Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

Stachelbeerbüsche und unsere grüne Hecke, auf den
Nachbar Hartleben und sein Anwesen. Da ginge es
wohl noch am leichtesten an, dem theuren Ahnherrn
in dem Buche, dem Vetter Andres und dem braven
Vetter Michel im eigenen Busen sein Recht wieder¬
zugeben; aber -- + ! ? + --

Frage Karl um seine Meinung hierüber, doch
-- laß es lieber auch nur. Daß der Frager bei
solchen Gelegenheiten den Gefragten und seine
Antwort im Voraus ziemlich genau kennt, würde
auch diesmal und hier nichts zur Sache thun;
aber aus Deinen Briefen weiß ich ja, daß auch
um Euch dort im Vogelsang allgemach die Deko¬
ration sich so sehr verändert, daß er -- der Freund
-- sich da binnen Kurzem am allerwenigsten noch
zurechtfinden wird. Aus Büschen werden Bäume,
aus Bäumen Hausmauern, aus Grün Grau. Aus
obststehlenden (freilich meistens dazu verführten)
Schuljungen werden die besten Verwaltungsbeamten
und Regierungsräthe, sowie die schärfsten Staats¬
anwälte, und -- aus dem nichtsnutzigsten Schlingel
des Vogelsangs wird (wenigstens was ich dazu
thun kann) the most glorious tramp, der glo¬
rioseste Landstreicher, der je auf den Wegen der
Welt den anständigen Passanten einen Schauder
und Schrecken eingejagt hat, wenn er an einem

Stachelbeerbüſche und unſere grüne Hecke, auf den
Nachbar Hartleben und ſein Anweſen. Da ginge es
wohl noch am leichteſten an, dem theuren Ahnherrn
in dem Buche, dem Vetter Andres und dem braven
Vetter Michel im eigenen Buſen ſein Recht wieder¬
zugeben; aber — † ! ? † —

Frage Karl um ſeine Meinung hierüber, doch
— laß es lieber auch nur. Daß der Frager bei
ſolchen Gelegenheiten den Gefragten und ſeine
Antwort im Voraus ziemlich genau kennt, würde
auch diesmal und hier nichts zur Sache thun;
aber aus Deinen Briefen weiß ich ja, daß auch
um Euch dort im Vogelſang allgemach die Deko¬
ration ſich ſo ſehr verändert, daß er — der Freund
— ſich da binnen Kurzem am allerwenigſten noch
zurechtfinden wird. Aus Büſchen werden Bäume,
aus Bäumen Hausmauern, aus Grün Grau. Aus
obſtſtehlenden (freilich meiſtens dazu verführten)
Schuljungen werden die beſten Verwaltungsbeamten
und Regierungsräthe, ſowie die ſchärfſten Staats¬
anwälte, und — aus dem nichtsnutzigſten Schlingel
des Vogelſangs wird (wenigſtens was ich dazu
thun kann) the most glorious tramp, der glo¬
rioſeſte Landſtreicher, der je auf den Wegen der
Welt den anſtändigen Paſſanten einen Schauder
und Schrecken eingejagt hat, wenn er an einem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0199" n="189"/>
Stachelbeerbü&#x017F;che und un&#x017F;ere grüne Hecke, auf den<lb/>
Nachbar Hartleben und &#x017F;ein Anwe&#x017F;en. Da ginge es<lb/>
wohl noch am leichte&#x017F;ten an, dem theuren Ahnherrn<lb/>
in dem Buche, dem Vetter Andres und dem braven<lb/>
Vetter Michel im eigenen Bu&#x017F;en &#x017F;ein Recht wieder¬<lb/>
zugeben; aber &#x2014; &#x2020; ! ? &#x2020; &#x2014;</p><lb/>
      <p>Frage Karl um &#x017F;eine Meinung hierüber, doch<lb/>
&#x2014; laß es lieber auch nur. Daß der Frager bei<lb/>
&#x017F;olchen Gelegenheiten den Gefragten und &#x017F;eine<lb/>
Antwort im Voraus ziemlich genau kennt, würde<lb/>
auch diesmal und hier nichts zur Sache thun;<lb/>
aber aus Deinen Briefen weiß ich ja, daß auch<lb/>
um Euch dort im Vogel&#x017F;ang allgemach die Deko¬<lb/>
ration &#x017F;ich &#x017F;o &#x017F;ehr verändert, daß er &#x2014; der Freund<lb/>
&#x2014; &#x017F;ich da binnen Kurzem am allerwenig&#x017F;ten noch<lb/>
zurechtfinden wird. Aus Bü&#x017F;chen werden Bäume,<lb/>
aus Bäumen Hausmauern, aus Grün Grau. Aus<lb/>
ob&#x017F;t&#x017F;tehlenden (freilich mei&#x017F;tens dazu verführten)<lb/>
Schuljungen werden die be&#x017F;ten Verwaltungsbeamten<lb/>
und Regierungsräthe, &#x017F;owie die &#x017F;chärf&#x017F;ten Staats¬<lb/>
anwälte, und &#x2014; aus dem nichtsnutzig&#x017F;ten Schlingel<lb/>
des Vogel&#x017F;angs wird (wenig&#x017F;tens was ich dazu<lb/>
thun kann) <hi rendition="#aq">the most glorious tramp</hi>, der glo¬<lb/>
rio&#x017F;e&#x017F;te Land&#x017F;treicher, der je auf den Wegen der<lb/>
Welt den an&#x017F;tändigen Pa&#x017F;&#x017F;anten einen Schauder<lb/>
und Schrecken eingejagt hat, wenn er an einem<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[189/0199] Stachelbeerbüſche und unſere grüne Hecke, auf den Nachbar Hartleben und ſein Anweſen. Da ginge es wohl noch am leichteſten an, dem theuren Ahnherrn in dem Buche, dem Vetter Andres und dem braven Vetter Michel im eigenen Buſen ſein Recht wieder¬ zugeben; aber — † ! ? † — Frage Karl um ſeine Meinung hierüber, doch — laß es lieber auch nur. Daß der Frager bei ſolchen Gelegenheiten den Gefragten und ſeine Antwort im Voraus ziemlich genau kennt, würde auch diesmal und hier nichts zur Sache thun; aber aus Deinen Briefen weiß ich ja, daß auch um Euch dort im Vogelſang allgemach die Deko¬ ration ſich ſo ſehr verändert, daß er — der Freund — ſich da binnen Kurzem am allerwenigſten noch zurechtfinden wird. Aus Büſchen werden Bäume, aus Bäumen Hausmauern, aus Grün Grau. Aus obſtſtehlenden (freilich meiſtens dazu verführten) Schuljungen werden die beſten Verwaltungsbeamten und Regierungsräthe, ſowie die ſchärfſten Staats¬ anwälte, und — aus dem nichtsnutzigſten Schlingel des Vogelſangs wird (wenigſtens was ich dazu thun kann) the most glorious tramp, der glo¬ rioſeſte Landſtreicher, der je auf den Wegen der Welt den anſtändigen Paſſanten einen Schauder und Schrecken eingejagt hat, wenn er an einem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/199
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 189. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/199>, abgerufen am 24.11.2024.