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Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855.

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I. Cl. 3te Fam.: Glimmer.

Spodumen Andrada (von spoduo?) Hauy's Triphan nach seinem
3fachen Blätterbruch, zwei undeutliche Blätterbrüche schneiden sich unter
87° und 93°, die scharfe Kante stumpft der erste blättrige Bruch gerade
ab, nach welchem das Mineral gern strahlig und schaalig wird. Diese
Winkel stimmen mit Augit, und neuerlich entdeckte Hartwall in den Quarz-
adern des Glimmerschiefers von Norwich in Massachusets fußlange Strahlen
und 1 Zoll dicke Krystalle, deren Bildung dem Augit vollkommen zu ent-
sprechen scheint (Silliman Amer. Journ. 2 ser 10. 119 und 265). Berg-
grüne Farbe. Härte 6--7, Gew. 3,2. Man kann die Strahlen nament-
lich auch wegen ihrer schaaligen Absonderung leicht mit gewissem Diopsid
und Epidot verwechseln, aber vor dem Löthrohr färbt er die Flamme
purpurroth, da kleine Splitter sehr leicht schmelzen.

(Li, Na)3 Si2 + 4 Al Si2, 65 Si, 29 Al, 5,5 Li, 0,46 Na.

Eine solche Zusammensetzung läßt sich mit Augit schwer vereinigen,
und doch bringt Rammelsberg (Pogg. Ann. 85. 552) das Atomvolumen
44 heraus, was genau das doppelte von Augit sei, wodurch man den
Isomorphismus erklären will. Auf Utö kommt er in einem granitischen
Gemenge mit rothem Feldspath vor, in Tyrol zu Valtigl bei Sterzing,
Lisens etc.

Hauptmineral für Gewinnung des Lithion ist der Lithionglimmer von
Rozena 3,6 Li. Es haben der seltene Amblygonit 6 Li, Triphylin 3,4 Li,
Lithionturmalin, Rhodizit.

III. Glimmer.

Glimmer, ist ohne Zweifel von den Alten gekannt, aber man findet
den Namen nicht, Agricola 696 begreift ihn unter mica et felium argen-
tum,
Katzensilber, weil seit alter Zeit in den glitzernden Blättchen
der gemeine Mann Silber vermuthete. Von diesem Glänzen (Glimmern)
stammt auch der alte Bergmännische Name (mica Krume, micare Glitzen).
Mineralogisch ist man selten im Zweifel, was man zur Glimmergruppe
stellen soll, denn alle haben einen so ausgezeichneten Blätter-
bruch
mit Perlmutterglanz, daß sie in dieser Beziehung von keinem an-
dern Minerale erreicht geschweige denn übertroffen werden. Ueber

das Krystallsystem herrschen noch Zweifel. Hauy beschreibt sie
als rhombische Tafeln M = a : b : infinity c von 120°, deren scharfe Kante
[Abbildung] durch r = b : infinitya : infinityc abgestumpft wird. Die Gradend-
fläche P = c : infinitya : infinityb bildet den Blätterbruch. Solche
ausgezeichneten rhombischen Tafeln finden sich im Granit
von Zwiesel und Lam in Bayern, man kann hier an
der Rechtwinklichkeit der Säule zum Blätterbruch gar nicht zweifeln.
Dufrenoy erwähnt vom Baikalsee Rhombenoktaeder b' = a : b : c, welche
mit P ungefähr 95° machen, dazu kommt eine Zuschärfung e' = 1/2b : c : infinitya,
die folglich auch gegen P 95° bilden muß, was zu einem dihexaedrischen
Aussehen verleitet. Dagegen hat G. Rose (Pogg. Ann. 61. 383) schwärz-
lich grüne Glimmer aus den Somma-Auswürflingen gemessen, deren
Säule M/M 120° 46' betrug, deren Blätterbruch P aber schief gegen die
Säulenflächen stand, und zwar P/M 98° 40' und P/r 90°. Darnach müßte,

