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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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II. Cl. Salinische Steine: Kalkspath.
Sie runden die Seitenkanten der Rhomboeder und Dreikantner oft ganz
cylindrisch, und sind daher gewöhnlich keiner scharfen Bestimmung fähig.

Von den Rhomboedern zieht vor allem die sogenannte Haupt-
reihe
das Augenmerk auf sich. Dahin gehört
das erste stumpfere b' = 2a' : 2a' : infinitya (134° 57'),
welches gewöhnlich in symmetrischen Pentagonen die Enden der ersten
sechsseitigen Säule bildet. Man erkennt es sehr leicht an der Lage des
Blätterbruchs, welcher in die Diagonalzonen fällt, denen gewöhnlich eine
auffallende Streifung entspricht, wodurch die Pentagone bauchig werden.
Schon Linne war auf diese Pentagone aufmerksam, denn sie gehören mit
zu den verbreitetsten Vorkommnissen auf Erzgängen, in Spalten des Kalk-
gebirges, in Achatdrusen von Oberstein, Waldshut am südlichen Schwarz-
walde etc. Zu Drusen gruppirt kommen die Rhomboeder auch selbstständig
vor, unter andern sehr schön zu Neudorf auf dem Unterharz. Bei mitt-
lerer Ausdehnung bilden auch die Säulenflächen symmetrische Pentagone,
wir haben dann ein 3 + 3flächiges Pentagondodekaeder.

Das 2te stumpfere Rhomboeder 4a : 4a : infinitya
wird zwar erwähnt, gehört aber zu den Seltenheiten.

Das erste schärfere e' = 1/2a' : 1/2a' : infinitya
fällt in die Diagonalzone des blättrigen Bruchs, derselbe muß also seine
Endkanten gerade abstumpfen, woran man es leicht erkennt. Man findet
es häufig aufgewachsen, besonders in Kalkgebirgen der Jura- und Muschel-
kalkformation. Am merkwürdigsten sind aber die sogenannten krystalli-
sirten Sandsteine von Fontainebleau, worin der Kalkspath nur 1/3 , der
Quarzsand dagegen 2/3 beträgt, dennoch kommen die Rhomboeder in größter
Regelmäßigkeit vor, auch verräth der Spiegel in den Kanten das Wesen
der Form. Es sind eigentlich Kalkconcretionen in einem Tertiärsande,
daher bilden sie große Knollen aus verwachsenen Rhomboedern, worunter
sich auch viele Einzelkrystalle, regelmäßig wie Modelle, zeigen. Hauy
nannte es Rhomboedre inverse (Invertirungsrhomboeder), weil es
nach seiner Rechnung den stumpfen Flächenwinkel von 104° 28' 40" und
den stumpfen Seitenkantenwinkel von 101° 32' 13" mit den Winkeln,
Kanten- und Flächenwinkeln, des Hauptrhomboeders vertausche. Auch der
Hauptschnitt hat die gleichen Winkel von 108° 26' 6", nur fällt jetzt
der stumpfe Winkel nicht in die End- sondern in die Seitenecke. In
gleicher Verwandtschaft steht das 1ste stumpfere mit dem 2ten schärfern,
überhaupt das nte stumpfere mit dem n + 1ten schärfern. Dieses schöne
Verhältniß fällt aber, sobald P gegen c nicht mehr 45° geneigt ist: denn
nach Wollaston beträgt die Endkante des Rh. inverse 78° 51', während
der scharfe Flächenwinkel des blättrigen Bruchs nur 78° 5' macht, so daß
eine kleine Differenz bleibt.

Das 2te schärfere e3 = 1/4a : 1/4a : infinitya (65° 50')
bindet sich hauptsächlich an den gewöhnlichen Dreikantner d2, in dessen
scharfen Endkanten es liegt, der Dreikantner muß folglich die Endkanten
zuschärfen. In unsern schwäbischen Muschelkalken (besonders an der Wutach)
findet man häufig dieses Rhomboeder vorherrschen. Da es mit dem ersten
stumpfen Rhomboeder die Winkel vertauscht, so beträgt der ebene Winkel
in der Endecke ungefähr einen halben rechten, was das Auge leicht be-
urtheilt. Das

II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath.
Sie runden die Seitenkanten der Rhomboeder und Dreikantner oft ganz
cylindriſch, und ſind daher gewöhnlich keiner ſcharfen Beſtimmung fähig.

