Raabe, Wilhelm: Das Odfeld. Leipzig, 1889.vollen und beschämten Gemüthsbewegungen darauf ab¬ Der Knabe half nicht dem guten alten Herrn über den Es dauerte wiederum eine längere Zeit, ehe der "Die gütige Gewogenheit wird Er auch wohl nicht Thedel von Münchhausen zuckte greinend die Achseln: "Aus Liebe zu mir und wegen größester Sorge Raabe, Das Odfeld. 7
vollen und beſchämten Gemüthsbewegungen darauf ab¬ Der Knabe half nicht dem guten alten Herrn über den Es dauerte wiederum eine längere Zeit, ehe der „Die gütige Gewogenheit wird Er auch wohl nicht Thedel von Münchhauſen zuckte greinend die Achſeln: „Aus Liebe zu mir und wegen größeſter Sorge Raabe, Das Odfeld. 7
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0105" n="97"/> vollen und beſchämten Gemüthsbewegungen darauf ab¬<lb/> gemalt fand.</p><lb/> <p>Der Knabe half nicht dem guten alten Herrn über den<lb/> Angſtbiſſen, der ihn in der Kehle würgte, hinweg. Er<lb/> ließ ihn mit aller Rückſichtsloſigkeit der Jugend mit<lb/> dem Kummer, den er ihm machte, fertig werden. Er<lb/> ließ den alten Mann mit der ſtoiſchen Gelaſſenheit<lb/> Derer, die ihr Leben noch vor ſich zu haben glauben,<lb/> wieder zu Athem und zu Worten kommen.</p><lb/> <p>Es dauerte wiederum eine längere Zeit, ehe der<lb/> Magiſter ſoweit ſich gefaßt hatte, daß er matt und er¬<lb/> geben die Frage thun konnte:</p><lb/> <p>„Die gütige Gewogenheit wird Er auch wohl nicht<lb/> haben wollen, mir zu communiciren <hi rendition="#aq">Cur</hi>? zu Teutſch:<lb/> warum, weßhalb, wofür und weßwegen? Und was<lb/> Seine Verwandtſchaft zu Wolfenbüttel hierzu ſagen<lb/> wird?“</p><lb/> <p>Thedel von Münchhauſen zuckte greinend die Achſeln:</p><lb/> <p>„Aus Liebe zu mir und wegen größeſter Sorge<lb/> um meine Wohlfahrt und die der deutſchen Nation.<lb/> Sie meinten, was ſie mir noch anzubieten hätten bei<lb/> ſich auf der Schulbank, das ſchlüge doch nur bei mir<lb/> an, wie's weiland amelungsborn'ſche Weihwaſſer beim<lb/> leidigen Satan. Und das deutſche Vaterland habe mich<lb/> ſicherlich nöthiger, als ſie, Prior-Rector, Conrector und<lb/> Lehrerconvent in der neuen gelehrten unſchuldigen Herr¬<lb/> lichkeit, vermeinten ſie. Gefiel ihnen hier im Walde<lb/> meine Intimität mit den Wildſchützen vom Hils, Ith<lb/> <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#g">Raabe</hi>, Das Odfeld. 7<lb/></fw> </p> </div> </body> </text> </TEI> [97/0105]
vollen und beſchämten Gemüthsbewegungen darauf ab¬
gemalt fand.
Der Knabe half nicht dem guten alten Herrn über den
Angſtbiſſen, der ihn in der Kehle würgte, hinweg. Er
ließ ihn mit aller Rückſichtsloſigkeit der Jugend mit
dem Kummer, den er ihm machte, fertig werden. Er
ließ den alten Mann mit der ſtoiſchen Gelaſſenheit
Derer, die ihr Leben noch vor ſich zu haben glauben,
wieder zu Athem und zu Worten kommen.
Es dauerte wiederum eine längere Zeit, ehe der
Magiſter ſoweit ſich gefaßt hatte, daß er matt und er¬
geben die Frage thun konnte:
„Die gütige Gewogenheit wird Er auch wohl nicht
haben wollen, mir zu communiciren Cur? zu Teutſch:
warum, weßhalb, wofür und weßwegen? Und was
Seine Verwandtſchaft zu Wolfenbüttel hierzu ſagen
wird?“
Thedel von Münchhauſen zuckte greinend die Achſeln:
„Aus Liebe zu mir und wegen größeſter Sorge
um meine Wohlfahrt und die der deutſchen Nation.
Sie meinten, was ſie mir noch anzubieten hätten bei
ſich auf der Schulbank, das ſchlüge doch nur bei mir
an, wie's weiland amelungsborn'ſche Weihwaſſer beim
leidigen Satan. Und das deutſche Vaterland habe mich
ſicherlich nöthiger, als ſie, Prior-Rector, Conrector und
Lehrerconvent in der neuen gelehrten unſchuldigen Herr¬
lichkeit, vermeinten ſie. Gefiel ihnen hier im Walde
meine Intimität mit den Wildſchützen vom Hils, Ith
Raabe, Das Odfeld. 7
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