als euer Aller Narr oder im Irrenhause zu Grunde gehen wollte."
"Ein leichtbewegtes Herz
Ist ein elend Gut
Auf der wankenden Erde,"
murmelte ich bis ins Tiefste durch das ruhige Wort der verstandesklaren Greisin erschüttert.
"Das ist es, was er drüben mit Kohle an die Wand geschrieben hat. Nun sitzt die Frau Mungo davor und hält den Kopf mit beiden Händen darüber, das arme Ding. Als ob sie die Schuld davon trüge, daß euer Velten eigenthumlos über und von der Erde gegangen ist! Was hilft es mir, daß ich der lieben Seele zurede: ,Du konntest nichts daran ändern, Herz;' es mußte eben auch einmal einen solchen Egoisten zu euch Anderen, wenn auch nur der Rarität wegen, in der Welt geben. In ein Kloster, wie meine liebe Leonie, konnte Der nicht gehen. Mitleiden hat er wohl gehabt, aber ein barmherziger Bruder steckte nicht in ihm. Oh, wie die Zwei sich zum ersten Mal wiedersahen bei der Fechtmeisterin Feucht, die barmherzige Schwester aus dem Diakonissenhause am Rhein und Dieser von allen Straßen der Welt, Beide ohne Eigenthum auf und an der Erde!"
"Leonie des Beaux und Velten Andres?" stammelte ich.
als euer Aller Narr oder im Irrenhauſe zu Grunde gehen wollte.“
„Ein leichtbewegtes Herz
Iſt ein elend Gut
Auf der wankenden Erde,“
murmelte ich bis ins Tiefſte durch das ruhige Wort der verſtandesklaren Greiſin erſchüttert.
„Das iſt es, was er drüben mit Kohle an die Wand geſchrieben hat. Nun ſitzt die Frau Mungo davor und hält den Kopf mit beiden Händen darüber, das arme Ding. Als ob ſie die Schuld davon trüge, daß euer Velten eigenthumlos über und von der Erde gegangen iſt! Was hilft es mir, daß ich der lieben Seele zurede: ‚Du konnteſt nichts daran ändern, Herz;‘ es mußte eben auch einmal einen ſolchen Egoiſten zu euch Anderen, wenn auch nur der Rarität wegen, in der Welt geben. In ein Kloſter, wie meine liebe Leonie, konnte Der nicht gehen. Mitleiden hat er wohl gehabt, aber ein barmherziger Bruder ſteckte nicht in ihm. Oh, wie die Zwei ſich zum erſten Mal wiederſahen bei der Fechtmeiſterin Feucht, die barmherzige Schweſter aus dem Diakoniſſenhauſe am Rhein und Dieſer von allen Straßen der Welt, Beide ohne Eigenthum auf und an der Erde!“
„Leonie des Beaux und Velten Andres?“ ſtammelte ich.
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als euer Aller Narr oder im Irrenhauſe zu Grunde
gehen wollte.“
„Ein leichtbewegtes Herz
Iſt ein elend Gut
Auf der wankenden Erde,“
murmelte ich bis ins Tiefſte durch das ruhige Wort
der verſtandesklaren Greiſin erſchüttert.
„Das iſt es, was er drüben mit Kohle an die
Wand geſchrieben hat. Nun ſitzt die Frau Mungo
davor und hält den Kopf mit beiden Händen darüber,
das arme Ding. Als ob ſie die Schuld davon trüge,
daß euer Velten eigenthumlos über und von der Erde
gegangen iſt! Was hilft es mir, daß ich der lieben
Seele zurede: ‚Du konnteſt nichts daran ändern,
Herz;‘ es mußte eben auch einmal einen ſolchen
Egoiſten zu euch Anderen, wenn auch nur der Rarität
wegen, in der Welt geben. In ein Kloſter, wie
meine liebe Leonie, konnte Der nicht gehen. Mitleiden
hat er wohl gehabt, aber ein barmherziger Bruder
ſteckte nicht in ihm. Oh, wie die Zwei ſich zum erſten
Mal wiederſahen bei der Fechtmeiſterin Feucht, die
barmherzige Schweſter aus dem Diakoniſſenhauſe am
Rhein und Dieſer von allen Straßen der Welt, Beide
ohne Eigenthum auf und an der Erde!“
„Leonie des Beaux und Velten Andres?“
ſtammelte ich.
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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/306>, abgerufen am 22.07.2024.
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