Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682.

Bild:
<< vorherige Seite

von Rom.
umbzubringen/ so nicht gar gebrechlich
u. ungestalt gewesen/ welcher unmensch-
liche Gebrauch die Kinder weg zuwerffen
sonsten bey den Griechen sehr gemein war.
Jtem/ daß man zu Rom den Knechten
mit der Freyheit auch das Bürgerrecht
gab/ aus welchen mit der Zeit viel vorneh-
me Familien entstanden/ nach dem die
Nachkommenden durch Wohlverhalten
den Unflath ihres Herkommens abge-
wischet. Absonderlich aber hat dieses die
Anzahl des Volcks sehr gemehret/ daß
Romulus in den eröberten Plätzen die
Männer nicht ließ nieder hauen/ oder zu
Knechten verkauffen/ sondern sie in Rom
nahm/ und denen alten Bürgern an Recht
u. Freyheit gleich machte. Und diese Ur-
sach führen sonderlich die Römische Scri-
benten an/ warumb Athen u. Sparta ih-
re conquesten nicht so lange/ als Rom be-
haupten können. Weil jene das Bürger-
recht nicht leicht einen Frembden gönneten;
Romulus aber oft die jenigen/ mit denen er
des Morgens in der Schlacht gefochten/
aufm Abend zu Bürgern hatte. Denn der
Krieg erfordert viel Leute/ und kan man
neu gewonnene Oerter nicht erhalten/
ohne einer Menge tapfferer Leute/ de-
rer Treue man versichert ist. Da-
mit aber die eingenommene Oerter
nicht von Einwohnern entblösset ver-

wil-

von Rom.
umbzubringen/ ſo nicht gar gebrechlich
u. ungeſtalt geweſen/ welcher unmenſch-
liche Gebrauch die Kinder weg zuwerffen
ſonſten bey den Griechẽ ſehr gemein war.
Jtem/ daß man zu Rom den Knechten
mit der Freyheit auch das Buͤrgerrecht
gab/ aus welchen mit der Zeit viel vorneh-
me Familien entſtanden/ nach dem die
Nachkommenden durch Wohlverhalten
den Unflath ihres Herkommens abge-
wiſchet. Abſonderlich aber hat dieſes die
Anzahl des Volcks ſehr gemehret/ daß
Romulus in den eroͤberten Plaͤtzen die
Maͤnner nicht ließ nieder hauen/ oder zu
Knechten verkauffen/ ſondern ſie in Rom
nahm/ und denẽ alten Buͤrgern an Recht
u. Freyheit gleich machte. Und dieſe Ur-
ſach fuͤhren ſonderlich die Roͤmiſche Scꝛi-
benten an/ warumb Athen u. Sparta ih-
re conqueſten nicht ſo lange/ als Rom be-
haupten koͤñen. Weil jene das Buͤrger-
recht nicht leicht einẽ Fꝛembden goͤñeten;
Romulus aber oft die jenigen/ mit denen eꝛ
des Morgens in der Schlacht gefochten/
aufm Abend zu Buͤrgern hatte. Deñ der
Krieg erfordert viel Leute/ und kan man
neu gewonnene Oerter nicht erhalten/
ohne einer Menge tapfferer Leute/ de-
rer Treue man verſichert iſt. Da-
mit aber die eingenommene Oerter
nicht von Einwohnern entbloͤſſet ver-

