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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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I. Cl. 3te Fam.: Glimmer.
wenn die vermeintliche Säule M nicht Oktaeder e' ist, der Glimmer
2+1gliedrig sein. Diese Winkel stimmen mit den alten Messungen von
Phillips ganz genau, der außerdem noch angibt: vorn zwei Augitpaare
m und f mit den Winkeln P/f = 135° 16' und P/m = 121° 45', hinten
ebenfalls zwei g und h mit P/g = 107° 5' und P/h = 83° 2'. Ferner
zwischen P und der Abstumpfung der scharfen Säulenkante r, also aus
der Diagonalzone von P, drei Paare e n o, P/e = 114° 30', P/n =
94° 30', P/o = 92° 55'. Endlich noch ein eigenthümliches Paar l,
scheinbar zwischen h und o gelegen, doch soll P/l 100° 20' sein. Die Krystalle
stammten wahrscheinlich auch vom Vesuv. Kenngott (Pogg. Ann. 73.
602) beschreibt eine große Glimmerplatte von Monroe in New-York mit
rhombischer Säule von 68°, und auf diese scharfe Kante setzt sich der blätt-
rige Bruch als Schiefendfläche mit P/M = 109° auf. Kobell beschreibt
sogar ähnliche Tafeln mit doppeltschiefer Endfläche, so daß das System
eingliedrig wäre. Dazu kommt der ausgezeichnete

rhomboedrische Glimmer von Monte Rosa mit einem Rhom-
boeder von 63° 15' in den Endkanten, siehe unten.

Optisch unterscheidet man einaxigen Glimmer, dieser müßte nach
den gewöhnlichen Regeln rhomboedrisch oder sechsgliedrig sein. Legt man
ein Blättchen zwischen gekreuzte Turmalinplatten, so bleibt es bei jeder
beliebigen Drehung des Blättchens dunkel. Das schwarze Kreuz nimmt
das Centrum ein. Häufiger findet sich der zweiaxige, welcher bei
einer Kreisdrehung vier Mal dunkel und vier Mal hell wird: dunkel so
oft eine Polarisationsebene des Glimmerblättchens mit einer des Apparats
zusammenfällt. Aber der Winkel der optischen Axen weicht bei den ein-
zelnen Varietäten so ab, daß hier noch weniger Sicherheit als bei der
Krystallform stattfindet, besonders seitdem Senarmont (Ann. Chim. et
Phys. 3 ser. 1852. tom.
34.) gezeigt hat, daß sich gar kein constantes
Winkelverhältniß vorfinde, ja sogar zwischen zwei- und einaxigen ein
Uebergang dasei: Selbst die Ebene der Optischen Axen falle bald mit
b c bald mit a c zusammen! Letzteres könnte übrigens nur auf die Symme-
trie der Säule hindeuten, ob der Blätterbruch auf den stumpfen oder
scharfen Säulenwinkel aufgesetzt ist. Endlich hat Blacke (Silliman Amer.
Journ. 2 ser
12. 6) eine Vorrichtung gefunden, wodurch man erkennt, daß
die sogenannten optisch einaxigen in der That auch optisch zweiaxig sind,
nur ist der Winkel der Axen ein sehr kleiner. Dann könnte es keinen
rhomboedrischen Glimmer geben. Es kommen sogar Blätter vor, die an
einer Stelle 2axig, an der andern 1axig sich verhalten! Vergleiche auch
Dove Pogg. Ann. 89. 322. H. = 1 -- 3, Gew. 2,78--3. Starker Perl-
mutterglanz auf dem blättrigen Bruch, quer kann man ihn gar nicht brechen.
Trübe Farbe aber viel Durchscheinenheit bis zur Farblosigkeit. Durch-
sichtige Blättchen zwischen den Fingern gerieben werden leicht elektrisch,
und behalten die Elektricität lange.

Vor dem Löthrohr leicht und schwer schmelzbar bis fast zum un-
schmelzbaren. Von Säuren bald wenig, bald stark angegriffen. Si, Al,
Ka, Mg, Li, Fe, H. Ein Fluorgehalt nimmt mit dem Eisengehalt zu
und ab, und soll die Stelle des Sauerstoffs vertreten.

