Zwillinge gibt es zweierlei, bei beiden spielt aber der Perlmutter- bruch P ein. Am verbreitetsten finden sich
1. Die Zwillinge des Salzgebirges auf Drusenräumen: sie haben die Säule f f gemein und liegen umgekehrt. Gewöhnlich legen sie
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sich sehr regelmäßig mit dem muscheligen Bruch M an einander, und da sie nun mit einem Ende aufwachsen, so ragt bald ein zweigliedriges Oktaeder, oder eine Gabel hinaus, die man gern mit einem Schwalbenschwanz vergleicht (Schwalben- schwanzzwillinge). Wenn man auch die feine Linie der Zwillingsgränze auf P leicht übersehen könnte, so leitet uns doch der fasrige Bruch T, welcher durch P durchscheint, und in beiden Individuen an der Zwillingsgränze plötzlich aufhört. Man findet häufig handgroße Platten, worin die Faserbrüche durch ihren Schnitt unter 1320 28' noch deutlich die Zwillingsverwachsung anzeigen. Mitscherlich bediente sich dieser Krystalle auf ingeniöse Art (Pogg. Ann. 41. 213), um zu beweisen, daß sie durch die Wärme nach verschiedenen
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Richtungen sich verschieden ausdehnen: Er schliff eine Grad- endfläche c daran, die senkrecht gegen P und f steht, erwärmt oder erkältet man nun, so kommt einerseits ein einspringender und andererseits ein ausspringender Winkel c c'. Wo? sagt die Abhandlung nicht. Bei 80 R. Temperaturdifferenz ändert sich der Winkel um 1'. Dieß könnte nicht der Fall sein, wenn die Krystallsubstanz sich nach allen Richtungen gleich aus- dehnte.
2. Pariser Zwillinge eingewachsen und nicht in Drusenräumen: es sind jene großen dem Optiker sowohl bekannten weingelben Linsen.
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Bei ihnen spiegelt auch P ein, allein im Uebrigen haben sie nicht f/f, sondern das Augitpaar l/l gemein, die Ab- stumpfungsfläche z der stumpfen Kante dieses Paares bildet immer die scharf erkennbare Zwillingsgränze. f ist der zur Schneide gewordene Säulenrand, l und n die Region der Augitpaare. Das Hauptkriterium liefern jedoch die Lagen des muscheligen und fasrigen Bruchs, die man sich leicht an einem abgespaltenen Zwillingsblatt durch Querbruch verschaffen kann: der fasrige Bruch T schneidet die Zwil- lingsebene z unter einem Winkel von 1180 29' oder 610 31', der muschelige M' dagegen unter 1270 44' oder 520 16', und zwar so oft der eine stumpf muß der andere scharf schneiden und umgekehrt, der Winkel zwischen M' und T (oder M T') beträgt also 1890 15' oder 1700 45', daher liegen M und T' oder M' und T in einer Flucht, die nur um 90 15' auf der Zwillings- gränze geknickt ist. Es kommen nun freilich in Beziehung auf die Zwillings- gränze und Größe der Individuen gar manche Modificationen vor, doch kommt man selten in Schwierigkeiten. Lehrreich sind in dieser Beziehung die Zwillinge von
Morl bei Halle an der Sale, wahrscheinlich in die dortige Por- zellanerde eingesprengt, die um und um ausgebildeten Individuen durch- wachsen sich so, daß an beiden Enden ein schönes Oblongoktaeder f f f' f'
II. Cl. Saliniſche Steine: Gyps.
Zwillinge gibt es zweierlei, bei beiden ſpielt aber der Perlmutter- bruch P ein. Am verbreitetſten finden ſich
1. Die Zwillinge des Salzgebirges auf Druſenräumen: ſie haben die Säule f f gemein und liegen umgekehrt. Gewöhnlich legen ſie
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ſich ſehr regelmäßig mit dem muſcheligen Bruch M an einander, und da ſie nun mit einem Ende aufwachſen, ſo ragt bald ein zweigliedriges Oktaeder, oder eine Gabel hinaus, die man gern mit einem Schwalbenſchwanz vergleicht (Schwalben- ſchwanzzwillinge). Wenn man auch die feine Linie der Zwillingsgränze auf P leicht überſehen könnte, ſo leitet uns doch der faſrige Bruch T, welcher durch P durchſcheint, und in beiden Individuen an der Zwillingsgränze plötzlich aufhört. Man findet häufig handgroße Platten, worin die Faſerbrüche durch ihren Schnitt unter 1320 28′ noch deutlich die Zwillingsverwachſung anzeigen. Mitſcherlich bediente ſich dieſer Kryſtalle auf ingeniöſe Art (Pogg. Ann. 41. 213), um zu beweiſen, daß ſie durch die Wärme nach verſchiedenen
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Richtungen ſich verſchieden ausdehnen: Er ſchliff eine Grad- endfläche c daran, die ſenkrecht gegen P und f ſteht, erwärmt oder erkältet man nun, ſo kommt einerſeits ein einſpringender und andererſeits ein ausſpringender Winkel c c'. Wo? ſagt die Abhandlung nicht. Bei 80 R. Temperaturdifferenz ändert ſich der Winkel um 1′. Dieß könnte nicht der Fall ſein, wenn die Kryſtallſubſtanz ſich nach allen Richtungen gleich aus- dehnte.
2. Pariſer Zwillinge eingewachſen und nicht in Druſenräumen: es ſind jene großen dem Optiker ſowohl bekannten weingelben Linſen.
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Bei ihnen ſpiegelt auch P ein, allein im Uebrigen haben ſie nicht f/f, ſondern das Augitpaar l/l gemein, die Ab- ſtumpfungsfläche z der ſtumpfen Kante dieſes Paares bildet immer die ſcharf erkennbare Zwillingsgränze. f iſt der zur Schneide gewordene Säulenrand, l und n die Region der Augitpaare. Das Hauptkriterium liefern jedoch die Lagen des muſcheligen und faſrigen Bruchs, die man ſich leicht an einem abgeſpaltenen Zwillingsblatt durch Querbruch verſchaffen kann: der faſrige Bruch T ſchneidet die Zwil- lingsebene z unter einem Winkel von 1180 29′ oder 610 31′, der muſchelige M' dagegen unter 1270 44′ oder 520 16′, und zwar ſo oft der eine ſtumpf muß der andere ſcharf ſchneiden und umgekehrt, der Winkel zwiſchen M' und T (oder M T') beträgt alſo 1890 15′ oder 1700 45′, daher liegen M und T' oder M' und T in einer Flucht, die nur um 90 15′ auf der Zwillings- gränze geknickt iſt. Es kommen nun freilich in Beziehung auf die Zwillings- gränze und Größe der Individuen gar manche Modificationen vor, doch kommt man ſelten in Schwierigkeiten. Lehrreich ſind in dieſer Beziehung die Zwillinge von
Morl bei Halle an der Sale, wahrſcheinlich in die dortige Por- zellanerde eingeſprengt, die um und um ausgebildeten Individuen durch- wachſen ſich ſo, daß an beiden Enden ein ſchönes Oblongoktaeder f f f' f'
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II. Cl. Saliniſche Steine: Gyps.
Zwillinge gibt es zweierlei, bei beiden ſpielt aber der Perlmutter-
bruch P ein. Am verbreitetſten finden ſich
1. Die Zwillinge des Salzgebirges auf Druſenräumen: ſie
haben die Säule f f gemein und liegen umgekehrt. Gewöhnlich legen ſie
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ſich ſehr regelmäßig mit dem muſcheligen Bruch M an einander,
und da ſie nun mit einem Ende aufwachſen, ſo ragt bald ein
zweigliedriges Oktaeder, oder eine Gabel hinaus, die man
gern mit einem Schwalbenſchwanz vergleicht (Schwalben-
ſchwanzzwillinge). Wenn man auch die feine Linie der
Zwillingsgränze auf P leicht überſehen könnte, ſo leitet uns
doch der faſrige Bruch T, welcher durch P durchſcheint, und in
beiden Individuen an der Zwillingsgränze plötzlich aufhört.
Man findet häufig handgroße Platten, worin die Faſerbrüche durch ihren
Schnitt unter 1320 28′ noch deutlich die Zwillingsverwachſung anzeigen.
Mitſcherlich bediente ſich dieſer Kryſtalle auf ingeniöſe Art (Pogg. Ann.
41. 213), um zu beweiſen, daß ſie durch die Wärme nach verſchiedenen
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Richtungen ſich verſchieden ausdehnen: Er ſchliff eine Grad-
endfläche c daran, die ſenkrecht gegen P und f ſteht, erwärmt oder
erkältet man nun, ſo kommt einerſeits ein einſpringender und
andererſeits ein ausſpringender Winkel c c'. Wo? ſagt die
Abhandlung nicht. Bei 80 R. Temperaturdifferenz ändert ſich
der Winkel um 1[FORMEL]′. Dieß könnte nicht der Fall ſein, wenn
die Kryſtallſubſtanz ſich nach allen Richtungen gleich aus-
dehnte.
2. Pariſer Zwillinge eingewachſen und nicht in Druſenräumen:
es ſind jene großen dem Optiker ſowohl bekannten weingelben Linſen.
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Bei ihnen ſpiegelt auch P ein, allein im Uebrigen haben
ſie nicht f/f, ſondern das Augitpaar l/l gemein, die Ab-
ſtumpfungsfläche z der ſtumpfen Kante dieſes Paares bildet
immer die ſcharf erkennbare Zwillingsgränze. f iſt der zur
Schneide gewordene Säulenrand, l und n die Region der
Augitpaare. Das Hauptkriterium liefern jedoch die Lagen
des muſcheligen und faſrigen Bruchs, die man ſich leicht
an einem abgeſpaltenen Zwillingsblatt durch Querbruch
verſchaffen kann: der faſrige Bruch T ſchneidet die Zwil-
lingsebene z unter einem Winkel von 1180 29′ oder 610
31′, der muſchelige M' dagegen unter 1270 44′ oder 520
16′, und zwar ſo oft der eine ſtumpf muß der andere
ſcharf ſchneiden und umgekehrt, der Winkel zwiſchen M' und
T (oder M T') beträgt alſo 1890 15′ oder 1700 45′, daher liegen M und
T' oder M' und T in einer Flucht, die nur um 90 15′ auf der Zwillings-
gränze geknickt iſt. Es kommen nun freilich in Beziehung auf die Zwillings-
gränze und Größe der Individuen gar manche Modificationen vor, doch
kommt man ſelten in Schwierigkeiten. Lehrreich ſind in dieſer Beziehung
die Zwillinge von
Morl bei Halle an der Sale, wahrſcheinlich in die dortige Por-
zellanerde eingeſprengt, die um und um ausgebildeten Individuen durch-
wachſen ſich ſo, daß an beiden Enden ein ſchönes Oblongoktaeder f f f' f'
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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 362. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/374>, abgerufen am 22.11.2024.
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