wil-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0057" n="27"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Rom.</hi></fw><lb/>
umbzubringen/ &#x017F;o nicht gar gebrechlich<lb/>
u. unge&#x017F;talt gewe&#x017F;en/ welcher unmen&#x017F;ch-<lb/>
liche Gebrauch die Kinder weg zuwerffen<lb/>
&#x017F;on&#x017F;ten bey den Grieche&#x0303; &#x017F;ehr gemein war.<lb/>
Jtem/ daß man zu Rom den Knechten<lb/>
mit der Freyheit auch das Bu&#x0364;rgerrecht<lb/>
gab/ aus welchen mit der Zeit viel vorneh-<lb/>
me Familien ent&#x017F;tanden/ nach dem die<lb/>
Nachkommenden durch Wohlverhalten<lb/>
den Unflath ihres Herkommens abge-<lb/>
wi&#x017F;chet. Ab&#x017F;onderlich aber hat die&#x017F;es die<lb/>
Anzahl des Volcks &#x017F;ehr gemehret/ daß<lb/><hi rendition="#aq">Romulus</hi> in den ero&#x0364;berten Pla&#x0364;tzen die<lb/>
Ma&#x0364;nner nicht ließ nieder hauen/ oder zu<lb/>
Knechten verkauffen/ &#x017F;ondern &#x017F;ie in Rom<lb/>
nahm/ und dene&#x0303; alten Bu&#x0364;rgern an Recht<lb/>
u. Freyheit gleich machte. Und die&#x017F;e Ur-<lb/>
&#x017F;ach fu&#x0364;hren &#x017F;onderlich die Ro&#x0364;mi&#x017F;che Sc&#xA75B;i-<lb/>
benten an/ warumb Athen u. Sparta ih-<lb/>
re <hi rendition="#aq">conque&#x017F;ten</hi> nicht &#x017F;o lange/ als Rom be-<lb/>
haupten ko&#x0364;n&#x0303;en. Weil jene das Bu&#x0364;rger-<lb/>
recht nicht leicht eine&#x0303; F&#xA75B;embden go&#x0364;n&#x0303;eten;<lb/><hi rendition="#aq">Romulus</hi> aber oft die jenigen/ mit denen e&#xA75B;<lb/>
des Morgens in der Schlacht gefochten/<lb/>
aufm Abend zu Bu&#x0364;rgern hatte. Den&#x0303; der<lb/>
Krieg erfordert viel Leute/ und kan man<lb/>
neu gewonnene Oerter nicht erhalten/<lb/>
ohne einer Menge tapfferer Leute/ de-<lb/>
rer Treue man ver&#x017F;ichert i&#x017F;t. Da-<lb/>
mit aber die eingenommene Oerter<lb/>
nicht von Einwohnern entblo&#x0364;&#x017F;&#x017F;et ver-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wil-</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[27/0057] von Rom. umbzubringen/ ſo nicht gar gebrechlich u. ungeſtalt geweſen/ welcher unmenſch- liche Gebrauch die Kinder weg zuwerffen ſonſten bey den Griechẽ ſehr gemein war. Jtem/ daß man zu Rom den Knechten mit der Freyheit auch das Buͤrgerrecht gab/ aus welchen mit der Zeit viel vorneh- me Familien entſtanden/ nach dem die Nachkommenden durch Wohlverhalten den Unflath ihres Herkommens abge- wiſchet. Abſonderlich aber hat dieſes die Anzahl des Volcks ſehr gemehret/ daß Romulus in den eroͤberten Plaͤtzen die Maͤnner nicht ließ nieder hauen/ oder zu Knechten verkauffen/ ſondern ſie in Rom nahm/ und denẽ alten Buͤrgern an Recht u. Freyheit gleich machte. Und dieſe Ur- ſach fuͤhren ſonderlich die Roͤmiſche Scꝛi- benten an/ warumb Athen u. Sparta ih- re conqueſten nicht ſo lange/ als Rom be- haupten koͤñen. Weil jene das Buͤrger- recht nicht leicht einẽ Fꝛembden goͤñeten; Romulus aber oft die jenigen/ mit denen eꝛ des Morgens in der Schlacht gefochten/ aufm Abend zu Buͤrgern hatte. Deñ der Krieg erfordert viel Leute/ und kan man neu gewonnene Oerter nicht erhalten/ ohne einer Menge tapfferer Leute/ de- rer Treue man verſichert iſt. Da- mit aber die eingenommene Oerter nicht von Einwohnern entbloͤſſet ver- wil-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/57
Zitationshilfe: Pufendorf, Samuel von: Einleitung zu der Historie der Vornehmsten Reiche und Staaten. Frankfurt (Main), 1682, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/pufendorf_einleitung_1682/57>, abgerufen am 18.12.2024.