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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

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Vorrede.
wo gantz keine Lust und Begierde nach
solchen bösen und feindseligen Dingen zu
vermuthen war. Es kan auch zu dessen
Erläuterung dienen/ daß der weise Ge-
setz-Geber Solon in seinen Gesetzen
keine Straffe vor die Vater-Mörder
verordnen wollen/ weil er sich nicht
einbilden können/ daß ein Kind an sei-
nen Eltern eine solche abscheuliche That
verüben würde. Diesen ist nicht ungleich/
was Franc. Lopez. de Gomora, Hist.
Gent. Ind. Occident. cap.
207. von
gewissen Völckern in Nicaragua erzeh-
let/ daß bey ihnen keine Straffe darauf
gesetzet worden/ wenn einer ihren Caci-
qve,
oder König umbringen würde/ weil
sie davor gehalten/ es würde niemals
kein Unterthan an eine so grausame That
gedencken/ geschweige denn dieselbe voll-
bringen. Die Sache ist nunmehro ver-
hoffendlich so klar/ daß ich mich selbst
schäme/ sie weiter auszuführen. Doch
wil ich zum Uberfluß/ und junger Leute
wegen/ nur noch dieses hinzufügen. Jch
setze den Fall/ daß einen zwey Knaben
zur Information wären anvertrauet

wor-

Vorrede.
wo gantz keine Luſt und Begierde nach
ſolchen boͤſen und feindſeligen Dingen zu
vermuthen war. Es kan auch zu deſſen
Erlaͤuterung dienen/ daß der weiſe Ge-
ſetz-Geber Solon in ſeinen Geſetzen
keine Straffe vor die Vater-Moͤrder
verordnen wollen/ weil er ſich nicht
einbilden koͤnnen/ daß ein Kind an ſei-
nen Eltern eine ſolche abſcheuliche That
veruͤben würde. Dieſen iſt nicht ungleich/
was Franc. Lopez. de Gomora, Hiſt.
Gent. Ind. Occident. cap.
207. von
gewiſſen Voͤlckern in Nicaragua erzeh-
let/ daß bey ihnen keine Straffe darauf
geſetzet worden/ wenn einer ihren Caci-
qve,
oder Koͤnig umbringen wuͤrde/ weil
ſie davor gehalten/ es wuͤrde niemals
kein Unterthan an eine ſo grauſame That
gedencken/ geſchweige denn dieſelbe voll-
bringen. Die Sache iſt nunmehro ver-
hoffendlich ſo klar/ daß ich mich ſelbſt
ſchaͤme/ ſie weiter auszufuͤhren. Doch
wil ich zum Uberfluß/ und junger Leute
wegen/ nur noch dieſes hinzufuͤgen. Jch
ſetze den Fall/ daß einen zwey Knaben
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[0052] Vorrede. wo gantz keine Luſt und Begierde nach ſolchen boͤſen und feindſeligen Dingen zu vermuthen war. Es kan auch zu deſſen Erlaͤuterung dienen/ daß der weiſe Ge- ſetz-Geber Solon in ſeinen Geſetzen keine Straffe vor die Vater-Moͤrder verordnen wollen/ weil er ſich nicht einbilden koͤnnen/ daß ein Kind an ſei- nen Eltern eine ſolche abſcheuliche That veruͤben würde. Dieſen iſt nicht ungleich/ was Franc. Lopez. de Gomora, Hiſt. Gent. Ind. Occident. cap. 207. von gewiſſen Voͤlckern in Nicaragua erzeh- let/ daß bey ihnen keine Straffe darauf geſetzet worden/ wenn einer ihren Caci- qve, oder Koͤnig umbringen wuͤrde/ weil ſie davor gehalten/ es wuͤrde niemals kein Unterthan an eine ſo grauſame That gedencken/ geſchweige denn dieſelbe voll- bringen. Die Sache iſt nunmehro ver- hoffendlich ſo klar/ daß ich mich ſelbſt ſchaͤme/ ſie weiter auszufuͤhren. Doch wil ich zum Uberfluß/ und junger Leute wegen/ nur noch dieſes hinzufuͤgen. Jch ſetze den Fall/ daß einen zwey Knaben zur Information waͤren anvertrauet wor-

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/52>, abgerufen am 27.04.2024.