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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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2 + 1gliedriger Schwefel.
Aus den Strahlen erheben sich dann Täfelchen, welche
senkrecht gegen die Strahlen stehen. An den Täfelchen,
die durch Ausdehnung von P geworden sind, beob-
achtet man sämmtliche Flächen leicht. Auch ist die
Richtung der Tafeln auf beiden Seiten gegen einander
senkrecht, wenn man von wenigen Minuten absieht.

Frisch sind diese Krystalle klar, sie werden aber
[Abbildung] schnell undurchsichtig, wie der geschmolzene Schwefel, weil selbst im festen
Zustande die einzelnen Atome sich noch zu der Form gruppiren, welche ihrem
Temperaturzustande entspricht. Daher scheint auch der 2gliedrige Schwefel
undurchsichtig zu werden, wenn man ihn in einer Salzlauge (111°) kocht,
denn 111° ist der Schmelzpunkt, worin die 2gliedrige Form zur 2 + 1-
gliedrigen wird. Indeß will Pasteur (Pogg. Ann. 74. 94) auch aus
Schwefelkohlenstoff 2 + 1gliedrige Krystalle erhalten haben. Und Brame
(Erdmann's Journ. prakt. Chem. 55. 106) behauptet, daß auch der ge-
schmolzene Schwefel beständig 2gliedrig krystallisire, und nur dann 2 + 1-
gliedrig, wenn flüssiger im Ueberschuß vorhanden sei. Beim Uebergang
aus einer Form in die andere wird Wärme frei.

Härte 2, milde, Gew. 2. Vollkommen muscheliger Bruch mit Fett-
glanz, und fettig, denn es haftet kein Wasser darauf. Beim Reiben ent-
wickelt er einen eigenthümlichen Geruch, besonders bei großen Vorräthen
merklich, und das Silber läuft von ihm an. In der warmen Hand an
das Ohr gehalten erregt er ein starkes Knistern und Knacken. Gelbe
Farbe (Schwefelgelb) mit einem Stich ins Grün, der geschmolzene wird
oraniengelb bis braun, und nach Schönbein erscheint der krystallisirte
gelbe Schwefel bei -- 50° fast farblos. Durchscheinenheit ist sehr ver-
schieden, die klaren zeigen eine starke Strahlenbrechung, Brechungsexponent
= 2.

Brennt mit blauer Flamme unter Geruch von schwefliger Säure SO2.
Bei 111° C. schmilzt er zu einer klaren bernsteingelben Flüssigkeit; bei
160° C. fängt er an dickflüssig und braun zu werden. Gießt man solchen
dickflüssigen ins Wasser, so bildet er einen elastischen Teig, der sich nach
Art des Gutta Percha in Fäden ziehen läßt, nach einigen Tagen ist er
aber wieder spröde, wie Stangenschwefel. Bei 200° fließt er nicht mehr
aus dem Gefäß, bei 250° wird er wieder flüssiger, bis er endlich bei
420° C. mit orangenfarbigem Dampf kocht, der in geschlossenen Gefäßen
unverändert überdestillirt. Es scheint, daß in den Vulkanen die Schwefel-
krystalle aus solchen Schwefeldämpfen entstehen. Läßt man ihn von hier
ab erkalten, so geht er wieder die verschiedenen Grade der Flüssigkeit hin-
durch bis zum Schmelzpunkte. Bei der ganzen Operation dehnt er sich
gleichmäßig aus.

Fundorte des gediegenen Schwefels sind hauptsächlich zweierlei:

1) mit Gyps und Bitumen besonders der tertiären Formation. Hier
durchdringt der Schwefel gewöhnlich in amorpher Gestalt die Thonschichten,
aus welchen er abgesaigert wird. Sicilien, was allein jährlich 1 Mil-
lionen Centner liefert, ist besonders damit bedacht. Der alttertiäre Thon-
schlamm ruht auf Hippuritenkalk in Nachbarschaft von Gypsgebirgen,
und wenn Klüfte darin entstehen, so sind sie mit Krystallen von Cölestin
pag. 473, Gyps, Kalkspath und Schwefel ausgekleidet, letztere können

2 + 1gliedriger Schwefel.
Aus den Strahlen erheben ſich dann Täfelchen, welche
ſenkrecht gegen die Strahlen ſtehen. An den Täfelchen,
die durch Ausdehnung von P geworden ſind, beob-
achtet man ſämmtliche Flächen leicht. Auch iſt die
Richtung der Tafeln auf beiden Seiten gegen einander
ſenkrecht, wenn man von wenigen Minuten abſieht.

Friſch ſind dieſe Kryſtalle klar, ſie werden aber
[Abbildung] ſchnell undurchſichtig, wie der geſchmolzene Schwefel, weil ſelbſt im feſten
Zuſtande die einzelnen Atome ſich noch zu der Form gruppiren, welche ihrem
Temperaturzuſtande entſpricht. Daher ſcheint auch der 2gliedrige Schwefel
undurchſichtig zu werden, wenn man ihn in einer Salzlauge (111°) kocht,
denn 111° iſt der Schmelzpunkt, worin die 2gliedrige Form zur 2 + 1-
gliedrigen wird. Indeß will Paſteur (Pogg. Ann. 74. 94) auch aus
Schwefelkohlenſtoff 2 + 1gliedrige Kryſtalle erhalten haben. Und Brame
(Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 55. 106) behauptet, daß auch der ge-
ſchmolzene Schwefel beſtändig 2gliedrig kryſtalliſire, und nur dann 2 + 1-
gliedrig, wenn flüſſiger im Ueberſchuß vorhanden ſei. Beim Uebergang
aus einer Form in die andere wird Wärme frei.

Härte 2, milde, Gew. 2. Vollkommen muſcheliger Bruch mit Fett-
glanz, und fettig, denn es haftet kein Waſſer darauf. Beim Reiben ent-
wickelt er einen eigenthümlichen Geruch, beſonders bei großen Vorräthen
merklich, und das Silber läuft von ihm an. In der warmen Hand an
das Ohr gehalten erregt er ein ſtarkes Kniſtern und Knacken. Gelbe
Farbe (Schwefelgelb) mit einem Stich ins Grün, der geſchmolzene wird
oraniengelb bis braun, und nach Schönbein erſcheint der kryſtalliſirte
gelbe Schwefel bei — 50° faſt farblos. Durchſcheinenheit iſt ſehr ver-
ſchieden, die klaren zeigen eine ſtarke Strahlenbrechung, Brechungsexponent
= 2.

Brennt mit blauer Flamme unter Geruch von ſchwefliger Säure SO2.
Bei 111° C. ſchmilzt er zu einer klaren bernſteingelben Flüſſigkeit; bei
160° C. fängt er an dickflüſſig und braun zu werden. Gießt man ſolchen
dickflüſſigen ins Waſſer, ſo bildet er einen elaſtiſchen Teig, der ſich nach
Art des Gutta Percha in Fäden ziehen läßt, nach einigen Tagen iſt er
aber wieder ſpröde, wie Stangenſchwefel. Bei 200° fließt er nicht mehr
aus dem Gefäß, bei 250° wird er wieder flüſſiger, bis er endlich bei
420° C. mit orangenfarbigem Dampf kocht, der in geſchloſſenen Gefäßen
unverändert überdeſtillirt. Es ſcheint, daß in den Vulkanen die Schwefel-
kryſtalle aus ſolchen Schwefeldämpfen entſtehen. Läßt man ihn von hier
ab erkalten, ſo geht er wieder die verſchiedenen Grade der Flüſſigkeit hin-
durch bis zum Schmelzpunkte. Bei der ganzen Operation dehnt er ſich
gleichmäßig aus.

Fundorte des gediegenen Schwefels ſind hauptſächlich zweierlei:

1) mit Gyps und Bitumen beſonders der tertiären Formation. Hier
durchdringt der Schwefel gewöhnlich in amorpher Geſtalt die Thonſchichten,
aus welchen er abgeſaigert wird. Sicilien, was allein jährlich 1 Mil-
lionen Centner liefert, iſt beſonders damit bedacht. Der alttertiäre Thon-
ſchlamm ruht auf Hippuritenkalk in Nachbarſchaft von Gypsgebirgen,
und wenn Klüfte darin entſtehen, ſo ſind ſie mit Kryſtallen von Cöleſtin
pag. 473, Gyps, Kalkſpath und Schwefel ausgekleidet, letztere können