Von den Rhomboedern zieht vor allem die ſogenannte Haupt-
reihe
das Augenmerk auf ſich. Dahin gehört
das erſte ſtumpfere b' = 2a' : 2a' : ∞a (134° 57′),
welches gewöhnlich in ſymmetriſchen Pentagonen die Enden der erſten
ſechsſeitigen Säule bildet. Man erkennt es ſehr leicht an der Lage des
Blätterbruchs, welcher in die Diagonalzonen fällt, denen gewöhnlich eine
auffallende Streifung entſpricht, wodurch die Pentagone bauchig werden.
Schon Linné war auf dieſe Pentagone aufmerkſam, denn ſie gehören mit
zu den verbreitetſten Vorkommniſſen auf Erzgängen, in Spalten des Kalk-
gebirges, in Achatdruſen von Oberſtein, Waldshut am ſüdlichen Schwarz-
walde ꝛc. Zu Druſen gruppirt kommen die Rhomboeder auch ſelbſtſtändig
vor, unter andern ſehr ſchön zu Neudorf auf dem Unterharz. Bei mitt-
lerer Ausdehnung bilden auch die Säulenflächen ſymmetriſche Pentagone,
wir haben dann ein 3 + 3flächiges Pentagondodekaeder.

Das 2te ſtumpfere Rhomboeder 4a : 4a : ∞a
wird zwar erwähnt, gehört aber zu den Seltenheiten.

Das erſte ſchärfere e' = ½a' : ½a' : ∞a
fällt in die Diagonalzone des blättrigen Bruchs, derſelbe muß alſo ſeine
Endkanten gerade abſtumpfen, woran man es leicht erkennt. Man findet
es häufig aufgewachſen, beſonders in Kalkgebirgen der Jura- und Muſchel-
kalkformation. Am merkwürdigſten ſind aber die ſogenannten kryſtalli-
ſirten Sandſteine von Fontainebleau, worin der Kalkſpath nur ⅓, der
Quarzſand dagegen ⅔ beträgt, dennoch kommen die Rhomboeder in größter
Regelmäßigkeit vor, auch verräth der Spiegel in den Kanten das Weſen
der Form. Es ſind eigentlich Kalkconcretionen in einem Tertiärſande,
daher bilden ſie große Knollen aus verwachſenen Rhomboedern, worunter
ſich auch viele Einzelkryſtalle, regelmäßig wie Modelle, zeigen. Hauy
nannte es Rhomboèdre inverse (Invertirungsrhomboeder), weil es
nach ſeiner Rechnung den ſtumpfen Flächenwinkel von 104° 28′ 40″ und
den ſtumpfen Seitenkantenwinkel von 101° 32′ 13″ mit den Winkeln,
Kanten- und Flächenwinkeln, des Hauptrhomboeders vertauſche. Auch der
Hauptſchnitt hat die gleichen Winkel von 108° 26′ 6″, nur fällt jetzt
der ſtumpfe Winkel nicht in die End- ſondern in die Seitenecke. In
gleicher Verwandtſchaft ſteht das 1ſte ſtumpfere mit dem 2ten ſchärfern,
überhaupt das nte ſtumpfere mit dem n + 1ten ſchärfern. Dieſes ſchöne
Verhältniß fällt aber, ſobald P gegen c nicht mehr 45° geneigt iſt: denn
nach Wollaſton beträgt die Endkante des Rh. inverse 78° 51′, während
der ſcharfe Flächenwinkel des blättrigen Bruchs nur 78° 5′ macht, ſo daß
eine kleine Differenz bleibt.

Das 2te ſchärfere e3 = ¼a : ¼a : ∞a (65° 50′)
bindet ſich hauptſächlich an den gewöhnlichen Dreikantner d2, in deſſen
ſcharfen Endkanten es liegt, der Dreikantner muß folglich die Endkanten
zuſchärfen. In unſern ſchwäbiſchen Muſchelkalken (beſonders an der Wutach)
findet man häufig dieſes Rhomboeder vorherrſchen. Da es mit dem erſten
ſtumpfen Rhomboeder die Winkel vertauſcht, ſo beträgt der ebene Winkel
in der Endecke ungefähr einen halben rechten, was das Auge leicht be-
urtheilt. Das

