Pufendorf, Samuel von: Einleitung zur Sitten- und Staats-Lehre. Leipzig, 1691.Vorrede. niges Genügen zu leisten. Und wie ichnun rechtschaffener/ gelährter Leute Er- innerungen hierüber gern anzuhören/ auch meine Meinung/ dafern es iemand besser weiß/ sonder einigen Verdruß zu ändern gantz willig und bereit bin/ als werde ich hingegen derer jenigen neidische und vorwitzige Urtheile wenig achten/ die sich in Sachen/ so sie gantz nichts an- gehen/ und davon sie eben so wenig Ver- stand haben/ als der Blinde von der Farbe/ zu unerbetenen Richtern auf- werffen möchten. Es entstehet demnach der erste Unterscheid dieser beyden Disciplinen/ nemlich der Moral- Theologie, und der natürlichen Rechte daher/ daß sie ihre Lehr Sätze nicht von einerley Principio, sondern/ wie bereits erwehnet/ gleichsam aus un- terschiedenen Qvellen herleiten/ jene nemlich aus der Offenbarung/ diese aber aus der Vernunfft. Daraus denn noth- wendig folget/ daß/ wenn uns die heili- ge Schrifft etwas zu thun/ oder zu unter- lassen anbefiehlet/ darauf sich unsere Vernunfft von sich selbst nicht finden kan/ (5)
Vorrede. niges Genügen zu leiſten. Und wie ichnun rechtſchaffener/ gelaͤhrter Leute Er- innerungen hieruͤber gern anzuhoͤren/ auch meine Meinung/ dafern es iemand beſſer weiß/ ſonder einigen Verdruß zu aͤndern gantz willig und bereit bin/ als werde ich hingegen derer jenigen neidiſche und vorwitzige Urtheile wenig achten/ die ſich in Sachen/ ſo ſie gantz nichts an- gehen/ und davon ſie eben ſo wenig Ver- ſtand haben/ als der Blinde von der Farbe/ zu unerbetenen Richtern auf- werffen moͤchten. Es entſtehet demnach der erſte Unterſcheid dieſer beyden Diſciplinen/ nemlich der Moral- Theologie, und der natuͤrlichen Rechte daher/ daß ſie ihre Lehr Saͤtze nicht von einerley Principio, ſondern/ wie bereits erwehnet/ gleichſam aus un- terſchiedenen Qvellen herleiten/ jene nemlich aus der Offenbarung/ dieſe aber aus der Vernunfft. Daraus denn noth- wendig folget/ daß/ wenn uns die heili- ge Schrifft etwas zu thun/ oder zu unter- laſſen anbefiehlet/ darauf ſich unſere Vernunfft von ſich ſelbſt nicht finden kan/ (5)
<TEI> <text> <front> <div n="1"> <p><pb facs="#f0037"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vorrede.</hi></fw><lb/> niges Genügen zu leiſten. Und wie ich<lb/> nun rechtſchaffener/ gelaͤhrter Leute Er-<lb/> innerungen hieruͤber gern anzuhoͤren/<lb/> auch meine Meinung/ dafern es iemand<lb/> beſſer weiß/ ſonder einigen Verdruß<lb/> zu aͤndern gantz willig und bereit bin/ als<lb/> werde ich hingegen derer jenigen neidiſche<lb/> und vorwitzige Urtheile wenig achten/<lb/> die ſich in Sachen/ ſo ſie gantz nichts an-<lb/> gehen/ und davon ſie eben ſo wenig Ver-<lb/> ſtand haben/ als der Blinde von der<lb/> Farbe/ zu unerbetenen Richtern auf-<lb/> werffen moͤchten. Es entſtehet demnach<lb/><hi rendition="#fr">der erſte Unterſcheid dieſer beyden</hi><lb/><hi rendition="#aq">Diſciplin</hi><hi rendition="#fr">en/ nemlich der</hi> <hi rendition="#aq">Moral-<lb/> Theologie,</hi> <hi rendition="#fr">und der natuͤrlichen<lb/> Rechte</hi> daher/ daß ſie ihre Lehr Saͤtze<lb/> nicht von einerley <hi rendition="#aq">Principio,</hi> ſondern/<lb/> wie bereits erwehnet/ gleichſam aus un-<lb/> terſchiedenen Qvellen herleiten/ jene<lb/> nemlich aus der Offenbarung/ dieſe aber<lb/> aus der Vernunfft. Daraus denn noth-<lb/> wendig folget/ daß/ wenn uns die heili-<lb/> ge Schrifft etwas zu thun/ oder zu unter-<lb/> laſſen anbefiehlet/ darauf ſich unſere<lb/> Vernunfft von ſich ſelbſt nicht finden<lb/> <fw place="bottom" type="sig">(5)</fw><fw place="bottom" type="catch">kan/</fw><lb/></p> </div> </front> </text> </TEI> [0037]
Vorrede.
niges Genügen zu leiſten. Und wie ich
nun rechtſchaffener/ gelaͤhrter Leute Er-
innerungen hieruͤber gern anzuhoͤren/
auch meine Meinung/ dafern es iemand
beſſer weiß/ ſonder einigen Verdruß
zu aͤndern gantz willig und bereit bin/ als
werde ich hingegen derer jenigen neidiſche
und vorwitzige Urtheile wenig achten/
die ſich in Sachen/ ſo ſie gantz nichts an-
gehen/ und davon ſie eben ſo wenig Ver-
ſtand haben/ als der Blinde von der
Farbe/ zu unerbetenen Richtern auf-
werffen moͤchten. Es entſtehet demnach
der erſte Unterſcheid dieſer beyden
Diſciplinen/ nemlich der Moral-
Theologie, und der natuͤrlichen
Rechte daher/ daß ſie ihre Lehr Saͤtze
nicht von einerley Principio, ſondern/
wie bereits erwehnet/ gleichſam aus un-
terſchiedenen Qvellen herleiten/ jene
nemlich aus der Offenbarung/ dieſe aber
aus der Vernunfft. Daraus denn noth-
wendig folget/ daß/ wenn uns die heili-
ge Schrifft etwas zu thun/ oder zu unter-
laſſen anbefiehlet/ darauf ſich unſere
Vernunfft von ſich ſelbſt nicht finden
kan/
(5)
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |