Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Händedruck mit dem von der Wissenschaft so lange und
schmerzlich vermißten und endlich gefundenen An¬
thropomorphen mit nicht hervorstehendem Eckzahn,
wie für einen Händedruck mit Miß Athleta, bei dem
er aber schmerzzuckend das linke Bein hochzog und
die Luft zischend zwischen seinen auf die Unterlippe
gesetzten Zähnen durchblies.

Nimmer war mein Honoratiorentöchterlein, mein
Weib, Schlappes Schwester, in so ausbündig zweifel¬
hafte Gesellschaft gerathen, wie jetzt und hier. Immer
ängstlicher drängte sich die liebe, kleine Hand mit dem
Schneeglöckchenstrauß vom Osterberg mir an, je weiter
wir gegen die jetzt thürlose Hauspforte vordrangen.

"O Gott, Mann!" flüsterte sie, als aus der Mitte
der ihn lachend vertraulich umdrängenden Sisters
Larsen
, der drei internationalen "Excentrique"-
Sängerinnen, der Freund auch ihr lächelnd die Hand
entgegenstreckte:

"Aber, gnädige Frau, wie freundlich von Ihnen!
Doch weshalb so spät?"

"Der greulige Mensch! Dachte er etwa auch,
ich sollte ihm bei seinem letzten menschenfeindlichen
Aufräumen helfen?" sagte meine arme Kleine auf
dem Heimwege und nachher, trotz Allem, noch öfter,
wenn die Rede auf ihn kam. Augenblicklich stammelte
sie nur:

Händedruck mit dem von der Wiſſenſchaft ſo lange und
ſchmerzlich vermißten und endlich gefundenen An¬
thropomorphen mit nicht hervorſtehendem Eckzahn,
wie für einen Händedruck mit Miß Athleta, bei dem
er aber ſchmerzzuckend das linke Bein hochzog und
die Luft ziſchend zwiſchen ſeinen auf die Unterlippe
geſetzten Zähnen durchblies.

Nimmer war mein Honoratiorentöchterlein, mein
Weib, Schlappes Schweſter, in ſo ausbündig zweifel¬
hafte Geſellſchaft gerathen, wie jetzt und hier. Immer
ängſtlicher drängte ſich die liebe, kleine Hand mit dem
Schneeglöckchenſtrauß vom Oſterberg mir an, je weiter
wir gegen die jetzt thürloſe Hauspforte vordrangen.

„O Gott, Mann!“ flüſterte ſie, als aus der Mitte
der ihn lachend vertraulich umdrängenden Sisters
Larsen
, der drei internationalen „Excentrique“-
Sängerinnen, der Freund auch ihr lächelnd die Hand
entgegenſtreckte:

„Aber, gnädige Frau, wie freundlich von Ihnen!
Doch weshalb ſo ſpät?“

„Der greulige Menſch! Dachte er etwa auch,
ich ſollte ihm bei ſeinem letzten menſchenfeindlichen
Aufräumen helfen?“ ſagte meine arme Kleine auf
dem Heimwege und nachher, trotz Allem, noch öfter,
wenn die Rede auf ihn kam. Augenblicklich ſtammelte
ſie nur:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0279" n="269"/>
Händedruck mit dem von der Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chaft &#x017F;o lange und<lb/>
&#x017F;chmerzlich vermißten und endlich gefundenen An¬<lb/>
thropomorphen mit nicht hervor&#x017F;tehendem Eckzahn,<lb/>
wie für einen Händedruck mit Miß Athleta, bei dem<lb/>
er aber &#x017F;chmerzzuckend das linke Bein hochzog und<lb/>
die Luft zi&#x017F;chend zwi&#x017F;chen &#x017F;einen auf die Unterlippe<lb/>
ge&#x017F;etzten Zähnen durchblies.</p><lb/>
      <p>Nimmer war mein Honoratiorentöchterlein, mein<lb/>
Weib, Schlappes Schwe&#x017F;ter, in &#x017F;o ausbündig zweifel¬<lb/>
hafte Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft gerathen, wie jetzt und hier. Immer<lb/>
äng&#x017F;tlicher drängte &#x017F;ich die liebe, kleine Hand mit dem<lb/>
Schneeglöckchen&#x017F;trauß vom O&#x017F;terberg mir an, je weiter<lb/>
wir gegen die jetzt thürlo&#x017F;e Hauspforte vordrangen.</p><lb/>
      <p>&#x201E;O Gott, Mann!&#x201C; flü&#x017F;terte &#x017F;ie, als aus der Mitte<lb/>
der ihn lachend vertraulich umdrängenden <hi rendition="#aq">Sisters<lb/>
Larsen</hi>, der drei internationalen &#x201E;Excentrique&#x201C;-<lb/>
Sängerinnen, der Freund auch ihr lächelnd die Hand<lb/>
entgegen&#x017F;treckte:</p><lb/>
      <p>&#x201E;Aber, gnädige Frau, wie freundlich von Ihnen!<lb/>
Doch weshalb &#x017F;o &#x017F;pät?&#x201C;</p><lb/>
      <p>&#x201E;Der greulige Men&#x017F;ch! Dachte er etwa auch,<lb/>
ich &#x017F;ollte ihm bei &#x017F;einem letzten men&#x017F;chenfeindlichen<lb/>
Aufräumen helfen?&#x201C; &#x017F;agte meine arme Kleine auf<lb/>
dem Heimwege und nachher, trotz Allem, noch öfter,<lb/>
wenn die Rede auf ihn kam. Augenblicklich &#x017F;tammelte<lb/>
&#x017F;ie nur:<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[269/0279] Händedruck mit dem von der Wiſſenſchaft ſo lange und ſchmerzlich vermißten und endlich gefundenen An¬ thropomorphen mit nicht hervorſtehendem Eckzahn, wie für einen Händedruck mit Miß Athleta, bei dem er aber ſchmerzzuckend das linke Bein hochzog und die Luft ziſchend zwiſchen ſeinen auf die Unterlippe geſetzten Zähnen durchblies. Nimmer war mein Honoratiorentöchterlein, mein Weib, Schlappes Schweſter, in ſo ausbündig zweifel¬ hafte Geſellſchaft gerathen, wie jetzt und hier. Immer ängſtlicher drängte ſich die liebe, kleine Hand mit dem Schneeglöckchenſtrauß vom Oſterberg mir an, je weiter wir gegen die jetzt thürloſe Hauspforte vordrangen. „O Gott, Mann!“ flüſterte ſie, als aus der Mitte der ihn lachend vertraulich umdrängenden Sisters Larsen, der drei internationalen „Excentrique“- Sängerinnen, der Freund auch ihr lächelnd die Hand entgegenſtreckte: „Aber, gnädige Frau, wie freundlich von Ihnen! Doch weshalb ſo ſpät?“ „Der greulige Menſch! Dachte er etwa auch, ich ſollte ihm bei ſeinem letzten menſchenfeindlichen Aufräumen helfen?“ ſagte meine arme Kleine auf dem Heimwege und nachher, trotz Allem, noch öfter, wenn die Rede auf ihn kam. Augenblicklich ſtammelte ſie nur:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/279
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/279>, abgerufen am 05.05.2024.