bannter, von dem die Alten reden, war je in solcher Weise und unter solchen Umständen vor die Thür ge¬ setzet worden, wie er -- der Magister Buchius!
Er war so sehr im Kreise gedreht worden, und der Nebel war so dick, daß er, der jetzt in's Elend Getriebene, nicht einmal mehr wußte, wohin er sich zu wenden habe, um, wenn er wollte, auf Umwegen, seinen Winkel unterm Dache, die Zelle des Bruders Philemon wiederzugewinnen. Er hätte sich nach dem Kanonen¬ donner richten können; aber der brach sich eben so viel¬ fach an den Bergwänden wie innerhalb der Wände seiner Hirnschale. Der Lärm war hinter ihm, vor ihm, über ihm und in ihm.
"Der Herr Professor würden den Herrn Amtmann wohl als einen todten Leichnam zu Ihren Füßen zu¬ rückgelassen haben," sagte Magister Buchius, für's Erste auf's Gerathewohl fürbaß schwankend. "Und zu den Füßen der Frau Amtmännin --"
In diesem Augenblick schlug eine Glocke hinter ihm. Seine Glocke! Die Thurmglocke des weiland Klosters und der großen Schule Amelungsborn, die er gestern noch aufgezogen hatte, und die allein richtig ging am hiesigen Ort in diesen Zeiten der Unrichtigkeit, des Un¬ rechts und der Ungerechtigkeit.
Sechs Uhr!
Sie Alle -- zwischen der Weser und der Hube -- hatten den Tag noch vor sich; Die nämlich, so um diese Stunde nach begonnener Bataille noch nicht ganz auf
bannter, von dem die Alten reden, war je in ſolcher Weiſe und unter ſolchen Umſtänden vor die Thür ge¬ ſetzet worden, wie er — der Magiſter Buchius!
Er war ſo ſehr im Kreiſe gedreht worden, und der Nebel war ſo dick, daß er, der jetzt in's Elend Getriebene, nicht einmal mehr wußte, wohin er ſich zu wenden habe, um, wenn er wollte, auf Umwegen, ſeinen Winkel unterm Dache, die Zelle des Bruders Philemon wiederzugewinnen. Er hätte ſich nach dem Kanonen¬ donner richten können; aber der brach ſich eben ſo viel¬ fach an den Bergwänden wie innerhalb der Wände ſeiner Hirnſchale. Der Lärm war hinter ihm, vor ihm, über ihm und in ihm.
„Der Herr Profeſſor würden den Herrn Amtmann wohl als einen todten Leichnam zu Ihren Füßen zu¬ rückgelaſſen haben,“ ſagte Magiſter Buchius, für's Erſte auf's Gerathewohl fürbaß ſchwankend. „Und zu den Füßen der Frau Amtmännin —“
In dieſem Augenblick ſchlug eine Glocke hinter ihm. Seine Glocke! Die Thurmglocke des weiland Kloſters und der großen Schule Amelungsborn, die er geſtern noch aufgezogen hatte, und die allein richtig ging am hieſigen Ort in dieſen Zeiten der Unrichtigkeit, des Un¬ rechts und der Ungerechtigkeit.
Sechs Uhr!
Sie Alle — zwiſchen der Weſer und der Hube — hatten den Tag noch vor ſich; Die nämlich, ſo um dieſe Stunde nach begonnener Bataille noch nicht ganz auf
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0160"n="152"/>
bannter, von dem die Alten reden, war je in ſolcher<lb/>
Weiſe und unter ſolchen Umſtänden vor die Thür ge¬<lb/>ſetzet worden, wie er — der Magiſter Buchius!</p><lb/><p>Er war ſo ſehr im Kreiſe gedreht worden, und<lb/>
der Nebel war ſo dick, daß er, der jetzt in's Elend<lb/>
Getriebene, nicht einmal mehr wußte, wohin er ſich zu<lb/>
wenden habe, um, wenn er wollte, auf Umwegen, ſeinen<lb/>
Winkel unterm Dache, die Zelle des Bruders Philemon<lb/>
wiederzugewinnen. Er hätte ſich nach dem Kanonen¬<lb/>
donner richten können; aber der brach ſich eben ſo viel¬<lb/>
fach an den Bergwänden wie innerhalb der Wände<lb/>ſeiner Hirnſchale. <hirendition="#g">Der</hi> Lärm war hinter ihm, vor<lb/>
ihm, über ihm und in ihm.</p><lb/><p>„Der Herr Profeſſor würden den Herrn Amtmann<lb/>
wohl als einen todten Leichnam zu Ihren Füßen zu¬<lb/>
rückgelaſſen haben,“ſagte Magiſter Buchius, für's Erſte<lb/>
auf's Gerathewohl fürbaß ſchwankend. „Und zu den<lb/>
Füßen der Frau Amtmännin —“</p><lb/><p>In dieſem Augenblick ſchlug eine Glocke hinter ihm.<lb/>
Seine Glocke! Die Thurmglocke des weiland Kloſters<lb/>
und der großen Schule Amelungsborn, die er geſtern<lb/>
noch aufgezogen hatte, und die allein richtig ging am<lb/>
hieſigen Ort in dieſen Zeiten der Unrichtigkeit, des Un¬<lb/>
rechts und der Ungerechtigkeit.</p><lb/><p>Sechs Uhr!</p><lb/><p>Sie Alle — zwiſchen der Weſer und der Hube —<lb/>
hatten den Tag noch vor ſich; Die nämlich, ſo um dieſe<lb/>
Stunde nach begonnener Bataille noch nicht ganz auf<lb/></p></div></body></text></TEI>
[152/0160]
bannter, von dem die Alten reden, war je in ſolcher
Weiſe und unter ſolchen Umſtänden vor die Thür ge¬
ſetzet worden, wie er — der Magiſter Buchius!
Er war ſo ſehr im Kreiſe gedreht worden, und
der Nebel war ſo dick, daß er, der jetzt in's Elend
Getriebene, nicht einmal mehr wußte, wohin er ſich zu
wenden habe, um, wenn er wollte, auf Umwegen, ſeinen
Winkel unterm Dache, die Zelle des Bruders Philemon
wiederzugewinnen. Er hätte ſich nach dem Kanonen¬
donner richten können; aber der brach ſich eben ſo viel¬
fach an den Bergwänden wie innerhalb der Wände
ſeiner Hirnſchale. Der Lärm war hinter ihm, vor
ihm, über ihm und in ihm.
„Der Herr Profeſſor würden den Herrn Amtmann
wohl als einen todten Leichnam zu Ihren Füßen zu¬
rückgelaſſen haben,“ ſagte Magiſter Buchius, für's Erſte
auf's Gerathewohl fürbaß ſchwankend. „Und zu den
Füßen der Frau Amtmännin —“
In dieſem Augenblick ſchlug eine Glocke hinter ihm.
Seine Glocke! Die Thurmglocke des weiland Kloſters
und der großen Schule Amelungsborn, die er geſtern
noch aufgezogen hatte, und die allein richtig ging am
hieſigen Ort in dieſen Zeiten der Unrichtigkeit, des Un¬
rechts und der Ungerechtigkeit.
Sechs Uhr!
Sie Alle — zwiſchen der Weſer und der Hube —
hatten den Tag noch vor ſich; Die nämlich, ſo um dieſe
Stunde nach begonnener Bataille noch nicht ganz auf
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_odfeld_1889/160>, abgerufen am 05.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.