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[509/0521] 2 + 1gliedriger Schwefel. Aus den Strahlen erheben ſich dann Täfelchen, welche ſenkrecht gegen die Strahlen ſtehen. An den Täfelchen, die durch Ausdehnung von P geworden ſind, beob- achtet man ſämmtliche Flächen leicht. Auch iſt die Richtung der Tafeln auf beiden Seiten gegen einander ſenkrecht, wenn man von wenigen Minuten abſieht. Friſch ſind dieſe Kryſtalle klar, ſie werden aber [Abbildung] ſchnell undurchſichtig, wie der geſchmolzene Schwefel, weil ſelbſt im feſten Zuſtande die einzelnen Atome ſich noch zu der Form gruppiren, welche ihrem Temperaturzuſtande entſpricht. Daher ſcheint auch der 2gliedrige Schwefel undurchſichtig zu werden, wenn man ihn in einer Salzlauge (111°) kocht, denn 111° iſt der Schmelzpunkt, worin die 2gliedrige Form zur 2 + 1- gliedrigen wird. Indeß will Paſteur (Pogg. Ann. 74. 94) auch aus Schwefelkohlenſtoff 2 + 1gliedrige Kryſtalle erhalten haben. Und Brame (Erdmann’s Journ. prakt. Chem. 55. 106) behauptet, daß auch der ge- ſchmolzene Schwefel beſtändig 2gliedrig kryſtalliſire, und nur dann 2 + 1- gliedrig, wenn flüſſiger im Ueberſchuß vorhanden ſei. Beim Uebergang aus einer Form in die andere wird Wärme frei. Härte 2, milde, Gew. 2. Vollkommen muſcheliger Bruch mit Fett- glanz, und fettig, denn es haftet kein Waſſer darauf. Beim Reiben ent- wickelt er einen eigenthümlichen Geruch, beſonders bei großen Vorräthen merklich, und das Silber läuft von ihm an. In der warmen Hand an das Ohr gehalten erregt er ein ſtarkes Kniſtern und Knacken. Gelbe Farbe (Schwefelgelb) mit einem Stich ins Grün, der geſchmolzene wird oraniengelb bis braun, und nach Schönbein erſcheint der kryſtalliſirte gelbe Schwefel bei — 50° faſt farblos. Durchſcheinenheit iſt ſehr ver- ſchieden, die klaren zeigen eine ſtarke Strahlenbrechung, Brechungsexponent = 2. Brennt mit blauer Flamme unter Geruch von ſchwefliger Säure SO2. Bei 111° C. ſchmilzt er zu einer klaren bernſteingelben Flüſſigkeit; bei 160° C. fängt er an dickflüſſig und braun zu werden. Gießt man ſolchen dickflüſſigen ins Waſſer, ſo bildet er einen elaſtiſchen Teig, der ſich nach Art des Gutta Percha in Fäden ziehen läßt, nach einigen Tagen iſt er aber wieder ſpröde, wie Stangenſchwefel. Bei 200° fließt er nicht mehr aus dem Gefäß, bei 250° wird er wieder flüſſiger, bis er endlich bei 420° C. mit orangenfarbigem Dampf kocht, der in geſchloſſenen Gefäßen unverändert überdeſtillirt. Es ſcheint, daß in den Vulkanen die Schwefel- kryſtalle aus ſolchen Schwefeldämpfen entſtehen. Läßt man ihn von hier ab erkalten, ſo geht er wieder die verſchiedenen Grade der Flüſſigkeit hin- durch bis zum Schmelzpunkte. Bei der ganzen Operation dehnt er ſich gleichmäßig aus. Fundorte des gediegenen Schwefels ſind hauptſächlich zweierlei: 1) mit Gyps und Bitumen beſonders der tertiären Formation. Hier durchdringt der Schwefel gewöhnlich in amorpher Geſtalt die Thonſchichten, aus welchen er abgeſaigert wird. Sicilien, was allein jährlich 1[FORMEL] Mil- lionen Centner liefert, iſt beſonders damit bedacht. Der alttertiäre Thon- ſchlamm ruht auf Hippuritenkalk in Nachbarſchaft von Gypsgebirgen, und wenn Klüfte darin entſtehen, ſo ſind ſie mit Kryſtallen von Cöleſtin pag. 473, Gyps, Kalkſpath und Schwefel ausgekleidet, letztere können

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 509. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/521>, abgerufen am 24.11.2024.