fanden aber leider auch die geleerte Tasche des todten Kameraden von der Heerstraße bei Scharfoldendorf, und stiegen aufwärts mit ihr aus dem Dolomit des Iths und hielten sie dem Magister Buchius, dem Knecht Heinrich und dem Junker Thedel von Münchhausen zugleich mit den Fäusten, Messern und Büchsen vor die Nasen und baten jetzt um Auskunft in ihrer wirklichen Muttersprache. Sie fragten mit Ossian, Fingal und Ducho¬ mar auf der Haide, wie die Seehundstasche des Kriegsge¬ nossen in die Ithhöhle und wie das Blut an die Tasche komme? Wer von den Landeseingeborenen das Wort nicht verstand, dem war die Gebärde deutlich genug. Die Fremden aus dem Norden sprachen jetzt, gegen zehn Uhr Morgens, unter dem "Rothen Stein" zwischen Scharfoldendorf und Eschershausen nicht weniger ver¬ ständlich mit den Kindern des Landes, als wie vorhin die Fremdlinge aus dem Süden, gegen Tagesanbruch, auf dem Amelungsborner Klosterhofe. Wenn der Historio¬ graph keltisch verstände, würde er mit Vergnügen seinen wahrheitsgetreuen Bericht auch durch dieses Idiom ver¬ zieren, und zu Papier bringen wie es auf schottisch, gälisch, irisch, und so weiter lautet, das gute deutsche Wort:
"Mord und Tod, hängt sie! Schlagt ihnen die Schädel ein! Zieht den Kerlen die Messer durch die Gurgeln und nehmt die Weibsbilder mit, wenn es der Beschwerde werth ist!"........
Zu der nämlichen Stunde, wie gesagt, so gegen zehn
fanden aber leider auch die geleerte Taſche des todten Kameraden von der Heerſtraße bei Scharfoldendorf, und ſtiegen aufwärts mit ihr aus dem Dolomit des Iths und hielten ſie dem Magiſter Buchius, dem Knecht Heinrich und dem Junker Thedel von Münchhauſen zugleich mit den Fäuſten, Meſſern und Büchſen vor die Naſen und baten jetzt um Auskunft in ihrer wirklichen Mutterſprache. Sie fragten mit Oſſian, Fingal und Ducho¬ mar auf der Haide, wie die Seehundstaſche des Kriegsge¬ noſſen in die Ithhöhle und wie das Blut an die Taſche komme? Wer von den Landeseingeborenen das Wort nicht verſtand, dem war die Gebärde deutlich genug. Die Fremden aus dem Norden ſprachen jetzt, gegen zehn Uhr Morgens, unter dem „Rothen Stein“ zwiſchen Scharfoldendorf und Eſchershauſen nicht weniger ver¬ ſtändlich mit den Kindern des Landes, als wie vorhin die Fremdlinge aus dem Süden, gegen Tagesanbruch, auf dem Amelungsborner Kloſterhofe. Wenn der Hiſtorio¬ graph keltiſch verſtände, würde er mit Vergnügen ſeinen wahrheitsgetreuen Bericht auch durch dieſes Idiom ver¬ zieren, und zu Papier bringen wie es auf ſchottiſch, gäliſch, iriſch, und ſo weiter lautet, das gute deutſche Wort:
„Mord und Tod, hängt ſie! Schlagt ihnen die Schädel ein! Zieht den Kerlen die Meſſer durch die Gurgeln und nehmt die Weibsbilder mit, wenn es der Beſchwerde werth iſt!“........
Zu der nämlichen Stunde, wie geſagt, ſo gegen zehn
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fanden aber leider auch die geleerte Taſche des todten
Kameraden von der Heerſtraße bei Scharfoldendorf, und
ſtiegen aufwärts mit ihr aus dem Dolomit des Iths
und hielten ſie dem Magiſter Buchius, dem Knecht
Heinrich und dem Junker Thedel von Münchhauſen
zugleich mit den Fäuſten, Meſſern und Büchſen vor die
Naſen und baten jetzt um Auskunft in ihrer wirklichen
Mutterſprache. Sie fragten mit Oſſian, Fingal und Ducho¬
mar auf der Haide, wie die Seehundstaſche des Kriegsge¬
noſſen in die Ithhöhle und wie das Blut an die Taſche
komme? Wer von den Landeseingeborenen das Wort
nicht verſtand, dem war die Gebärde deutlich genug.
Die Fremden aus dem Norden ſprachen jetzt, gegen
zehn Uhr Morgens, unter dem „Rothen Stein“ zwiſchen
Scharfoldendorf und Eſchershauſen nicht weniger ver¬
ſtändlich mit den Kindern des Landes, als wie vorhin
die Fremdlinge aus dem Süden, gegen Tagesanbruch,
auf dem Amelungsborner Kloſterhofe. Wenn der Hiſtorio¬
graph keltiſch verſtände, würde er mit Vergnügen ſeinen
wahrheitsgetreuen Bericht auch durch dieſes Idiom ver¬
zieren, und zu Papier bringen wie es auf ſchottiſch,
gäliſch, iriſch, und ſo weiter lautet, das gute deutſche
Wort:
„Mord und Tod, hängt ſie! Schlagt ihnen die
Schädel ein! Zieht den Kerlen die Meſſer durch die
Gurgeln und nehmt die Weibsbilder mit, wenn es der
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Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/241>, abgerufen am 18.12.2024.
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