I. Cl. 3te Fam.: Glimmer.

Spodumēn Andrada (von σποδύω?) Hauy’s Triphan nach ſeinem
3fachen Blätterbruch, zwei undeutliche Blätterbrüche ſchneiden ſich unter
87° und 93°, die ſcharfe Kante ſtumpft der erſte blättrige Bruch gerade
ab, nach welchem das Mineral gern ſtrahlig und ſchaalig wird. Dieſe
Winkel ſtimmen mit Augit, und neuerlich entdeckte Hartwall in den Quarz-
adern des Glimmerſchiefers von Norwich in Maſſachuſets fußlange Strahlen
und 1 Zoll dicke Kryſtalle, deren Bildung dem Augit vollkommen zu ent-
ſprechen ſcheint (Silliman Amer. Journ. 2 ser 10. 119 und 265). Berg-
grüne Farbe. Härte 6—7, Gew. 3,2. Man kann die Strahlen nament-
lich auch wegen ihrer ſchaaligen Abſonderung leicht mit gewiſſem Diopſid
und Epidot verwechſeln, aber vor dem Löthrohr färbt er die Flamme
purpurroth, da kleine Splitter ſehr leicht ſchmelzen.

(L̇i, Ṅa)3 S⃛i2 + 4 A̶⃛l S⃛i2, 65 S⃛i, 29 A̶⃛l, 5,5 L̇i, 0,46 Ṅa.

Eine ſolche Zuſammenſetzung läßt ſich mit Augit ſchwer vereinigen,
und doch bringt Rammelsberg (Pogg. Ann. 85. 552) das Atomvolumen
44 heraus, was genau das doppelte von Augit ſei, wodurch man den
Iſomorphismus erklären will. Auf Utö kommt er in einem granitiſchen
Gemenge mit rothem Feldſpath vor, in Tyrol zu Valtigl bei Sterzing,
Liſens ꝛc.

Hauptmineral für Gewinnung des Lithion iſt der Lithionglimmer von
Rozena 3,6 L̇i. Es haben der ſeltene Amblygonit 6 L̇i, Triphylin 3,4 L̇i,
Lithionturmalin, Rhodizit.

III. Glimmer.

Glimmer, iſt ohne Zweifel von den Alten gekannt, aber man findet
den Namen nicht, Agricola 696 begreift ihn unter mica et felium argen-
tum,
Katzenſilber, weil ſeit alter Zeit in den glitzernden Blättchen
der gemeine Mann Silber vermuthete. Von dieſem Glänzen (Glimmern)
ſtammt auch der alte Bergmänniſche Name (mica Krume, micare Glitzen).
Mineralogiſch iſt man ſelten im Zweifel, was man zur Glimmergruppe
ſtellen ſoll, denn alle haben einen ſo ausgezeichneten Blätter-
bruch
mit Perlmutterglanz, daß ſie in dieſer Beziehung von keinem an-
dern Minerale erreicht geſchweige denn übertroffen werden. Ueber

