;ichtig mit Feuer und<lb/>
Licht in den Ställen umgehen, und wenn der jüng&#x017F;te<lb/>
Tag vor der Thüre &#x017F;tünde!&#x201C; &#x017F;chrie der Herr Amtmann,<lb/>
&#x017F;ich aus dem zeternden Haufen unter der näch&#x017F;ten<lb/>
Stallthür einen Knecht hervorlangend, der mit einer<lb/>
zerbrochenen, &#x017F;cheibenlo&#x017F;en Hornlaterne das Getümmel<lb/>
beleuchtete. Das &#x017F;pani&#x017F;che Rohr fiel nieder auf die<lb/>
Hand, welche das Licht hielt, und in das er&#x017F;chreckte<lb/>
Auseinander&#x017F;tieben &#x017F;eines Haus- und Hof-Ge&#x017F;indes<lb/>
donnerte der Herr und Mei&#x017F;ter hinein:</p><lb/>
        <p>&#x201E;Ob der Satan &#x017F;einen ganzen Sack voll Gezücht<lb/>
über mich aus&#x017F;chüttet, &#x017F;o weit mein Stock reicht,<lb/>
will ich meine Ordnung halten. Fällt mir die Welt<lb/>
über dem Kopfe ein, &#x017F;oll's mir allmählich recht &#x017F;ein.<lb/>
Fliegt mir der rothe Hahn auf's Dach, &#x017F;o &#x017F;oll er doch<lb/>
nicht auf meinem eigenen Herd aus dem Ei gekrochen<lb/>
&#x017F;ein. Ja, &#x017F;chiele nur her, Be&#x017F;tie von Kerl! was will<lb/>
die Gans da mit ihrer Schürze? Zu Deinen Krancke,<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[44/0052] ſind auf dem Wege hierher und ſind wieder die Schlimmſten, wie im Sommer! Und ſie bringen wie in der Schwedenzeit ganze Wagen voll von den alten Mönchen mit. Und nicht mal verkriechen in Wald und in der Erde ſoll man ſich vor ihnen! Sie hängen Jeden, den ſie aus dem Buſch ziehen, und die Mädchen nehmen ſie, über den Sattelknopf gelegt, mit. Barm¬ herziger Gott, wer hilft uns dießmal in der allerhöchſten Noth? O liebſter Himmel, Herr Amtmann, Herr Amt¬ mann, was ſollen wir thun?“ „Vermaledeiter Hund, vorſichtig mit Feuer und Licht in den Ställen umgehen, und wenn der jüngſte Tag vor der Thüre ſtünde!“ ſchrie der Herr Amtmann, ſich aus dem zeternden Haufen unter der nächſten Stallthür einen Knecht hervorlangend, der mit einer zerbrochenen, ſcheibenloſen Hornlaterne das Getümmel beleuchtete. Das ſpaniſche Rohr fiel nieder auf die Hand, welche das Licht hielt, und in das erſchreckte Auseinanderſtieben ſeines Haus- und Hof-Geſindes donnerte der Herr und Meiſter hinein: „Ob der Satan ſeinen ganzen Sack voll Gezücht über mich ausſchüttet, ſo weit mein Stock reicht, will ich meine Ordnung halten. Fällt mir die Welt über dem Kopfe ein, ſoll's mir allmählich recht ſein. Fliegt mir der rothe Hahn auf's Dach, ſo ſoll er doch nicht auf meinem eigenen Herd aus dem Ei gekrochen ſein. Ja, ſchiele nur her, Beſtie von Kerl! was will die Gans da mit ihrer Schürze? Zu Deinen Krancke,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/52
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/52>, abgerufen am 22.11.2024.