Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896.

Bild:
<< vorherige Seite

schwarzen Brauen dann und wann in eins zusammen¬
zogen. Böse wollte sie dann nur selten hinsehen,
nur etwas schärfer.

"Hinweise auf das Mittelmeer, Donjons, Falken¬
jagd, Zelter, Windspiele und König Renes Minnehöfe
kannst Du Dir sparen, Krumhardt," sagte Velten.
"Ich habe sie alle schon selber gemacht. Auch den
auf den Kastellan von Coucy und die Dame von
Fayel. Übrigens, Karl, standest Du gestern vor der
lieben Kleinen gerade so dumm, wie wenn Du in
Obertertia die Uhlandsche Simpelei dem Oberlehrer
Knutmann zu deklamiren hattest."

Er sagte dieses natürlich nicht in ihrer Gegen¬
wart, sondern als wir wieder vor der Thür waren
und fügte hinzu: "Nun, was meinst Du zu den
Leuten?"

Man kann bei dem, was man "von den Leuten
meint", auch ein Gefühl haben von ihrer Umgebung,
welches vollständig dazu gehört und nicht davon zu
trennen ist. Dieses traf hier ganz und gar ein, und
ich mußte nichts zu erwidern als: "Ausnehmend
anständig."

Heute würde ich sagen: es war ein vornehmes
Haus, in welches wir gekommen waren; aber man
hat ja so seine besondere Redensart für jede Lebens¬
epoche. -- Es war ein sehr wohlhabendes Haus, das

ſchwarzen Brauen dann und wann in eins zuſammen¬
zogen. Böſe wollte ſie dann nur ſelten hinſehen,
nur etwas ſchärfer.

„Hinweiſe auf das Mittelmeer, Donjons, Falken¬
jagd, Zelter, Windſpiele und König Renés Minnehöfe
kannſt Du Dir ſparen, Krumhardt,“ ſagte Velten.
„Ich habe ſie alle ſchon ſelber gemacht. Auch den
auf den Kaſtellan von Couçy und die Dame von
Fayel. Übrigens, Karl, ſtandeſt Du geſtern vor der
lieben Kleinen gerade ſo dumm, wie wenn Du in
Obertertia die Uhlandſche Simpelei dem Oberlehrer
Knutmann zu deklamiren hatteſt.“

Er ſagte dieſes natürlich nicht in ihrer Gegen¬
wart, ſondern als wir wieder vor der Thür waren
und fügte hinzu: „Nun, was meinſt Du zu den
Leuten?“

Man kann bei dem, was man „von den Leuten
meint“, auch ein Gefühl haben von ihrer Umgebung,
welches vollſtändig dazu gehört und nicht davon zu
trennen iſt. Dieſes traf hier ganz und gar ein, und
ich mußte nichts zu erwidern als: „Ausnehmend
anſtändig.“

Heute würde ich ſagen: es war ein vornehmes
Haus, in welches wir gekommen waren; aber man
hat ja ſo ſeine beſondere Redensart für jede Lebens¬
epoche. — Es war ein ſehr wohlhabendes Haus, das

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0131" n="121"/>
&#x017F;chwarzen Brauen dann und wann in eins zu&#x017F;ammen¬<lb/>
zogen. Bö&#x017F;e wollte &#x017F;ie dann nur &#x017F;elten hin&#x017F;ehen,<lb/>
nur etwas &#x017F;chärfer.</p><lb/>
      <p>&#x201E;Hinwei&#x017F;e auf das Mittelmeer, Donjons, Falken¬<lb/>
jagd, Zelter, Wind&#x017F;piele und König Ren<hi rendition="#aq">é</hi>s Minnehöfe<lb/>
kann&#x017F;t Du Dir &#x017F;paren, Krumhardt,&#x201C; &#x017F;agte Velten.<lb/>
&#x201E;Ich habe &#x017F;ie alle &#x017F;chon &#x017F;elber gemacht. Auch den<lb/>
auf den Ka&#x017F;tellan von Cou<hi rendition="#aq">ç</hi>y und die Dame von<lb/>
Fayel. Übrigens, Karl, &#x017F;tande&#x017F;t Du ge&#x017F;tern vor der<lb/>
lieben Kleinen gerade &#x017F;o dumm, wie wenn Du in<lb/>
Obertertia die Uhland&#x017F;che Simpelei dem Oberlehrer<lb/>
Knutmann zu deklamiren hatte&#x017F;t.&#x201C;</p><lb/>
      <p>Er &#x017F;agte die&#x017F;es natürlich nicht in ihrer Gegen¬<lb/>
wart, &#x017F;ondern als wir wieder vor der Thür waren<lb/>
und fügte hinzu: &#x201E;Nun, was mein&#x017F;t Du zu den<lb/>
Leuten?&#x201C;</p><lb/>
      <p>Man kann bei dem, was man &#x201E;von den Leuten<lb/>
meint&#x201C;, auch ein Gefühl haben von ihrer Umgebung,<lb/>
welches voll&#x017F;tändig dazu gehört und nicht davon zu<lb/>
trennen i&#x017F;t. Die&#x017F;es traf hier ganz und gar ein, und<lb/>
ich mußte nichts zu erwidern als: &#x201E;Ausnehmend<lb/>
an&#x017F;tändig.&#x201C;</p><lb/>
      <p>Heute würde ich &#x017F;agen: es war ein vornehmes<lb/>
Haus, in welches wir gekommen waren; aber man<lb/>
hat ja &#x017F;o &#x017F;eine be&#x017F;ondere Redensart für jede Lebens¬<lb/>
epoche. &#x2014; Es war ein &#x017F;ehr wohlhabendes Haus, das<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[121/0131] ſchwarzen Brauen dann und wann in eins zuſammen¬ zogen. Böſe wollte ſie dann nur ſelten hinſehen, nur etwas ſchärfer. „Hinweiſe auf das Mittelmeer, Donjons, Falken¬ jagd, Zelter, Windſpiele und König Renés Minnehöfe kannſt Du Dir ſparen, Krumhardt,“ ſagte Velten. „Ich habe ſie alle ſchon ſelber gemacht. Auch den auf den Kaſtellan von Couçy und die Dame von Fayel. Übrigens, Karl, ſtandeſt Du geſtern vor der lieben Kleinen gerade ſo dumm, wie wenn Du in Obertertia die Uhlandſche Simpelei dem Oberlehrer Knutmann zu deklamiren hatteſt.“ Er ſagte dieſes natürlich nicht in ihrer Gegen¬ wart, ſondern als wir wieder vor der Thür waren und fügte hinzu: „Nun, was meinſt Du zu den Leuten?“ Man kann bei dem, was man „von den Leuten meint“, auch ein Gefühl haben von ihrer Umgebung, welches vollſtändig dazu gehört und nicht davon zu trennen iſt. Dieſes traf hier ganz und gar ein, und ich mußte nichts zu erwidern als: „Ausnehmend anſtändig.“ Heute würde ich ſagen: es war ein vornehmes Haus, in welches wir gekommen waren; aber man hat ja ſo ſeine beſondere Redensart für jede Lebens¬ epoche. — Es war ein ſehr wohlhabendes Haus, das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/131
Zitationshilfe: Raabe, Wilhelm: Die Akten des Vogelsangs. Berlin, 1896, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/raabe_akten_1896/131>, abgerufen am 25.11.2024.