Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
men/ daß das Jus Naturae gar eine
andere Gestalt und Form würde
haben müssen/ wenn man sich sol-
ches nach dem Stande der Un-
schuld einbilden wolte.
Und/ nach-
dem also der Unterscheid zwischen dieser
Disciplin, und der morali Theologia ge-
nau angemercket worden/ so wird man ihr
verhoffendlich eben dasjenige Recht auch
gönnen/ welches sonst die bürgerliche
Jurisprudens, die Medicin, die Phy-
sic,
die Mathesis, und andere derglei-
chen Wissenschafften haben. Denn/
wenn irgend ein Pfuscher nach seinen eig-
nen Vorwitz und Gutdüncken darinnen
stöhren/ oder allzu-nasenweise davon ju-
dicir
en wil/ so wird er auf die Finger
geklopffet/ und mit derjenigen Antwort
abgefertiget/ die jener/ seines unzeitigen
Urtheils halben/ von den Apelle anhö-
ren muste/ nemlich/ er solte doch
stilleschweigen/ und von einem
Dinge nicht reden/ wenn er es
nicht verstünde/ damit ihn seine
Lehr-Jungen nicht auslachten.

Mit ehrlichen und verständigen Leuten

hoffe

Vorrede.
men/ daß das Jus Naturæ gar eine
andere Geſtalt und Form wuͤrde
haben muͤſſen/ wenn man ſich ſol-
ches nach dem Stande der Un-
ſchuld einbilden wolte.
Und/ nach-
dem alſo der Unterſcheid zwiſchen dieſer
Diſciplin, und der morali Theologiâ ge-
nau angemercket wordẽ/ ſo wird man ihr
verhoffendlich eben dasjenige Recht auch
goͤnnen/ welches ſonſt die buͤrgerliche
Jurisprudens, die Medicin, die Phy-
ſic,
die Matheſis, und andere derglei-
chen Wiſſenſchafften haben. Denn/
wenn irgend ein Pfuſcher nach ſeinen eig-
nen Vorwitz und Gutduͤncken darinnen
ſtoͤhren/ oder allzu-naſenweiſe davon ju-
dicir
en wil/ ſo wird er auf die Finger
geklopffet/ und mit derjenigen Antwort
abgefertiget/ die jener/ ſeines unzeitigen
Urtheils halben/ von den Apelle anhoͤ-
ren muſte/ nemlich/ er ſolte doch
ſtilleſchweigen/ und von einem
Dinge nicht reden/ wenn er es
nicht verſtuͤnde/ damit ihn ſeine
Lehr-Jungen nicht auslachten.

Mit ehrlichen und verſtaͤndigen Leuten

hoffe
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0054"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/>
men/ <hi rendition="#fr">daß das</hi> <hi rendition="#aq">Jus Naturæ</hi> <hi rendition="#fr">gar eine<lb/>
andere Ge&#x017F;talt und Form wu&#x0364;rde<lb/>
haben mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en/ wenn man &#x017F;ich &#x017F;ol-<lb/>
ches nach dem Stande der Un-<lb/>
&#x017F;chuld einbilden wolte.</hi> Und/ nach-<lb/>
dem al&#x017F;o der Unter&#x017F;cheid zwi&#x017F;chen die&#x017F;er<lb/><hi rendition="#aq">Di&#x017F;ciplin,</hi> und der <hi rendition="#aq">morali Theologiâ</hi> ge-<lb/>
nau angemercket word&#x1EBD;/ &#x017F;o wird man ihr<lb/>
verhoffendlich eben dasjenige Recht auch<lb/>
go&#x0364;nnen/ welches &#x017F;on&#x017F;t die bu&#x0364;rgerliche<lb/><hi rendition="#aq">Jurisprudens,</hi> die <hi rendition="#aq">Medicin,</hi> die <hi rendition="#aq">Phy-<lb/>
&#x017F;ic,</hi> die <hi rendition="#aq">Mathe&#x017F;is,</hi> und andere derglei-<lb/>
chen Wi&#x017F;&#x017F;en&#x017F;chafften haben. Denn/<lb/>
wenn irgend ein Pfu&#x017F;cher nach &#x017F;einen eig-<lb/>
nen Vorwitz und Gutdu&#x0364;ncken darinnen<lb/>
&#x017F;to&#x0364;hren/ oder allzu-na&#x017F;enwei&#x017F;e davon <hi rendition="#aq">ju-<lb/>
dicir</hi>en wil/ &#x017F;o wird er auf die Finger<lb/>
geklopffet/ und mit derjenigen Antwort<lb/>
abgefertiget/ die jener/ &#x017F;eines unzeitigen<lb/>
Urtheils halben/ von den <hi rendition="#aq">Apelle</hi> anho&#x0364;-<lb/>
ren mu&#x017F;te/ nemlich/ <hi rendition="#fr">er &#x017F;olte doch<lb/>
&#x017F;tille&#x017F;chweigen/ und von einem<lb/>
Dinge nicht reden/ wenn er es<lb/>
nicht ver&#x017F;tu&#x0364;nde/ damit ihn &#x017F;eine<lb/>
Lehr-Jungen nicht auslachten.</hi><lb/>
Mit ehrlichen und ver&#x017F;ta&#x0364;ndigen Leuten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">hoffe</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0054] Vorrede. men/ daß das Jus Naturæ gar eine andere Geſtalt und Form wuͤrde haben muͤſſen/ wenn man ſich ſol- ches nach dem Stande der Un- ſchuld einbilden wolte. Und/ nach- dem alſo der Unterſcheid zwiſchen dieſer Diſciplin, und der morali Theologiâ ge- nau angemercket wordẽ/ ſo wird man ihr verhoffendlich eben dasjenige Recht auch goͤnnen/ welches ſonſt die buͤrgerliche Jurisprudens, die Medicin, die Phy- ſic, die Matheſis, und andere derglei- chen Wiſſenſchafften haben. Denn/ wenn irgend ein Pfuſcher nach ſeinen eig- nen Vorwitz und Gutduͤncken darinnen ſtoͤhren/ oder allzu-naſenweiſe davon ju- diciren wil/ ſo wird er auf die Finger geklopffet/ und mit derjenigen Antwort abgefertiget/ die jener/ ſeines unzeitigen Urtheils halben/ von den Apelle anhoͤ- ren muſte/ nemlich/ er ſolte doch ſtilleſchweigen/ und von einem Dinge nicht reden/ wenn er es nicht verſtuͤnde/ damit ihn ſeine Lehr-Jungen nicht auslachten. Mit ehrlichen und verſtaͤndigen Leuten hoffe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/54
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/54>, abgerufen am 25.11.2024.