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[318/0330] II. Cl. Saliniſche Steine: Kalkſpath. Sie runden die Seitenkanten der Rhomboeder und Dreikantner oft ganz cylindriſch, und ſind daher gewöhnlich keiner ſcharfen Beſtimmung fähig. Von den Rhomboedern zieht vor allem die ſogenannte Haupt- reihe das Augenmerk auf ſich. Dahin gehört das erſte ſtumpfere b' = 2a' : 2a' : ∞a (134° 57′), welches gewöhnlich in ſymmetriſchen Pentagonen die Enden der erſten ſechsſeitigen Säule bildet. Man erkennt es ſehr leicht an der Lage des Blätterbruchs, welcher in die Diagonalzonen fällt, denen gewöhnlich eine auffallende Streifung entſpricht, wodurch die Pentagone bauchig werden. Schon Linné war auf dieſe Pentagone aufmerkſam, denn ſie gehören mit zu den verbreitetſten Vorkommniſſen auf Erzgängen, in Spalten des Kalk- gebirges, in Achatdruſen von Oberſtein, Waldshut am ſüdlichen Schwarz- walde ꝛc. Zu Druſen gruppirt kommen die Rhomboeder auch ſelbſtſtändig vor, unter andern ſehr ſchön zu Neudorf auf dem Unterharz. Bei mitt- lerer Ausdehnung bilden auch die Säulenflächen ſymmetriſche Pentagone, wir haben dann ein 3 + 3flächiges Pentagondodekaeder. Das 2te ſtumpfere Rhomboeder 4a : 4a : ∞a wird zwar erwähnt, gehört aber zu den Seltenheiten. Das erſte ſchärfere e' = ½a' : ½a' : ∞a fällt in die Diagonalzone des blättrigen Bruchs, derſelbe muß alſo ſeine Endkanten gerade abſtumpfen, woran man es leicht erkennt. Man findet es häufig aufgewachſen, beſonders in Kalkgebirgen der Jura- und Muſchel- kalkformation. Am merkwürdigſten ſind aber die ſogenannten kryſtalli- ſirten Sandſteine von Fontainebleau, worin der Kalkſpath nur ⅓, der Quarzſand dagegen ⅔ beträgt, dennoch kommen die Rhomboeder in größter Regelmäßigkeit vor, auch verräth der Spiegel in den Kanten das Weſen der Form. Es ſind eigentlich Kalkconcretionen in einem Tertiärſande, daher bilden ſie große Knollen aus verwachſenen Rhomboedern, worunter ſich auch viele Einzelkryſtalle, regelmäßig wie Modelle, zeigen. Hauy nannte es Rhomboèdre inverse (Invertirungsrhomboeder), weil es nach ſeiner Rechnung den ſtumpfen Flächenwinkel von 104° 28′ 40″ und den ſtumpfen Seitenkantenwinkel von 101° 32′ 13″ mit den Winkeln, Kanten- und Flächenwinkeln, des Hauptrhomboeders vertauſche. Auch der Hauptſchnitt hat die gleichen Winkel von 108° 26′ 6″, nur fällt jetzt der ſtumpfe Winkel nicht in die End- ſondern in die Seitenecke. In gleicher Verwandtſchaft ſteht das 1ſte ſtumpfere mit dem 2ten ſchärfern, überhaupt das nte ſtumpfere mit dem n + 1ten ſchärfern. Dieſes ſchöne Verhältniß fällt aber, ſobald P gegen c nicht mehr 45° geneigt iſt: denn nach Wollaſton beträgt die Endkante des Rh. inverse 78° 51′, während der ſcharfe Flächenwinkel des blättrigen Bruchs nur 78° 5′ macht, ſo daß eine kleine Differenz bleibt. Das 2te ſchärfere e3 = ¼a : ¼a : ∞a (65° 50′) bindet ſich hauptſächlich an den gewöhnlichen Dreikantner d2, in deſſen ſcharfen Endkanten es liegt, der Dreikantner muß folglich die Endkanten zuſchärfen. In unſern ſchwäbiſchen Muſchelkalken (beſonders an der Wutach) findet man häufig dieſes Rhomboeder vorherrſchen. Da es mit dem erſten ſtumpfen Rhomboeder die Winkel vertauſcht, ſo beträgt der ebene Winkel in der Endecke ungefähr einen halben rechten, was das Auge leicht be- urtheilt. Das

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 318. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/330>, abgerufen am 28.11.2024.