Der Glimmer spielt eine wichtige Rolle seit den ältesten Urgebirgs-

I. Cl. 3te Fam.: Glimmer.
wenn die vermeintliche Säule M nicht Oktaeder e' iſt, der Glimmer
2+1gliedrig ſein. Dieſe Winkel ſtimmen mit den alten Meſſungen von
Phillips ganz genau, der außerdem noch angibt: vorn zwei Augitpaare
m und f mit den Winkeln P/f = 135° 16′ und P/m = 121° 45′, hinten
ebenfalls zwei g und h mit P/g = 107° 5′ und P/h = 83° 2′. Ferner
zwiſchen P und der Abſtumpfung der ſcharfen Säulenkante r, alſo aus
der Diagonalzone von P, drei Paare e n o, P/e = 114° 30′, P/n =
94° 30′, P/o = 92° 55′. Endlich noch ein eigenthümliches Paar l,
ſcheinbar zwiſchen h und o gelegen, doch ſoll P/l 100° 20′ ſein. Die Kryſtalle
ſtammten wahrſcheinlich auch vom Veſuv. Kenngott (Pogg. Ann. 73.
602) beſchreibt eine große Glimmerplatte von Monroe in New-York mit
rhombiſcher Säule von 68°, und auf dieſe ſcharfe Kante ſetzt ſich der blätt-
rige Bruch als Schiefendfläche mit P/M = 109° auf. Kobell beſchreibt
ſogar ähnliche Tafeln mit doppeltſchiefer Endfläche, ſo daß das Syſtem
eingliedrig wäre. Dazu kommt der ausgezeichnete

rhomboedriſche Glimmer von Monte Roſa mit einem Rhom-
boeder von 63° 15′ in den Endkanten, ſiehe unten.

Optiſch unterſcheidet man einaxigen Glimmer, dieſer müßte nach
den gewöhnlichen Regeln rhomboedriſch oder ſechsgliedrig ſein. Legt man
ein Blättchen zwiſchen gekreuzte Turmalinplatten, ſo bleibt es bei jeder
beliebigen Drehung des Blättchens dunkel. Das ſchwarze Kreuz nimmt
das Centrum ein. Häufiger findet ſich der zweiaxige, welcher bei
einer Kreisdrehung vier Mal dunkel und vier Mal hell wird: dunkel ſo
oft eine Polariſationsebene des Glimmerblättchens mit einer des Apparats
zuſammenfällt. Aber der Winkel der optiſchen Axen weicht bei den ein-
zelnen Varietäten ſo ab, daß hier noch weniger Sicherheit als bei der
Kryſtallform ſtattfindet, beſonders ſeitdem Senarmont (Ann. Chim. et
Phys. 3 ser. 1852. tom.
34.) gezeigt hat, daß ſich gar kein conſtantes
Winkelverhältniß vorfinde, ja ſogar zwiſchen zwei- und einaxigen ein
Uebergang daſei: Selbſt die Ebene der Optiſchen Axen falle bald mit
b c bald mit a c zuſammen! Letzteres könnte übrigens nur auf die Symme-
trie der Säule hindeuten, ob der Blätterbruch auf den ſtumpfen oder
ſcharfen Säulenwinkel aufgeſetzt iſt. Endlich hat Blacke (Silliman Amer.
Journ. 2 ser
12. 6) eine Vorrichtung gefunden, wodurch man erkennt, daß
die ſogenannten optiſch einaxigen in der That auch optiſch zweiaxig ſind,
nur iſt der Winkel der Axen ein ſehr kleiner. Dann könnte es keinen
rhomboedriſchen Glimmer geben. Es kommen ſogar Blätter vor, die an
einer Stelle 2axig, an der andern 1axig ſich verhalten! Vergleiche auch
Dove Pogg. Ann. 89. 322. H. = 1 — 3, Gew. 2,78—3. Starker Perl-
mutterglanz auf dem blättrigen Bruch, quer kann man ihn gar nicht brechen.
Trübe Farbe aber viel Durchſcheinenheit bis zur Farbloſigkeit. Durch-
ſichtige Blättchen zwiſchen den Fingern gerieben werden leicht elektriſch,
und behalten die Elektricität lange.

Vor dem Löthrohr leicht und ſchwer ſchmelzbar bis faſt zum un-
ſchmelzbaren. Von Säuren bald wenig, bald ſtark angegriffen. S⃛i, A̶⃛l,
K̇a, Ṁg, L̇i, Ḟe, Ḣ̶. Ein Fluorgehalt nimmt mit dem Eiſengehalt zu
und ab, und ſoll die Stelle des Sauerſtoffs vertreten.

