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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

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an und auf der Erde auch schon einmal in der
rechten Art beängstet, so wird er auch wohl die
richtige Art und Weise, den Kopf zu schütteln, heraus¬
finden. Überhebung von gesichertem Besitz her und
dürftiger Scherz aus momentanem Behagen wird
kaum etwas damit zu thun haben. Aber er selber,
Velten Andres, ließ dem Omnia exeunt seiner Vogel¬
sang-Tragödie sowohl nach griechischem wie nach
englischem Muster noch ein Satyrspiel folgen, das
ihn aber diesmal beinahe -- nicht mit der Sanitäts¬
behörde, sondern mit der Polizei in Konflikt ge¬
bracht hätte.

Er lud den Vogelsang wie zur Plünderung
eines abgerupften Weihnachtsbaumes in sein Haus ein.

Er gab den noch vorhandenen alten guten Be¬
kannten der Nachbarschaft alles das preis, was ohne
eine Bedeutung für ihn war und erregte dadurch
natürlich einen Zusammenlauf, der für einige Stunden
den Verkehr in der Gasse völlig unterbrach.

Eingeladen hatte er mich nicht zu diesem letzten
Kehraus; aber ich kam dazu, und zwar mit meiner
Frau am Arme, von einem Nachmittagsspaziergang
über den Osterberg.

"Was ist denn das da vor Deines Freundes
Hause, Mann?"

Sie hatte die ersten Anemonen und Leber¬

an und auf der Erde auch ſchon einmal in der
rechten Art beängſtet, ſo wird er auch wohl die
richtige Art und Weiſe, den Kopf zu ſchütteln, heraus¬
finden. Überhebung von geſichertem Beſitz her und
dürftiger Scherz aus momentanem Behagen wird
kaum etwas damit zu thun haben. Aber er ſelber,
Velten Andres, ließ dem Omnia exeunt ſeiner Vogel¬
ſang-Tragödie ſowohl nach griechiſchem wie nach
engliſchem Muſter noch ein Satyrſpiel folgen, das
ihn aber diesmal beinahe — nicht mit der Sanitäts¬
behörde, ſondern mit der Polizei in Konflikt ge¬
bracht hätte.

Er lud den Vogelſang wie zur Plünderung
eines abgerupften Weihnachtsbaumes in ſein Haus ein.

Er gab den noch vorhandenen alten guten Be¬
kannten der Nachbarſchaft alles das preis, was ohne
eine Bedeutung für ihn war und erregte dadurch
natürlich einen Zuſammenlauf, der für einige Stunden
den Verkehr in der Gaſſe völlig unterbrach.

Eingeladen hatte er mich nicht zu dieſem letzten
Kehraus; aber ich kam dazu, und zwar mit meiner
Frau am Arme, von einem Nachmittagsſpaziergang
über den Oſterberg.

„Was iſt denn das da vor Deines Freundes
Hauſe, Mann?“

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[266/0276] an und auf der Erde auch ſchon einmal in der rechten Art beängſtet, ſo wird er auch wohl die richtige Art und Weiſe, den Kopf zu ſchütteln, heraus¬ finden. Überhebung von geſichertem Beſitz her und dürftiger Scherz aus momentanem Behagen wird kaum etwas damit zu thun haben. Aber er ſelber, Velten Andres, ließ dem Omnia exeunt ſeiner Vogel¬ ſang-Tragödie ſowohl nach griechiſchem wie nach engliſchem Muſter noch ein Satyrſpiel folgen, das ihn aber diesmal beinahe — nicht mit der Sanitäts¬ behörde, ſondern mit der Polizei in Konflikt ge¬ bracht hätte. Er lud den Vogelſang wie zur Plünderung eines abgerupften Weihnachtsbaumes in ſein Haus ein. Er gab den noch vorhandenen alten guten Be¬ kannten der Nachbarſchaft alles das preis, was ohne eine Bedeutung für ihn war und erregte dadurch natürlich einen Zuſammenlauf, der für einige Stunden den Verkehr in der Gaſſe völlig unterbrach. Eingeladen hatte er mich nicht zu dieſem letzten Kehraus; aber ich kam dazu, und zwar mit meiner Frau am Arme, von einem Nachmittagsſpaziergang über den Oſterberg. „Was iſt denn das da vor Deines Freundes Hauſe, Mann?“ Sie hatte die erſten Anemonen und Leber¬

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Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/276>, abgerufen am 22.11.2024.