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Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.

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Des andern Buchs
lung; und die ihn zustehet/ als
einen Ober-Haupte seiner
Fami-
lie.
Einen Vater/ alsfern er
Vater ist/
hat die Natur auferle-
get/ daß er die Kinder wohl erziehen/
und der menschlichen Gesellschafft
zum Besten so lange versorgen solle/
bis sie sich selber helffen und ernehren
können. Dannenhero verstehet sichs/
daß ihm so viel Gewalt über die Kin-
der eingeräumet worden/ als zu die-
sen Zwecke vonnöthen und zuläng-
lich ist. Und erstrecket sich dieselbige
demnach nicht so weit/ daß die Eltern
ihre annoch im Mutter-Leibe liegen-
de Früchte zernichten/ oder nach der
Geburt wegsetzen/ vielweniger gar
tödten könten. Denn ob sie wohl aus
derer Eltern Substantz erzeuget
werden/ so seynd sie doch eben so wohl
Menschen/ und werden gleich an-
dern Menschen aller ungerechten
Beleidigung fähig/ auch dererjeni-

gen/

Des andern Buchs
lung; und die ihn zuſtehet/ als
einen Ober-Haupte ſeiner
Fami-
lie.
Einen Vater/ alsfern er
Vater iſt/
hat die Natur auferle-
get/ daß er die Kinder wohl erziehen/
und der menſchlichen Geſellſchafft
zum Beſten ſo lange verſorgen ſolle/
bis ſie ſich ſelber helffen und ernehren
koͤnnen. Dannenhero verſtehet ſichs/
daß ihm ſo viel Gewalt uͤber die Kin-
der eingeraͤumet worden/ als zu die-
ſen Zwecke vonnoͤthen und zulaͤng-
lich iſt. Und erſtrecket ſich dieſelbige
demnach nicht ſo weit/ daß die Eltern
ihre annoch im Mutter-Leibe liegen-
de Fruͤchte zernichten/ oder nach der
Geburt wegſetzen/ vielweniger gar
toͤdten koͤnten. Denn ob ſie wohl aus
derer Eltern Subſtantz erzeuget
werden/ ſo ſeynd ſie doch eben ſo wohl
Menſchen/ und werden gleich an-
dern Menſchen aller ungerechten
Beleidigung faͤhig/ auch dererjeni-

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[422/0486] Des andern Buchs lung; und die ihn zuſtehet/ als einen Ober-Haupte ſeiner Fami- lie. Einen Vater/ alsfern er Vater iſt/ hat die Natur auferle- get/ daß er die Kinder wohl erziehen/ und der menſchlichen Geſellſchafft zum Beſten ſo lange verſorgen ſolle/ bis ſie ſich ſelber helffen und ernehren koͤnnen. Dannenhero verſtehet ſichs/ daß ihm ſo viel Gewalt uͤber die Kin- der eingeraͤumet worden/ als zu die- ſen Zwecke vonnoͤthen und zulaͤng- lich iſt. Und erſtrecket ſich dieſelbige demnach nicht ſo weit/ daß die Eltern ihre annoch im Mutter-Leibe liegen- de Fruͤchte zernichten/ oder nach der Geburt wegſetzen/ vielweniger gar toͤdten koͤnten. Denn ob ſie wohl aus derer Eltern Subſtantz erzeuget werden/ ſo ſeynd ſie doch eben ſo wohl Menſchen/ und werden gleich an- dern Menſchen aller ungerechten Beleidigung faͤhig/ auch dererjeni- gen/

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Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1691/486>, abgerufen am 24.11.2024.