das Kryſtallſyſtem herrſchen noch Zweifel. Hauy beſchreibt ſie
als rhombiſche Tafeln M = a : b : ∞ c von 120°, deren ſcharfe Kante
[Abbildung] durch r = b : ∞a : ∞c abgeſtumpft wird. Die Gradend-
fläche P = c : ∞a : ∞b bildet den Blätterbruch. Solche
ausgezeichneten rhombiſchen Tafeln finden ſich im Granit
von Zwieſel und Lam in Bayern, man kann hier an
der Rechtwinklichkeit der Säule zum Blätterbruch gar nicht zweifeln.
Dufrénoy erwähnt vom Baikalſee Rhombenoktaeder b' = a : b : c, welche
mit P ungefähr 95° machen, dazu kommt eine Zuſchärfung e' = ½b : c : ∞a,
die folglich auch gegen P 95° bilden muß, was zu einem dihexaedriſchen
Ausſehen verleitet. Dagegen hat G. Roſe (Pogg. Ann. 61. 383) ſchwärz-
lich grüne Glimmer aus den Somma-Auswürflingen gemeſſen, deren
Säule M/M 120° 46′ betrug, deren Blätterbruch P aber ſchief gegen die
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[196/0208] I. Cl. 3te Fam.: Glimmer. Spodumēn Andrada (von σποδύω?) Hauy’s Triphan nach ſeinem 3fachen Blätterbruch, zwei undeutliche Blätterbrüche ſchneiden ſich unter 87° und 93°, die ſcharfe Kante ſtumpft der erſte blättrige Bruch gerade ab, nach welchem das Mineral gern ſtrahlig und ſchaalig wird. Dieſe Winkel ſtimmen mit Augit, und neuerlich entdeckte Hartwall in den Quarz- adern des Glimmerſchiefers von Norwich in Maſſachuſets fußlange Strahlen und 1[FORMEL] Zoll dicke Kryſtalle, deren Bildung dem Augit vollkommen zu ent- ſprechen ſcheint (Silliman Amer. Journ. 2 ser 10. 119 und 265). Berg- grüne Farbe. Härte 6—7, Gew. 3,2. Man kann die Strahlen nament- lich auch wegen ihrer ſchaaligen Abſonderung leicht mit gewiſſem Diopſid und Epidot verwechſeln, aber vor dem Löthrohr färbt er die Flamme purpurroth, da kleine Splitter ſehr leicht ſchmelzen. (L̇i, Ṅa)3 S⃛i2 + 4 A̶⃛l S⃛i2, 65 S⃛i, 29 A̶⃛l, 5,5 L̇i, 0,46 Ṅa. Eine ſolche Zuſammenſetzung läßt ſich mit Augit ſchwer vereinigen, und doch bringt Rammelsberg (Pogg. Ann. 85. 552) das Atomvolumen 44 heraus, was genau das doppelte von Augit ſei, wodurch man den Iſomorphismus erklären will. Auf Utö kommt er in einem granitiſchen Gemenge mit rothem Feldſpath vor, in Tyrol zu Valtigl bei Sterzing, Liſens ꝛc. Hauptmineral für Gewinnung des Lithion iſt der Lithionglimmer von Rozena 3,6 L̇i. Es haben der ſeltene Amblygonit 6 L̇i, Triphylin 3,4 L̇i, Lithionturmalin, Rhodizit. III. Glimmer. Glimmer, iſt ohne Zweifel von den Alten gekannt, aber man findet den Namen nicht, Agricola 696 begreift ihn unter mica et felium argen- tum, Katzenſilber, weil ſeit alter Zeit in den glitzernden Blättchen der gemeine Mann Silber vermuthete. Von dieſem Glänzen (Glimmern) ſtammt auch der alte Bergmänniſche Name (mica Krume, micare Glitzen). Mineralogiſch iſt man ſelten im Zweifel, was man zur Glimmergruppe ſtellen ſoll, denn alle haben einen ſo ausgezeichneten Blätter- bruch mit Perlmutterglanz, daß ſie in dieſer Beziehung von keinem an- dern Minerale erreicht geſchweige denn übertroffen werden. Ueber das Kryſtallſyſtem herrſchen noch Zweifel. Hauy beſchreibt ſie als rhombiſche Tafeln M = a : b : ∞ c von 120°, deren ſcharfe Kante [Abbildung] durch r = b : ∞a : ∞c abgeſtumpft wird. Die Gradend- fläche P = c : ∞a : ∞b bildet den Blätterbruch. Solche ausgezeichneten rhombiſchen Tafeln finden ſich im Granit von Zwieſel und Lam in Bayern, man kann hier an der Rechtwinklichkeit der Säule zum Blätterbruch gar nicht zweifeln. Dufrénoy erwähnt vom Baikalſee Rhombenoktaeder b' = a : b : c, welche mit P ungefähr 95° machen, dazu kommt eine Zuſchärfung e' = ½b : c : ∞a, die folglich auch gegen P 95° bilden muß, was zu einem dihexaedriſchen Ausſehen verleitet. Dagegen hat G. Roſe (Pogg. Ann. 61. 383) ſchwärz- lich grüne Glimmer aus den Somma-Auswürflingen gemeſſen, deren Säule M/M 120° 46′ betrug, deren Blätterbruch P aber ſchief gegen die Säulenflächen ſtand, und zwar P/M 98° 40′ und P/r 90°. Darnach müßte,

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Zitationshilfe: Quenstedt, Friedrich August: Handbuch der Mineralogie. Tübingen, 1855, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/quenstedt_mineralogie_1854/208>, abgerufen am 22.11.2024.