Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.Das I. Capitel gewisse Glaubens-Puncten abgefassetwar/ dardurch die Leute von Gottes We- sen und Willen unterrichtet wurden/ und wie sie ihre Gemüthsbewegungen und Thun müsten anschicken/ daß sie Gott ge- fällig wären: sondern es lieffe meistens nur auf äusserliche Ceremonien aus/ was für Opfer man schlachten/ welche Feyer- täge u. Spiele man den Göttern halten müste. Jm übrigen bekümmerten sich die Priester nicht/ was das Volck von Gött- lichen Dingen glaubete oder nicht glau- bete; Item ob nach diesem Leben die From- men Gutes/ und die Bösen Ubels zuer- warten hätten/ oder ob die Seelen zugleich mit den Leibern ausgelöschet würden. Jn- massen wir denn sehen/ daß die Heyden von diesen Dingen gar zweifelhaftig ge- redet/ und die am klügsten seyn wolten/ solches alles nur für Fabeln den Pöbel etwas weise zumachen gehalten haben. Sonsten aber waren sie in ihren Ceremo- nien sehr accurat, änderten nicht leichtlich etwas darinn/ und verübten sie mit gros- sem Pracht und Ansehen. Welches alles nach des gemeinen Mannes Phantasey gerichtet war/ denn dasjenige am meisten beweget/ was mit grossem Schein in die Augen fällt. Dannenhero auch nicht allein ihre Tempel prächtig/ die Opfer u. übrige An-
Das I. Capitel gewiſſe Glaubens-Puncten abgefaſſetwar/ dardurch die Leute von Gottes We- ſen und Willen unterrichtet wurden/ und wie ſie ihre Gemuͤthsbewegungen und Thun muͤſten anſchicken/ daß ſie Gott ge- faͤllig waͤren: ſondern es lieffe meiſtens nur auf aͤuſſerliche Ceꝛemonien aus/ was fuͤr Opfer man ſchlachten/ welche Feyer- taͤge u. Spiele man den Goͤttern halten muͤſte. Jm uͤbrigen bekuͤmmerten ſich die Prieſter nicht/ was das Volck von Goͤtt- lichen Dingen glaubete oder nicht glau- bete; Item ob nach dieſem Leben die From- men Gutes/ und die Boͤſen Ubels zuer- warten haͤtten/ oder ob die Seelẽ zugleich mit den Leibern ausgeloͤſchet wuͤrdẽ. Jn- maſſen wir denn ſehen/ daß die Heyden von dieſen Dingen gar zweifelhaftig ge- redet/ und die am kluͤgſten ſeyn wolten/ ſolches alles nur fuͤr Fabeln den Poͤbel etwas weiſe zumachen gehalten haben. Sonſten aber waren ſie in ihren Ceremo- nien ſehr accurat, aͤnderten nicht leichtlich etwas darinn/ und veruͤbten ſie mit groſ- ſem Pracht und Anſehen. Welches alles nach des gemeinen Mannes Phantaſey gerichtet war/ denn dasjenige am meiſten beweget/ was mit groſſem Schein in die Augen faͤllt. Dañenheꝛo auch nicht allein ihre Tempel praͤchtig/ die Opfer u. uͤbrige An-
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Das I. Capitel
gewiſſe Glaubens-Puncten abgefaſſet
war/ dardurch die Leute von Gottes We-
ſen und Willen unterrichtet wurden/ und
wie ſie ihre Gemuͤthsbewegungen und
Thun muͤſten anſchicken/ daß ſie Gott ge-
faͤllig waͤren: ſondern es lieffe meiſtens
nur auf aͤuſſerliche Ceꝛemonien aus/ was
fuͤr Opfer man ſchlachten/ welche Feyer-
taͤge u. Spiele man den Goͤttern halten
muͤſte. Jm uͤbrigen bekuͤmmerten ſich die
Prieſter nicht/ was das Volck von Goͤtt-
lichen Dingen glaubete oder nicht glau-
bete; Item ob nach dieſem Leben die From-
men Gutes/ und die Boͤſen Ubels zuer-
warten haͤtten/ oder ob die Seelẽ zugleich
mit den Leibern ausgeloͤſchet wuͤrdẽ. Jn-
maſſen wir denn ſehen/ daß die Heyden
von dieſen Dingen gar zweifelhaftig ge-
redet/ und die am kluͤgſten ſeyn wolten/
ſolches alles nur fuͤr Fabeln den Poͤbel
etwas weiſe zumachen gehalten haben.
Sonſten aber waren ſie in ihren Ceremo-
nien ſehr accurat, aͤnderten nicht leichtlich
etwas darinn/ und veruͤbten ſie mit groſ-
ſem Pracht und Anſehen. Welches alles
nach des gemeinen Mannes Phantaſey
gerichtet war/ denn dasjenige am meiſten
beweget/ was mit groſſem Schein in die
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