spielt, seine Rolle ist Jedem auf den Leib gewachsen und das jedesmalige Kostüm gleichfalls. Nur in seltenen stillen Augenblicken gelangt wohl ein und der Andere dazu, sich vor die Stirn zu schlagen: "Ja, wie ist denn das eigentlich? War das sonst nicht anders um Dich her und in Dir? Wie kommst Du zu allem diesen und gehörst Du wirklich hierher, und ist das nun Ernst oder Spaß, was Du jetzt hier treibst oder treiben mußt? Und wem zuliebe und zum Nutzen?"
Das sind dann freilich sehr kuriose Gedanken¬ stimmungen. Wie aus einem unbekannten schauer¬ lichen Draußen haucht das vor den Theaterlichtern Einen fremd und kalt an, meistens wenn die Bühne einmal um einen her leer geworden ist; aber dann und wann bei gefüllter Scene im Gewühl der Edlen, Ritter, Bürger, Damen des Hofes, der Mönche, Herren und Frauen, Herolde, Beamten, Soldaten, kurz des ganzen zu dem ewig wechselnden und ewig gleichen Schauspiel gehörigen Volksspiels. Und so rasch als möglich fort damit! Dergleichen Nach¬ denken stört sehr bei der Durchführung der zuge¬ theilten Rolle, bringt nur Stockungen hervor und ein verehrliches Publikum, von der Hofloge bis zu den höchsten Galerien zu einem ironischen Lächeln, bedauernden Achselzucken, wiehernden Hohnlachen,
ſpielt, ſeine Rolle iſt Jedem auf den Leib gewachſen und das jedesmalige Koſtüm gleichfalls. Nur in ſeltenen ſtillen Augenblicken gelangt wohl ein und der Andere dazu, ſich vor die Stirn zu ſchlagen: „Ja, wie iſt denn das eigentlich? War das ſonſt nicht anders um Dich her und in Dir? Wie kommſt Du zu allem dieſen und gehörſt Du wirklich hierher, und iſt das nun Ernſt oder Spaß, was Du jetzt hier treibſt oder treiben mußt? Und wem zuliebe und zum Nutzen?“
Das ſind dann freilich ſehr kurioſe Gedanken¬ ſtimmungen. Wie aus einem unbekannten ſchauer¬ lichen Draußen haucht das vor den Theaterlichtern Einen fremd und kalt an, meiſtens wenn die Bühne einmal um einen her leer geworden iſt; aber dann und wann bei gefüllter Scene im Gewühl der Edlen, Ritter, Bürger, Damen des Hofes, der Mönche, Herren und Frauen, Herolde, Beamten, Soldaten, kurz des ganzen zu dem ewig wechſelnden und ewig gleichen Schauſpiel gehörigen Volksſpiels. Und ſo raſch als möglich fort damit! Dergleichen Nach¬ denken ſtört ſehr bei der Durchführung der zuge¬ theilten Rolle, bringt nur Stockungen hervor und ein verehrliches Publikum, von der Hofloge bis zu den höchſten Galerien zu einem ironiſchen Lächeln, bedauernden Achſelzucken, wiehernden Hohnlachen,
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[199/0209]
ſpielt, ſeine Rolle iſt Jedem auf den Leib gewachſen
und das jedesmalige Koſtüm gleichfalls. Nur in
ſeltenen ſtillen Augenblicken gelangt wohl ein und
der Andere dazu, ſich vor die Stirn zu ſchlagen:
„Ja, wie iſt denn das eigentlich? War das ſonſt
nicht anders um Dich her und in Dir? Wie kommſt
Du zu allem dieſen und gehörſt Du wirklich hierher,
und iſt das nun Ernſt oder Spaß, was Du jetzt hier
treibſt oder treiben mußt? Und wem zuliebe und zum
Nutzen?“
Das ſind dann freilich ſehr kurioſe Gedanken¬
ſtimmungen. Wie aus einem unbekannten ſchauer¬
lichen Draußen haucht das vor den Theaterlichtern
Einen fremd und kalt an, meiſtens wenn die Bühne
einmal um einen her leer geworden iſt; aber dann
und wann bei gefüllter Scene im Gewühl der Edlen,
Ritter, Bürger, Damen des Hofes, der Mönche,
Herren und Frauen, Herolde, Beamten, Soldaten,
kurz des ganzen zu dem ewig wechſelnden und ewig
gleichen Schauſpiel gehörigen Volksſpiels. Und ſo
raſch als möglich fort damit! Dergleichen Nach¬
denken ſtört ſehr bei der Durchführung der zuge¬
theilten Rolle, bringt nur Stockungen hervor und
ein verehrliches Publikum, von der Hofloge bis zu
den höchſten Galerien zu einem ironiſchen Lächeln,
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Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/209>, abgerufen am 24.11.2024.
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