"Ich halte dieses nicht länger aus! O, mein armes kleines, liebes Kind zu Hause! Bitte, komm, ich muß zu meinem Kinde -- Das laß ich mir nicht nehmen, wenn er auch Dich verwirrt. Ich halte mein Eigen¬ thum an der Welt fest! Bleib, wenn Du willst -- ich will nach Hause und zu meinem Kinde! Ja, bleib, bleib und steige mit ihm und seinem anderen Freunde, dem gräßlichen Affenmann, so hoch Du willst aus unserm armen lieben Leben in die Höhe: ich will zu meinem Kinde und meinem Eigenthum an der Welt!"
Sie ist uns fortgelaufen, mit dem Arm und Ellenbogen vor den Augen, selber wie ein Kind, das sich vor einem Schlage fürchtet.
"Gute Nacht, Velten."
"Gute Nacht, Krumhardt." . . .
Ich holte meine Anna erst an der zweitnächsten Straßenecke ein. Als ich mein Eigenthum wieder an mich nehmen wollte, weigerte es sich dessen durch mehrere Gassen. Mit fast bösem Blick wies die Kleine, statt meinen Arm zu nehmen, nach dem Vogel¬ sang zurück:
"Ich habe dem Herrn Generalsuperintendenten, versprochen, Dir für gut und böse zu gehören, und ich habe mir selber versprochen, nur da zu sein und zu bleiben, wo Du bist und gehst und stehst, Karl; aber --
„Ich halte dieſes nicht länger aus! O, mein armes kleines, liebes Kind zu Hauſe! Bitte, komm, ich muß zu meinem Kinde — Das laß ich mir nicht nehmen, wenn er auch Dich verwirrt. Ich halte mein Eigen¬ thum an der Welt feſt! Bleib, wenn Du willſt — ich will nach Hauſe und zu meinem Kinde! Ja, bleib, bleib und ſteige mit ihm und ſeinem anderen Freunde, dem gräßlichen Affenmann, ſo hoch Du willſt aus unſerm armen lieben Leben in die Höhe: ich will zu meinem Kinde und meinem Eigenthum an der Welt!“
Sie iſt uns fortgelaufen, mit dem Arm und Ellenbogen vor den Augen, ſelber wie ein Kind, das ſich vor einem Schlage fürchtet.
„Gute Nacht, Velten.“
„Gute Nacht, Krumhardt.“ . . .
Ich holte meine Anna erſt an der zweitnächſten Straßenecke ein. Als ich mein Eigenthum wieder an mich nehmen wollte, weigerte es ſich deſſen durch mehrere Gaſſen. Mit faſt böſem Blick wies die Kleine, ſtatt meinen Arm zu nehmen, nach dem Vogel¬ ſang zurück:
„Ich habe dem Herrn Generalſuperintendenten, verſprochen, Dir für gut und böſe zu gehören, und ich habe mir ſelber verſprochen, nur da zu ſein und zu bleiben, wo Du biſt und gehſt und ſtehſt, Karl; aber —
<TEI><text><body><p><pbfacs="#f0290"n="280"/>„Ich halte dieſes nicht länger aus! O, mein armes<lb/>
kleines, liebes Kind zu Hauſe! Bitte, komm, ich muß<lb/>
zu meinem Kinde — Das laß ich mir nicht nehmen,<lb/>
wenn er auch Dich verwirrt. Ich halte mein Eigen¬<lb/>
thum an der Welt feſt! Bleib, wenn Du willſt —<lb/>
ich will nach Hauſe und zu meinem Kinde! Ja, bleib,<lb/>
bleib und ſteige mit ihm und ſeinem anderen Freunde,<lb/>
dem gräßlichen Affenmann, ſo hoch Du willſt aus<lb/>
unſerm armen lieben Leben in die Höhe: ich will<lb/>
zu meinem Kinde und meinem Eigenthum an der<lb/>
Welt!“</p><lb/><p>Sie iſt uns fortgelaufen, mit dem Arm und<lb/>
Ellenbogen vor den Augen, ſelber wie ein Kind, das<lb/>ſich vor einem Schlage fürchtet.</p><lb/><p>„Gute Nacht, Velten.“</p><lb/><p>„Gute Nacht, Krumhardt.“ . . .</p><lb/><p>Ich holte meine Anna erſt an der zweitnächſten<lb/>
Straßenecke ein. Als ich <hirendition="#g">mein</hi> Eigenthum wieder an<lb/>
mich nehmen wollte, weigerte es ſich deſſen durch<lb/>
mehrere Gaſſen. Mit faſt böſem Blick wies die<lb/>
Kleine, ſtatt meinen Arm zu nehmen, nach dem Vogel¬<lb/>ſang zurück:</p><lb/><p>„Ich habe dem Herrn Generalſuperintendenten,<lb/>
verſprochen, Dir für gut und böſe zu gehören, und ich<lb/>
habe mir ſelber verſprochen, nur da zu ſein und zu<lb/>
bleiben, wo Du biſt und gehſt und ſtehſt, Karl; aber —<lb/></p></body></text></TEI>
[280/0290]
„Ich halte dieſes nicht länger aus! O, mein armes
kleines, liebes Kind zu Hauſe! Bitte, komm, ich muß
zu meinem Kinde — Das laß ich mir nicht nehmen,
wenn er auch Dich verwirrt. Ich halte mein Eigen¬
thum an der Welt feſt! Bleib, wenn Du willſt —
ich will nach Hauſe und zu meinem Kinde! Ja, bleib,
bleib und ſteige mit ihm und ſeinem anderen Freunde,
dem gräßlichen Affenmann, ſo hoch Du willſt aus
unſerm armen lieben Leben in die Höhe: ich will
zu meinem Kinde und meinem Eigenthum an der
Welt!“
Sie iſt uns fortgelaufen, mit dem Arm und
Ellenbogen vor den Augen, ſelber wie ein Kind, das
ſich vor einem Schlage fürchtet.
„Gute Nacht, Velten.“
„Gute Nacht, Krumhardt.“ . . .
Ich holte meine Anna erſt an der zweitnächſten
Straßenecke ein. Als ich mein Eigenthum wieder an
mich nehmen wollte, weigerte es ſich deſſen durch
mehrere Gaſſen. Mit faſt böſem Blick wies die
Kleine, ſtatt meinen Arm zu nehmen, nach dem Vogel¬
ſang zurück:
„Ich habe dem Herrn Generalſuperintendenten,
verſprochen, Dir für gut und böſe zu gehören, und ich
habe mir ſelber verſprochen, nur da zu ſein und zu
bleiben, wo Du biſt und gehſt und ſtehſt, Karl; aber —
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 280. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/290>, abgerufen am 05.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.