Der Glimmer ſpielt eine wichtige Rolle ſeit den älteſten Urgebirgs-

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[197/0209] I. Cl. 3te Fam.: Glimmer. wenn die vermeintliche Säule M nicht Oktaeder e' iſt, der Glimmer 2+1gliedrig ſein. Dieſe Winkel ſtimmen mit den alten Meſſungen von Phillips ganz genau, der außerdem noch angibt: vorn zwei Augitpaare m und f mit den Winkeln P/f = 135° 16′ und P/m = 121° 45′, hinten ebenfalls zwei g und h mit P/g = 107° 5′ und P/h = 83° 2′. Ferner zwiſchen P und der Abſtumpfung der ſcharfen Säulenkante r, alſo aus der Diagonalzone von P, drei Paare e n o, P/e = 114° 30′, P/n = 94° 30′, P/o = 92° 55′. Endlich noch ein eigenthümliches Paar l, ſcheinbar zwiſchen h und o gelegen, doch ſoll P/l 100° 20′ ſein. Die Kryſtalle ſtammten wahrſcheinlich auch vom Veſuv. Kenngott (Pogg. Ann. 73. 602) beſchreibt eine große Glimmerplatte von Monroe in New-York mit rhombiſcher Säule von 68°, und auf dieſe ſcharfe Kante ſetzt ſich der blätt- rige Bruch als Schiefendfläche mit P/M = 109° auf. Kobell beſchreibt ſogar ähnliche Tafeln mit doppeltſchiefer Endfläche, ſo daß das Syſtem eingliedrig wäre. Dazu kommt der ausgezeichnete rhomboedriſche Glimmer von Monte Roſa mit einem Rhom- boeder von 63° 15′ in den Endkanten, ſiehe unten. Optiſch unterſcheidet man einaxigen Glimmer, dieſer müßte nach den gewöhnlichen Regeln rhomboedriſch oder ſechsgliedrig ſein. Legt man ein Blättchen zwiſchen gekreuzte Turmalinplatten, ſo bleibt es bei jeder beliebigen Drehung des Blättchens dunkel. Das ſchwarze Kreuz nimmt das Centrum ein. Häufiger findet ſich der zweiaxige, welcher bei einer Kreisdrehung vier Mal dunkel und vier Mal hell wird: dunkel ſo oft eine Polariſationsebene des Glimmerblättchens mit einer des Apparats zuſammenfällt. Aber der Winkel der optiſchen Axen weicht bei den ein- zelnen Varietäten ſo ab, daß hier noch weniger Sicherheit als bei der Kryſtallform ſtattfindet, beſonders ſeitdem Senarmont (Ann. Chim. et Phys. 3 ser. 1852. tom. 34.) gezeigt hat, daß ſich gar kein conſtantes Winkelverhältniß vorfinde, ja ſogar zwiſchen zwei- und einaxigen ein Uebergang daſei: Selbſt die Ebene der Optiſchen Axen falle bald mit b c bald mit a c zuſammen! Letzteres könnte übrigens nur auf die Symme- trie der Säule hindeuten, ob der Blätterbruch auf den ſtumpfen oder ſcharfen Säulenwinkel aufgeſetzt iſt. Endlich hat Blacke (Silliman Amer. Journ. 2 ser 12. 6) eine Vorrichtung gefunden, wodurch man erkennt, daß die ſogenannten optiſch einaxigen in der That auch optiſch zweiaxig ſind, nur iſt der Winkel der Axen ein ſehr kleiner. Dann könnte es keinen rhomboedriſchen Glimmer geben. Es kommen ſogar Blätter vor, die an einer Stelle 2axig, an der andern 1axig ſich verhalten! Vergleiche auch Dove Pogg. Ann. 89. 322. H. = 1 — 3, Gew. 2,78—3. Starker Perl- mutterglanz auf dem blättrigen Bruch, quer kann man ihn gar nicht brechen. Trübe Farbe aber viel Durchſcheinenheit bis zur Farbloſigkeit. Durch- ſichtige Blättchen zwiſchen den Fingern gerieben werden leicht elektriſch, und behalten die Elektricität lange. Vor dem Löthrohr leicht und ſchwer ſchmelzbar bis faſt zum un- ſchmelzbaren. Von Säuren bald wenig, bald ſtark angegriffen. S⃛i, A̶⃛l, K̇a, Ṁg, L̇i, Ḟe, Ḣ̶. Ein Fluorgehalt nimmt mit dem Eiſengehalt zu und ab, und ſoll die Stelle des Sauerſtoffs vertreten. Der Glimmer ſpielt eine wichtige Rolle ſeit den älteſten Urgebirgs-

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/209>, abgerufen am 25.11.2024.